Julia Saison Band 17
sofort.“
Jared und Annette setzten sich auf das Sofa, dessen Rückenlehne mit Spitzendeckchen geschmückt war. Sobald seine Gran das Zimmer verlassen hatte, griff Jared nach einem Pappteller.
„Worauf hast du Appetit?“, fragte er.
„Ein bisschen von allem wäre nett. Aber nicht zu viel, damit ich nicht schon vor dem Essen satt bin.“
Im Hintergrund spielte leise Musik von Doris Day über eine Stereoanlage, die noch aus den Siebzigern zu stammen schien.
„Deine Großmutter hat wirklich gern Besuch, oder?“
„Kann man so sagen. Ich glaube, das Rentnerdasein treibt sie in den Wahnsinn. Früher hat sie zusammen mit meinem Großvater eine Rinder-Ranch geführt.“
„Kanntest du deinen Großvater?“
„Nein. Gran habe ich auch erst vor ein paar Monaten kennengelernt, mein Großvater ist schon vor mehreren Jahren gestorben. Dass niemand mehr da ist, scheint sie verrückt zu machen.“
Aus der Küche rief seine Großmutter: „Ich gebe zu, dass ich gerne ein bisschen Gesellschaft habe!“
Jared füllte Annettes Teller weiter. „Habe ich ihr großartiges Gehör erwähnt?“
Mit zwei Punschbechern und einem Sektglas voll sprudelndem Most eilte die ältere Frau herein und reichte zuerst Annette ihr Glas. „Ich hatte schon immer ein scharfes Gehör.“
„Manche würden sagen, dass auch deine Kommentare ziemlich scharf sein können.“ Jared warf einen Blick auf Annettes Bauch, als er ihr den Teller gab und sich dann selbst bediente.
„Wieso?“ Seine Gran setzte sich in einen Sessel. „War es falsch von mir, die Schwangerschaft anzusprechen?“
„Nein.“ Annette trank einen Schluck. „Den Leuten fängt es gerade an aufzufallen, weil ich erst vor Kurzem dicker geworden bin.“
„Warum dann also nichts sagen?“, meinte ihre Gastgeberin achselzuckend. „Offenheit spart Zeit.“ Und sie fragte Annette gleich weiter aus. Über den Geburtstermin, das Geschlecht des Kindes, mögliche Namen.
Ehe sie allerdings die Frage stellen konnte, warum Annette keinen Ring am Finger trug, unterbrach Jared seine Großmutter.
„Ich habe das Gefühl, es macht dir Spaß, Gäste zu haben“, stellte er fest.
Gran schien den Wink zu verstehen und zwinkerte ihm zu. „Das stimmt. Mit dir wird unser Dinner noch viel schöner, Jared. Und mit Ihnen auch, Annette.“
Vermutlich wollte sie nur höflich sein, aber vielleicht meinte sie es ja auch so, dachte Annette. Jareds Großmutter freute sich offensichtlich darüber, ihren Enkel in Begleitung von jemandem zu sehen, der sich in seiner Nähe wohlfühlte.
Womöglich war sie sogar der einzige Mensch in ganz St. Valentine, für den das zutraf, überlegte Annette.
Gran stellte ihren Punsch auf den Couchtisch und begann, sich einen Teller mit Häppchen zu füllen. „Ich hoffe, Sie halten mich nicht für eine einsame alte Schachtel“, sagte sie. „Seit Jahren bin ich ehrenamtlich in meiner Kirchengemeinde tätig. Sonntags besuchen wir Gemeindemitglieder, die ihr Haus nicht mehr verlassen können. Ich bin gerne mit meinen Freunden zusammen. Aber ansonsten war niemand mehr da. Bis jetzt.“
Voller Zuneigung lächelte sie den jungen Leuten zu, was Annette das Herz wärmte.
Hier befanden sich drei Menschen in einem Raum, die heute allein und einsam hätten sein können … aber sie waren es nicht.
Annette fing einen Blick von Jared auf, und ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Ob er gerade dasselbe dachte?
Als er wegschaute, zog sich ihr Herz zusammen. Warum musste er immer zurückweichen, sobald sie sich ein bisschen näherkamen?
Mit weicher Stimme fügte seine Gran hinzu: „Ja, ich bin sehr froh, dass du mich gefunden hast, mein Junge.“
Er nickte. „Darüber bin ich auch froh, Gran.“
Annette stippte eine Selleriestange in den Dip-Klecks auf ihrem Teller.
„Der Himmel weiß, wie viel Mut es Jared gekostet hat, mich ausfindig zu machen“, fuhr seine Großmutter fort. „Vor allem, nachdem seine Mom, meine eigene Tochter, ihn nicht gerade dazu ermutigt hat, als er sie traf.“
Annette hielt inne und sah Jared an. Er hatte ihr von seiner Adoption erzählt, aber nie davon gesprochen, dass er seine leibliche Mutter kennengelernt hatte.
Sichtlich angespannt stellte er seinen Becher und seinen Teller hin, wobei er ihren Blick geflissentlich vermied. Anscheinend hütete er noch tiefere und traurigere Geheimnisse, als sie je vermutet hätte.
Seine Großmutter lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Ach, jetzt bin ich schon wieder zu direkt gewesen.“
„Ist
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