Julia Saison Band 11
neben der Spüle hingen, wie sie von Wendy wusste.
Zum Glück verfügte das Auto über ein GPS-Navigationssystem, und so befand sie sich zehn Minuten später auf dem Weg zum San Antonio Hospital.
Dort stellte sie Wendys Auto auf dem Besucherparkplatz ab und eilte in die Klinik.
Als Erstes wollte sie sich das winzige Wesen ansehen, bei dessen Geburt sie letzte Nacht assistiert hatte. Das Baby ist noch nicht einmal einen Tag alt, dachte sie lächelnd, als sie auf der Entbindungsstation aus dem Lift stieg.
Sie bog um eine Ecke und blieb abrupt stehen. Angesichts dessen, was sich ihren Blicken darbot, überlegte sie, sich still und leise wieder zurückzuziehen. Marcos stand da und betrachtete seine Tochter durch eine Glasscheibe.
Das kleine Mädchen wirkte in dem Inkubator noch winziger.
Marcos’ besorgter Blick gab schließlich den Ausschlag. Sie trat näher und machte sich bemerkbar.
„Es geht ihr gut, Marcos“, versicherte sie ihm und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter.
Er hatte so gedankenverloren auf sein Kind gestarrt, dass er erschreckt zusammenzuckte und sich umblickte. Als er Katie erkannte, entspannte er sich augenblicklich wieder. „Ach, du bist es.“
Katie trat einen Schritt zurück. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Schon gut. Eigentlich müsste ich mich bei dir entschuldigen, ich war so in Gedanken versunken, dass ich dich gar nicht habe kommen hören“, erklärte er.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Der Arzt meint, sie ist vollkommen gesund“, sagte Katie für den Fall, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, was sie vergangene Nacht gesagt hatte.
Marcos nickte. Ein müdes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. „Ich weiß. Es ist auch nicht die Kleine, um die ich mich sorge.“
Wenn er sich nicht um das Baby sorgte, dann konnte das nur eines bedeuten, schlussfolgerte Katie. „Ist etwas mit Wendy …?“ Noch während sie die Frage stellte, wandte sie sich schon halb um, um sofort in Wendys Zimmer zu laufen.
„Nein, zum Glück geht es Wendy sehr gut – deiner Hilfe sei Dank. Ich bin wegen Javier beunruhigt“, gestand er und erklärte ihr dann, dass er die letzte Nacht auf einer Liege in Wendys Zimmer verbracht hatte. „Heute Morgen war ich bei ihm und habe ihm die gute Nachricht von der Geburt unseres Babys überbracht. Er gratulierte mir zwar und sagte, ich solle Wendy von ihm grüßen, aber ich sah ihm an, dass er immer noch sehr mit seiner Situation hadert. Er war sein ganzes Leben lang so verdammt gesund, er kann einfach nicht damit umgehen.“
Gefangen in seinem Frust widerstand Marcos dem Bedürfnis, aufzustehen und sich abzureagieren, indem er auf und ab ging.
„Er glaubt, dass er nie mehr wird laufen können, und das ist für ihn, als wäre er nur noch ein halber Mann. So zu denken ist verrückt, aber ehrlich gesagt“, er senkte vertraulich die Stimme, „ich an Javiers Stelle würde wahrscheinlich genauso empfinden.“
Katie nahm Marcos’ Hand, als könne sie ihm dadurch ihre Anteilnahme besser übermitteln. „Er wird wieder gehen können, Marcos. Daran muss auch er glauben.“ Sie sah ihn eindringlich an. „Du musst ihn dazu bringen, dass er daran glaubt. In solchen Fällen ist positives Denken unglaublich wichtig. Außerdem geschehen täglich Wunder, warum also nicht auch für Javier?“
Marcos suchte ihren Blick und stellte fest, dass die Freundin seiner Frau nicht nur irgendetwas dahinsagte, damit er sich besser fühlte. „Das glaubst du wirklich, nicht wahr?“
„Aus tiefstem Herzen“, erwiderte sie im Brustton der Überzeugung.
Marcos war im Augenblick dankbar für alles, wenn es nur Javier wieder auf die Füße brachte. „Vielleicht geschehen Wunder ja tatsächlich“, antwortete er vorsichtig. „Wenn du gestern nicht für Wendy und das Baby da gewesen wärst, hätte ich womöglich beide verloren.“
Darüber wollte sie gar nicht nachdenken. „Aber sie sind gesund und munter“, sagte Katie fröhlich. „Wenn du möchtest, könnte ich ja mal mit Javier reden und ihn davon überzeugen, dass es keinen Grund gibt, warum er nicht wieder ganz gesund werden sollte. Es braucht nur Geduld und Zeit …“, bot sie an.
Gerührt küsste Marcos sie auf die Wange. „Nein, du hast wirklich schon mehr als genug für die Familie Mendoza getan. Es ist meine Aufgabe, mich mit meinem Bruder auseinanderzusetzen. Aber weißt du was? Du könntest jetzt Wendy besuchen. Ich weiß, dass sie schon sehnlichst auf dich
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