Julia Saison Band 13
„Das war keine Kritik an Schneewittchen. Auch wenn Sie’s vielleicht nicht glauben, ich war auch mal ein Kind. Meine Nannys haben mir alle wichtigen Filme gezeigt. Ich wurde nicht in einer Bank ausgebrütet.“
Daisy musste ebenfalls lächeln. „Sie waren also nicht das Ergebnis einer Firmenfusion?“ Er hatte nur von Filmen, nicht von Büchern gesprochen. Ob reichen Kindern wohl keine Geschichten vorgelesen wurden? Sogar Daisys nicht gerade hitverdächtige Mutter hatte dies gelegentlich getan.
„Das würde ich so nicht sagen.“ Diesmal lächelte er nicht.
Tja, was hatte sie erwartet? Mehr als ein Lächeln pro Jahrzehnt war vermutlich schon zu viel.
„Ich war nur deshalb erst verwundert, weil Sie nicht als Schneewittchen gekleidet sind“, meinte er. „Ich nehme also an, Sie sind einer ihrer Freunde.“ Die Art, wie er sie mit erhobenen Brauen ansah, wirkte sehr intim. Ein wissender, männlicher Blick.
„Ich bin einer der sieben Zwerge.“ In dem weiten braunen Kostüm fühlte Daisy sich plötzlich langweilig und altbacken. Und gleichzeitig war sie wütend auf sich, dass Parker solche Gefühle in ihr auslöste.
„Haben Sie das Kostüm selbst genäht? Es ist sehr detailgetreu.“ Prüfend berührte er die Spitzhacke an ihrem tief hängenden Gürtel. Obwohl es sich nur um eine sehr flüchtige Berührung handelte und mehrere Kleidungsschichten dazwischen lagen, spürte Daisy ein Prickeln am ganzen Körper.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich. „Ja“, brachte sie mühsam hervor.
Rasch zog Parker seine Hand zurück und betrachtete sie finster. Offenbar missfiel es ihm, dass sie sich wieder so nahe gekommen waren. „Und das ist ein beliebtes Motiv?“
„Ja. Warum fragen Sie?“
„Aus keinem bestimmten Grund. Es interessiert mich nur, wie andere Geschäftsleute ihre Produkte präsentieren.“
Der Kontakt war also gar nicht persönlich gemeint gewesen. Eigentlich hätte Daisy darüber erleichtert sein sollen, und das war sie auch. Aber es schwang auch noch etwas anderes darin mit. Etwa Enttäuschung, dass sein Interesse nur ihrem ‚Produkt‘ galt, und nicht ihr als Frau? Das wäre verrückt. Daher beschloss sie, sich ebenfalls rein auf das Geschäftliche zu konzentrieren.
„Ich bemühe mich, die Kostüme so authentisch wie möglich anzufertigen. Früher hatte Tillie sie selbst genäht, bis sie Arthritis in den Fingern bekam. Jetzt übernehmen Nola und ich das Nähen. Unsere Requisiten besorgen wir auf Garagen-Flohmärkten und Secondhand-Läden. Details sind wichtig, besonders bei solchen Hochzeiten wie heute. Kinder sind scharfe Kritiker.“
Parker erstarrte und sah Daisy an. „Kinder?“
„Ja. Bei uns werden häufig zweite Ehen geschlossen, und entweder die Braut oder der Bräutigam haben Kinder. Oder beide. Und meistens möchten sie, dass die Kinder an der Zeremonie mit beteiligt sind.“
„Sie schließen sie also mit ein“, sagte er.
„Keine Angst. Ich bin ganz gut darin, Kinder zusammenzuhalten. Sie werden Ihnen schon nicht zu nahe kommen. Es ist mir durchaus klar, dass nicht jeder Kinder mag.“
Leicht verärgert gab er zurück: „Ich habe nichts gegen Kinder. Nur weil ich selbst keine will, bedeutet das nicht, dass ich sie nicht mag.“
„Sie wollen keinen Erben? Ich meine, Sie sind reich, Ihr Vater hat die Firma aufgebaut. So etwas möchte man doch an jemanden aus der Familie weitergeben, oder nicht?“ Sein vernichtender Blick ließ sie zusammenzucken. „Verzeihen Sie, das war absolut unhöflich von mir. Tillie hat immer gesagt, ich wäre zu direkt. Es geht mich nicht das Geringste an, was Sie mit Ihrer Firma machen, oder ob Sie Kinder haben wollen.“
Sein Ärger verpuffte schnell. „Nein, das war mein Fehler. Ich bin ja schließlich damit herausgeplatzt, dass ich kinderlos bleiben möchte. Sagen wir einfach, ich habe meine Gründe, was jedoch nichts damit zu tun hat, dass ich Kinder nicht mag. Ich kann nicht gut mit ihnen umgehen und fühle mich in ihrer Gegenwart unbehaglich. In meiner Familie gibt es sehr wenige Kinder. Anscheinend produzieren wir immer nur gerade die erforderliche Anzahl, dass die Firma nicht in die falschen Hände gerät. Alle Schwangerschaften sind sorgfältig durchdacht und geplant. Rein geschäftliche Entscheidungen. Äußerst effizient. Ganz die Art der Sutcliffes. Ein Cousin von mir hat bereits ein Kind. Weitere Erben sind nicht nötig.“
„Okay.“ Daisy war erschüttert über eine solche Form der Familienplanung. Am liebsten hätte sie ihren
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