Julia Saison Band 11
Familie anzurufen und die große Neuigkeit zu verbreiten: Die Familie Fortune aus Atlanta hatte eine Enkelin.
Blake klappte sein Handy zu und steckte es ein. Er spürte, dass seine Energie plötzlich wie weggeblasen war und er einen Koffeinschub brauchte – möglichst in Form von starkem, schwarzem Kaffee.
Wie sich herausstellte, musste er mit einem ziemlich mittelmäßigen Kaffee aus dem Automaten vorliebnehmen. Er holte zwei Becher – einen schwarz und einen mit Milch.
Katie stand genau dort, wo er sie verlassen hatte, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Sie wirkte, als würde sie jeden Moment einschlafen.
„Mit Zucker und etwas Milch, richtig?“, fragte er, als er ihr den Pappbecher reichte.
„Dass du das weißt“, sagte sie überrascht und mit einem Mal wieder hellwach.
Wenn sie sich recht erinnerte, hatte Blake ihr noch nie einen Kaffee gebracht, sondern wenn, dann immer sie ihm. Es hatte ihr nichts ausgemacht, denn sie hatte sich nie über das definiert, was sie tat oder nicht tat.
„Ich bin eben aufmerksam“, erwiderte Blake, und als Katie ihm einen wissenden, durchdringenden Blick zuwarf, fügte er hinzu: „Manchmal wenigstens.“
„Danke.“ Sie entfernte den Plastikdeckel und nahm dankbar einen langen Schluck. „Das tut gut“, bemerkte sie, als die warme Flüssigkeit ihre Schläfrigkeit vertrieb. „Ich bin total erschöpft.“
Er musterte sie flüchtig. Dafür, dass sie todmüde war, sah sie verdammt gut aus. Vielleicht zu gut, befand er im Bruchteil einer Sekunde, ehe er den Gedanken rasch verbannte. Es ist nur die Erschöpfung, die mir zusetzt, sagte er sich.
Um auf andere Gedanken zu kommen, blickte er dann den Flur hinauf und hinunter, aber dort tauchte niemand auf. „Hast du etwas von Marcos gehört?“
Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, kam Marcos um die Ecke und lief auf sie zu. Er sah aus, als wäre er die ganze Strecke aus Red Rock in die Klinik zu Fuß gelaufen.
„Wo ist sie?“, rief er und hängte sich an den Arm seines Schwagers. „Wo ist Wendy?“
„Jetzt verschnauf erst mal, Marcos“, riet Katie ihm. „Wendy ist noch in der Notaufnahme.“
„Warum? Was macht sie da?“, rief er außer sich vor Sorge.
„Sie erholt sich“, erwiderte Katie schlicht. „Die Geburt war eine ziemliche Tortur, Marcos“, erklärte sie ihm und fügte hinzu: „Für alle Beteiligten. Der Arzt will absolut sichergehen, dass alles in Ordnung ist, ehe sie auf ihr Zimmer kommt.“
Marcos fiel plötzlich auf, dass Katie nur seine Frau erwähnte. „Und das Baby?“, wollte er sofort wissen. „Wo ist MaryAnne?“
„Sie liegt in einem Brutkasten. Es geht ihr gut“, antwortete Katie rasch, als sich seine Miene verfinsterte. „Sie ist noch ziemlich klein, aber das war ja zu erwarten.“ Sie legte eine Hand auf Marcos Arm. „Sie ist wunderschön“, versicherte sie ihm. „Glaub mir.“
Was dann geschah, hätte sie nie erwartet – Marcos nahm sie plötzlich ungestüm in die Arme und drückte sie fest an sich.
Überrumpelt stand Katie da und ließ es einfach geschehen.
„Marcos?“, fragte sie zaghaft, „geht es dir gut?“
„Blake hat mir alles erzählt, was du getan hast, dass du Wendy beruhigt und dem Baby auf die Welt geholfen hast. Ich weiß nicht, ob sie es ohne dich geschafft hätte. Danke“, rief er und umarmte sie fest. „Danke!“
Je mehr er ihr dankte, desto fester drückte er sie, bis sie schließlich kaum noch Luft bekam. „Nichts zu danken“, quiekte sie atemlos. Im nächsten Augenblick ließ er sie so unvermittelt los, dass sie fast das Gleichgewicht verloren hätte. Sie holte tief Luft. „Ich bin froh, dass ich da war und helfen konnte. Es war eine ziemlich bewegende Erfahrung“, gestand sie.
In diesem Moment schwangen die breiten Doppeltüren zur Notaufnahme auf, und eine Trage wurde von einer Krankenschwester und einem Pfleger herausgeschoben.
Marcos wich ihnen instinktiv aus, bis er realisierte, dass die Patientin auf der Trage seine Frau war. Augenblicklich wurde sein Gesicht von einem Strahlen erhellt.
„Wendy“, rief er überglücklich, nahm ihre Hand in seine und lief neben der Trage her. „Es tut mir so leid, dass ich nicht da war. Wenn ich auch nur geahnt hätte, dass du …“
„Mir tut es nicht leid“, unterbrach Wendy ihn wahrheitsgemäß. „Ich habe mich wohl nicht von meiner besten Seite gezeigt.“
„Du hast unser Baby geboren.“ Marcos’ Augen leuchteten vor Liebe, als er seine Frau anblickte. „Für mich warst du
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