Julia Saison Band 17
Annette den Diner um vier Uhr. Genug Zeit, um wie jedes Jahr in Erinnerung an ihre Mutter einen besonderen Kuchen zu backen.
Sie hatte einen gemütlichen DVD-Abend mit romantischen Komödien geplant. Einerseits wollte sie sich damit an frühere Zeiten erinnern, andererseits aber auch von ihren Gedanken an Jared ablenken.
Schon mehrere Tage hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Seit jenem Abend, an dem er ihr den Bauch eingecremt hatte. Irgendwie hatte ihn das Ganze wohl ziemlich aus der Fassung gebracht. Als sie von ihrem Schläfchen aufgewacht war, hatte er wieder draußen gegraben. Bis weit nach Mitternacht war er geblieben, nachdem sie längst zu Bett gegangen war. Auch im Diner hatte er eine Begegnung mit ihr vermieden. Doch an der umgegrabenen Fläche außerhalb ihres Gartens merkte sie, dass er auch weiterhin vorbeikam.
Sie bog auf die Horizon Road ein, während die letzten Strahlen der Wintersonne die Felder und Zäune streiften, an denen sie entlangfuhr.
Schließlich erreichte sie die Zufahrt zu dem Reihenhauskomplex, wo sie wohnte. Sie fuhr am Gästeparkplatz vorbei und hielt dann plötzlich den Atem an.
Ein wohlbekannter grüner Truck kam vom Parkplatz direkt auf sie zu. Sobald Jared sie sah, trat er auf die Bremse. Als Annette auf seiner Höhe war, kurbelte er das Seitenfenster herunter und lehnte den Arm hinaus, sein Gesicht undurchdringlich wie immer.
Annette öffnete ihr Fenster ebenfalls. „Dann bist du für heute also schon fertig?“
„Ich hatte meinen freien Tag“, erwiderte er. „Darum dachte ich, dass ich ihn so am besten nutzen kann.“
Solange sie im Diner arbeitete, aha. „Bist du denn gut vorangekommen?“
„Nicht besonders.“
Einen Moment lang hörte man nur die Motorengeräusche ihrer Autos.
„Heute ist der Geburtstag meiner Mutter“, sagte Annette auf einmal.
Jared stutzte. „Ich dachte, sie wäre gestorben.“
„Ja, das stimmt. Aber ich feiere ihn trotzdem, weil sie mir sehr wichtig war.“
Wieder entstand eine Pause.
Er blickte durch die Windschutzscheibe und legte eine Hand auf das Lenkrad. „Dann sollte ich dich mal weiterfahren lassen.“
Das Herz wurde ihr schwer. Aber warum? Was erwartete sie von ihm? Mit einem Lächeln tätschelte sie ihren Bauch. „Es wird nett, den Abend mit meinem besten Freund hier drin zu verbringen.“
Jareds Miene wirkte etwas gequält. Da er sich noch nicht verabschiedete, erkundigte sich Annette: „Und was hast du jetzt vor?“
„Ich fahre zu meiner Gran. Sie hat ein großes Essen gekocht und meinte, ich könnte die Reste in meine Junggesellenhütte mitnehmen und im Laufe der Woche aufessen.“
„Sie scheint sich gut um dich zu kümmern“, erwiderte Annette lächelnd.
„Ja. Dafür sollte eine Familie auch da sein, oder?“ Jared schob seinen Hut zurück.
„Na, dann wünsche ich dir viel Freude bei deiner Gran.“
„Warte.“ Erneut schaute er geradeaus. „Hör mal, Gran hat so viel gekocht. Komm doch einfach mit.“
„Es ist okay, Jared.“
„Komm schon, Annie. Du und Gran, ihr werdet euch bestimmt gut verstehen. Und sie wäre begeistert über neue Gesellschaft.“ Er lachte leise. „Sie ist zwar sehr unabhängig, aber ich glaube, insgeheim findet sie es schön, Menschen um sich zu haben. Jedenfalls freut sie sich jedes Mal, wenn ich vorbeikomme.“
Annette war durchaus neugierig auf seine Großmutter und die Geschichten, die sie vielleicht erzählen konnte. Außerdem machte sie der Gedanke an den Geburtstag ihrer Mutter zunehmend trauriger.
„Sag einfach Ja.“
Diesmal hörte es sich an, als meinte er seine Einladung wirklich ernst, und das gab für sie den Ausschlag.
„Wann erwartet sie dich?“, fragte sie.
Jared lächelte erfreut.
Er kam mit in ihr Häuschen, um sich im Gästebad den Schmutz abzuwaschen. Unterdessen machte Annette sich frisch und tauschte ihre Uniform gegen einen langen, dunkelroten Samtrock und eine gerüschte weiße Bluse aus dem Secondhandladen. Beides ließ ihrem Bauch reichlich Platz. Dazu legte sie sich eine Kette aus falschen Perlen um und steckte die Haare auf. Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, fand sie Jared auf dem Sofa vor, wo er in Tonys Tagebuch blätterte.
Sobald er sie erblickte, stand er auf und nahm bewundernd seinen Hut ab. Er sah sie an, als ob sie echte Perlen statt billigem Modeschmuck tragen würde, sodass sie unwillkürlich errötete.
Nach ein paar Sekunden legte er das Tagebuch beiseite. „Du siehst hübsch aus, Annie.“
„Vielen Dank.“
Ihr Herz
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