Julia Saison Band 13
Tag gewünscht hatte. Obwohl es nur zwei Berührungspunkte zwischen ihnen gab, seine Hand an ihrer Taille und sein Mund auf ihrem, spürte er die Reaktion in seinem gesamten Körper. Sein Gehirn schien nicht mehr zu funktionieren. Parker löste sich von Daisy, nur um sie wieder zu küssen, und dann noch mal.
Sie erwiderte seine Küsse. Gerade wollte sie ihm die Arme um den Hals schlingen, da erstarrte sie unvermittelt und wich zurück. „Nein. Diesmal nicht.“
Parker hätte zu gern gewusst, was sie damit meinte. Gleichzeitig wurde ihm aber auch bewusst, dass sie ihnen beiden einen Gefallen getan hatte. Er hätte einfach weitergemacht. Dadurch wäre die ganze Situation wesentlich komplizierter geworden, denn immerhin würde er ja bald wieder abreisen. Er hatte ohnehin schon genug Probleme. Daisy wäre zwar ein wundervolles Problem, aber sie war ihm etwas schuldig. Solche ungleichen Beziehungen hatte er schon früher erlebt. Sie waren unangenehm und veranlassten die Leute dazu, ihm diese Lügen aufzutischen, die er hasste. Noch so eine Beziehung wollte er auf keinen Fall.
„Diesmal?“, fragte er.
Daisy machte eine unbehagliche Miene, richtete sich dann gerade auf und warf ihm einen stolzen Blick zu. „Ich nehme an, ich bin nicht die erste Frau, die Sie geküsst haben. Und Sie glauben doch wohl nicht, dass Sie der erste Mann sind, den ich geküsst habe?“
„So naiv bin ich nicht. Eine Frau wie Sie hat bestimmt viele Verehrer.“
Sie zog die Brauen zusammen. „Eine Frau wie ich?“
„Ich meinte damit nicht Ihre Moral, sondern Ihre Anziehungskraft.“
Wieder wurde sie rot. Nur ein kleines bisschen. Es war charmant. Verführerisch.
„Dann krame ich mal weiter in den Kisten“, sagte Parker.
„Sieht nicht danach aus, als würden Sie dort was finden.“
Aber etwas fanden sie doch.
Plötzlich fragte Daisy: „Sind Sie das?“ Sie zeigte auf einen Zeitungsausschnitt, der aus einem Ordner gefallen war, den Parker hochgehoben hatte.
Verdutzt schwieg er einen Moment. „Ja, das bin ich. Auf dem ersten Sutcliffe-Ball, an dem ich je teilgenommen habe. In dem Jahr, als ich offiziell in die Firma eingetreten bin.“
„Der Übergang vom Jungen zum Mann?“
„Sozusagen. Obwohl es nach den Worten meines Vaters keine Sutcliffe-Jungen gibt. Wir lernen von Anfang an, Männer zu sein, sobald wir sprechen und gehorchen lernen.“
Entrüstet verschränkte Daisy die Arme. „Parker, ich muss sagen, die Sutcliffes scheinen mir nicht gerade viel Spaß zu verstehen.“
„Tun sie auch nicht.“ Er lächelte.
„Was ist komisch daran?“
„Dass Sie es gewagt haben, mir das ins Gesicht zu sagen.“
Sie war erstaunt. „Sie sind noch nie beleidigt worden?“
„Zumindest nicht so direkt.“
„Verzeihen Sie, aber ich finde es kriminell, einem Jungen seine Kindheit vorzuenthalten.“
„Dann hatten Sie wohl eine glückliche Kindheit?“
Daisy zögerte. „Ich weiß jedenfalls, wie eine sein sollte.“ Sie legte die gekreuzten Arme vor ihren Bauch. „Dann hatte Tillie also mindestens ein Foto von Ihnen“, fuhr sie schnell fort. „Das bedeutet schon mal was.“
„Es bedeutet gar nichts. Sie war trotzdem eine unsichtbare Verwandte, die mir gegenüber niemals erwähnt wurde.“
„Nun ja, vielleicht wussten Sie nichts von ihr. Aber sie hat von Ihnen gewusst. Das Bild ist der Beweis.“ Mit leuchtenden Augen hob sie das Kinn. „Und vielleicht wollte sie Ihnen dann wirklich die Kapelle vererben. Wenn Tillie länger gelebt hätte, wären Sie ihr vielleicht begegnet, hätten das Geheimnis gelüftet, und Ihre Familie wäre wieder vereint gewesen.“
Parker dachte an seine Eltern und die glitzernden Kostüme. Niemals hätte es in seiner Familie eine große, glückliche, tränenreiche Wiedervereinigung gegeben.
Er blickte auf Daisy hinunter. „Sie glauben tatsächlich an Märchen, oder?“
Heftig schüttelte sie den Kopf. „Nein, gar nicht. Aber ich würde es gerne tun.“
Noch ein Grund, weshalb er sie nicht mehr küssen sollte. Obwohl er es zu gern getan hätte.
5. KAPITEL
Daisy hatte die ganze Nacht wach gelegen, weil sie überlegte, wie sie Parker am besten helfen konnte, etwas über Tillie herauszufinden. Denn sie wollte die Wohnung behalten, aber auch ihre Bekanntschaft mit ihm möglichst bald beenden. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie fühlte sich einfach viel zu sehr zu ihm hingezogen.
Sich im Augenblick zu irgendeinem Mann hingezogen zu fühlen, wäre schon ein großer Fehler. Aber zu Parker? Absolut
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