Julia Saison Band 17
Obwohl er nicht wusste, was er unternehmen sollte, hielt er es für das Beste, zuerst einmal nachzusehen, wie es ihr ging.
Niemand durfte ihr das Leben unnötig schwer machen.
Als Jared in den Diner kam, spielten George und Dexter am Tresen Schach. Wie üblich war nachmittags nicht viel los. Die zwei alten Männer merkten, dass Jared nicht sonderlich guter Stimmung war.
„Ist Annette da?“, fragte er.
George zeigte aus dem Fenster. „Sie macht Pause.“
„Sie ist zum Hotel gegangen“, fügte Dexter hinzu. „Sie sitzt gerne davor auf der Bank, wenn die alte Ferris da nicht grade ihre Zigarren raucht.“
„Nur um das klarzustellen, wir haben kein einziges Wort gesagt“, sagte George. Er und Dexter blickten so düster vor sich hin, als wären sie über das Gerücht genauso entrüstet wie er.
„Hat sie schon gehört, was die Leute reden?“, wollte Jared wissen.
„Ich denke schon, aber sie lässt sich nichts anmerken“, antwortete Dexter.
Jared bedankte sich und verließ den Diner. Natürlich würde Annette sich von dem Klatsch nicht beeinflussen lassen. Die Wahrheit über den Vater ihres Kindes war schließlich wesentlich schlimmer.
Unwillkürlich verlangsamte er seine Schritte, als ihm plötzlich etwas einfiel. Wäre es für Annette und ihr Baby nicht vielleicht sogar besser, wenn er so tat, als wäre er der Vater? Keiner wusste genau, wann sie sich kennengelernt hatten, da sie beide ungefähr zur selben Zeit nach St. Valentine gekommen waren.
Falls er dieses Gerücht nicht zurückwies, hätte Annette damit eine gute Geschichte, sollte ihr Exverlobter je auf die Idee kommen, nach ihr zu suchen. Durch einen Vaterschaftstest würde die Sache selbstverständlich auffliegen. Aber wenn er in Annettes Nähe war, würde Brett vielleicht gar nicht erst darauf bestehen.
Jareds Stiefel hallten geräuschvoll auf dem Gehweg wider, als er an dem Saloon vorbei zu dem alten St. Valentine-Hotel ging. Dort auf der Bank sah er jedoch nicht Annette sitzen, sondern eine Gruppe früherer Minenarbeiter. Die grimmig dreinschauenden Männer schienen noch immer verbittert wegen der Schließung der Mine zu sein, was sie dazu gezwungen hatte, Jobs weit weg von zu Hause auf den Gasfeldern bei Houston anzunehmen.
Offenbar waren sie zum Stadtfest zurückgekommen. Als sie Jared entdeckten, setzten alle ein hinterhältiges Grinsen auf.
Bisher hatte sich sein Ärger in Grenzen gehalten, doch Jared spürte, wie er zunehmend wütender wurde. Entschlossen, die anzüglichen Blicke zu ignorieren, ging er an der Gruppe vorbei.
Da zog sich einer der Männer die Baseballkappe ins Gesicht und murmelte seinem Nachbarn zu: „Das ist doch der Glückspilz, der bei Blondie landen konnte.“
Das war zu viel. Jared drehte sich blitzschnell um, packte den Kerl bei seinem Flanellhemd, zog ihn daran von der Bank hoch und drückte ihn gegen die Mauer des Hotels.
„Ich würde gerne hören, wie du mir das ins Gesicht sagst statt hinter meinem Rücken“, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
Der Typ grinste nur und schaute nach links hinüber.
Als Jared dort Annette mit offenem Mund stehen sah, ließ er den Kerl sofort los.
Lachend ging der Mann zu seinen Freunden zurück, während Annette sich umdrehte und hastig davoneilte.
„Annie!“
Hinter ihm ertönten laute Pfiffe, doch er achtete nicht darauf. Der erschrockene Ausdruck auf Annettes Gesicht war wichtiger.
„Annie!“ Vor dem kleinen Durchgang neben dem Saloon holte er sie endlich ein.
Er lotste sie hinein, doch sie hob die Hände, als wollte sie ihn abwehren.
Wie vom Donner gerührt hielt er inne.
Annette hatte die Augen geschlossen, als könnte sie seinen Anblick nicht ertragen. Das traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Eine solche Reaktion hätte er erwartet, wenn er ihr von seiner Tochter erzählt hätte. Aber jetzt?
Hilflos stand er vor ihr, bis er schließlich seine Sprache wiederfand. „Die Kerle haben etwas gesagt, was ich auf keinen Fall dulden konnte, Annie. Es war wahrscheinlich nicht gerade meine Sternstunde, aber …“
„Stopp.“ Sie lehnte sich an die Wand und hielt sich ihren Bauch.
„Ist alles in Ordnung?“ Besorgt kam er auf sie zu.
„Ja, Jared, dem Baby und mir geht’s gut.“
„Gott sei Dank.“ Er presste die Hände zusammen. „Ich habe den Kerl nicht ohne Grund angefasst, weißt du.“
„Ich habe gehört, was er gesagt hat.“
„Anscheinend wird in der Stadt überall so geredet, und das ist nicht richtig.“
Annette schüttelte
Weitere Kostenlose Bücher