Julia Saison Band 13
vor der Tür seine Gedankengänge. Parker machte auf und stand Fran gegenüber, die gerade bei ihm anklopfen wollte. Sie wirkte mehr als verblüfft. Hinter ihr sah er Jarrod, seinen anderen Cousin Albert und Onkel Bill. Alle von ihnen Vorstandsmitglieder in teuren Anzügen, und alle machten finstere Mienen.
„Was ist los?“, fragte Parker.
„Jetzt verstehe ich, was hier vor sich geht“, erklärte Jarrod. „Und wieso du keinen Funken Interesse an den schönen und kultivierten Frauen gezeigt hast, die zu dem Ball eingeladen sind. Ich habe neulich einen Artikel gelesen, in dem eine gewisse Daisy Lockett in Verbindung mit Tillie erwähnt wurde. Offenbar kennst du sie. Und diese Frau ist schwanger!“
Jarrod griff hinter sich und schob die Frau, die halb von ihm verdeckt war, nach vorne. Er schien ihr zwar nicht wehzutun, aber er beleidigte sie und behandelte sie ohne den geringsten Respekt.
Parker trat dicht vor ihn hin. „Lass sie sofort los, Jarrod. Und fass sie nie wieder an. Das meine ich ernst.“
Jarrod war verdutzt. Kein Wunder. Früher war immer er derjenige gewesen, der sich körperlich betätigte. Parker hatte sich mehr für Zahlen und Strukturen interessiert.
Aber durch Daisy wurde alles anders. Parker blickte ihr in die warmen braunen Augen. Ihm war zumute, als hätte er wochenlang die Luft angehalten und könnte plötzlich wieder atmen.
„Daisy, was tust du denn hier?“, meinte er.
Sie atmete tief durch. „Hi, Parker. Wahrscheinlich tue ich gerade etwas sehr Dummes und Unüberlegtes. Ich dachte, ich wäre inzwischen weiter, aber na ja, ist wohl eine schlechte Angewohnheit von mir.“
Er musste lächeln. „Vielleicht doch gar nicht mal so schlecht.“ Immerhin war sie bei ihm. „Könntest du das etwas genauer ausführen?“
Daisy und Fran wechselten einen bedeutungsvollen Blick miteinander. „Wenn es geht, würde ich dich gerne unter vier Augen sprechen“, antwortete Daisy.
„Aha“, meinte Jarrod. „Zwischen euch beiden läuft was.“ Noch immer starrte er auf Daisys Bauch.
Sie wandte sich zu ihm um. „Ich bekomme kein Kind von Parker.“
„Dann sind Sie verheiratet?“, fragte er hoffnungsvoll.
„Nein. Aber Parker und ich sind bloß Freunde.“
Was für eine dicke Lüge. Vermutlich fiel das auch unter die Kategorie ‚für einen guten Zweck‘. Und der Begriff ‚Freund‘ gefiel Parker ganz und gar nicht. Aber in Daisys Augen war es vielleicht gar keine Lüge. Es konnte gut sein, dass sie ihn tatsächlich als solchen betrachtete. Vielleicht gehörten die leidenschaftlichen Stunden, die sie miteinander verbracht hatten, für sie zu der Rubrik ‚Freund mit gewissen Vorzügen‘.
Seine Miene verdüsterte sich, doch dann riss er sich zusammen. „Wir können in meinem Büro reden“, sagte er zu Daisy.
Sie nickte, und als er ihr die Tür aufhielt, war er ziemlich sicher, dass keiner von den anderen die Sitzecke vor dem Büro verlassen würde. Zum Glück war das Büro fast schalldicht isoliert.
Kaum hatte Parker die Tür hinter sich geschlossen, kam er sofort zu Daisy. „Erzähl mir, was passiert ist“, meinte er besorgt.
„Warum hast du die Hochzeitskapelle wiedereröffnet und ihr sogar Tillies Namen gegeben?“, fragte sie. „Dir muss doch klar gewesen sein, wenn der große Sutcliffe etwas so öffentlich tut, und dann auch noch an einem so unerwarteten Ort, dass die Presse darauf aufmerksam wird.“
Lächelnd erwiderte er: „Das stimmt wohl.“
„Niemand wusste, dass sie deine Tante war. Du wolltest sie doch in der Vergangenheit begraben, oder zumindest dort begraben lassen.“
„Habe ich das gesagt?“
„Allerdings.“
„Welcher Mistkerl macht so was?“, gab Parker zurück. „Wieso würdest du mich dann als einen Freund bezeichnen? Du hast Tillie geliebt, und ich wollte so tun, als hätte sie nie existiert.“
„Ja, schon. Aber du hattest das Recht dazu. Ich war ja nicht mal mit ihr verwandt“, entgegnete Daisy.
„Doch. Du warst für sie die Tochter, die sie nie gehabt hat.“
„Woher willst du das wissen?“
„Ich habe es in ihrem Tagebuch gelesen, ziemlich am Ende.“
„Ich dachte, du hast bloß den Anfang gelesen, weil du dich sonst wie ein Schnüffler gefühlt hättest.“
„Das war, bevor ich beschloss, dass ich mehr über sie wissen wollte, weil sie immerhin meine Tante war. Und weil ich dachte, dass sie vielleicht etwas über dich geschrieben hat“, meinte er.
„Über mich? Wann hast du dir das überlegt? Als wir uns zum ersten Mal
Weitere Kostenlose Bücher