Julia Saison Band 11
schon völlig erschöpft war, hatte sie ihn noch daran erinnert, die Familie zu informieren. Daran hätte er doch eigentlich selbst denken müssen.
Das zeigte ihm wieder einmal, dass man auch noch von Menschen überrascht werden konnte, die man richtig gut zu kennen glaubte.
Er deckte Katie vorsichtig mit ihrer Decke zu und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Wie friedlich sie aussah!
Ich werde sie ausschlafen lassen, nahm er sich vor. Es gab keinen Grund, morgen in aller Herrgottsfrühe mit der Arbeit zu beginnen. Neun Uhr reichte. Wahrscheinlich wäre der morgige Tag sowieso mit Besuchen bei Wendy und MaryAnne ausgefüllt.
Das Projekt Brittany hatte keine Eile. Soweit es ihn betraf, waren sie ohnehin dem Plan voraus. Und selbst wenn nicht, Brittany lief ihm nicht davon. Bis zur Spendengala am Valentinstag, bei der er sich Brittany nähern wollte, war es noch über eine Woche. Brittany hatte seine Einladung bereits angenommen. Nicht etwa aufgrund einer neu aufgeflammten Zuneigung zu ihm – sie hatte einen sehr praktischen Grund, ihn zu begleiten.
Blake gab sich da keinen Illusionen hin. Sie brauchte einen Begleiter, und er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Um nichts in der Welt hätte sie dieses jährlich stattfindende Event versäumen mögen.
Sie verpasste nie eine Gelegenheit, gesehen und hofiert zu werden. Brittany ist wie ein exquisites Kunstwerk, und exquisite Kunstwerke brauchen ein bewunderndes Publikum, dachte er. Dies war wohl eine der ersten Lektionen, die sie ihn gelehrt hatte. Dies und die Tatsache, dass es ihrem Ego außerordentlich guttat, wenn sich alle Köpfe nach ihr umdrehten.
Ganz im Gegensatz zu Katie, fuhr ihm plötzlich durch den Kopf.
Er warf einen letzten Blick auf sie, ehe er das Licht löschte und die Tür schloss. Dabei ignorierte er bewusst das seltsame Gefühl in seiner Magengegend. Ein Gefühl, das ihm wohl suggerieren wollte, dass aus dem Mädchen von nebenan, mit dem er aufgewachsen war, eine Frau geworden war, mit der er vielleicht alt werden könnte.
Der Traum war so lebendig, dass Katie ihn mit jeder Faser ihres Körpers fühlte. Ihr wurde heiß, während die Sekunden vergingen und sich in ihren Gedanken ein Teil zum anderen fügte.
Doch auch während des Traums war ihr klar, dass es ein Traum sein musste . Denn Blake schenkte ihr Aufmerksamkeit. Während er im Begriff war, einen Liebesbrief an Brittany zu schreiben – einen sinnlichen, heißen Liebesbrief –, hatte er anstelle von Brittanys Namen ihren Namen geschrieben. Als sie ihn auf seinen Fehler aufmerksam machte, hatte er ihr in die Augen geblickt und gesagt, dass er zum ersten Mal in seinem Leben alles richtig mache. Sein wahrer Fehler sei gewesen zu glauben, dass er in Brittany verliebt sei.
Dann nahm er sie in die Arme, und plötzlich tanzten sie. Der Tanz wurde jedoch abrupt unterbrochen, weil er sie küsste. Sie streichelte und liebkoste. Sie mit jeder Faser seines Körpers liebte.
Noch nie war Katie glücklicher gewesen.
Und dann kroch das Tageslicht unter ihre Lider und in ihr Bewusstsein und weckte sie. Sie kniff die Augen fest zusammen, um die wunderbare Illusion zu bewahren.
Doch es hatte keinen Sinn.
Der Traum zerstob zu Staub und war vorbei.
Mit einem Seufzer gab sie auf und erhob sich. Nach einer heißen Dusche fühlte sie sich schon fast wieder wie ein Mensch. Sie ging runter in die Küche, und erst jetzt spürte sie die Stille im Haus. Sie war allein. Marcos war anscheinend bei Wendy in der Klinik geblieben. Wo Katie jetzt auch am liebsten gewesen wäre.
Doch wie sollte sie dorthin kommen?
In einem ersten Impuls rief sie den Mann an, der sie bisher überall hinkutschiert hatte, seit sie in Red Rock angekommen war. Doch sie erreichte nur die Mailbox seines Handys und hatte keine Lust, eine Nachricht zu hinterlassen, die er wer weiß wann lesen würde.
Frustriert und nervös lief sie in die Garage, um zu sehen, welche Autos dort standen. Marcos’ Limousine war weg, wie sie schon vermutet hatte, doch Wendys Auto – das Wendy ihr schon mehrmals angeboten hatte – stand da.
Sie hatte Wendys Vorschlag ursprünglich abgelehnt, weil sie nicht gern mit fremden Autos fuhr und Angst hatte, in einen Unfall zu geraten. Doch die momentane Situation stellte in ihren Augen eine Art Notfall dar.
Volle zwei Minuten lang überlegte sie das Für und Wider, bis sie sich durchrang, den Wagen zu nehmen. Sie ging zurück in die Küche, wo die Autoschlüssel an einem Haken
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