Julia Sommerliebe 0020
sagen.“
Eine dunkle Vorahnung stieg in Abby auf. Ähnlich wie damals, als ihr Tante Mary vom Tod ihrer Eltern berichtet hatte. Oder als Judd ihr gesagt hatte, dass er Pier Point verlassen wollte.
„Was ist es denn?“
Judd fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und verstrubbelte es. „Ich werde vermutlich erst mal nach Sydney gehen und dort eine Weile bleiben.“
Abbys Herz schlug ihr bis zum Hals. Doch dann setzte ihr Verstand ein. Judd wollte also einige Tage in Sydney verbringen, bevor er wieder weiterziehen würde. Ihre verkrampften Hände ließen das Leinentuch los. Es war also nicht, was sie befürchtet hatte.
„Eine Weile, sagst du?“
Er nickte und wirkte plötzlich sehr nervös.
„Um ehrlich zu sein: Ich möchte mich in Sydney niederlassen. Ich habe dort eine feste Stelle angenommen.“
„Wie bitte?“ Abbys Unterkiefer klappte nach unten.
„Ich werde auch für Finesse arbeiten. Marc hat mir die Stelle des Chef-Fotografen angeboten.“
Wie versteinert saß Abby da. Judd verstand nicht.
„Ist das nicht wunderbar, Abby? Wir werden ab jetzt oft zusammenarbeiten können. Ganz zu schweigen von der Freizeit, die wir miteinander verbringen werden.“
Nein. Nein!
Das durfte nicht wahr sein.
Was sollte nur aus ihrem armen Herzen werden, wenn Judd sie in einigen Wochen oder Monaten doch wieder verließ?
Das Schlimmste aber war die Tatsache, dass Abby in Zukunft rund um die Uhr ihre Gefühle vor ihm verbergen musste.
„Sag mal, freust du dich denn gar nicht?“
Verzweifelt suchte Abby nach einer passenden Antwort, doch ihr Kopf fühlte sich völlig leer an.
„Abby? Was ist denn los mit dir? Ich dachte, du freust dich, dass ich bei dir bleibe?“
„Ja schon. Aber … aber für wie lange denn?“
Ohne dass sie es gewollt hatte, hatte sie den ersten Gedanken ausgesprochen, der ihr in den Sinn gekommen war. Und es klang ganz anders, als es gemeint war.
„Und wo ist bitte das Problem, wenn ich noch eine Zeit lang in deiner Nähe bin?“, wollte Judd gereizt wissen.
Mit einem enttäuschten, beinahe wütenden Gesichtsausdruck schlug er die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Dann lief er geradewegs ins Badezimmer hinüber und schloss die Tür von innen ab.
Abby wickelte sich rasch in ihr Betttuch ein und folgte ihm. Vorsichtig klopfte sie an die Tür.
„Judd, entschuldige. Ich war einfach völlig überrascht.“
Aus dem Bad war nichts als eisige Stille zu hören. Dann hörte Abby, wie die Dusche angestellt wurde.
Das hatte sie ja wirklich toll hinbekommen. Sie hatte sich nicht nur in ihren besten Freund verliebt, sondern sie hatte ihn auch noch schrecklich vor den Kopf gestoßen.
„Ich glaube das alles nicht“, murmelte Abby. Dann zog sie in Rekordzeit ihr Kleid und die sündhaften Schuhe an – deren Anblick sie erröten ließ – und verließ das Hotelzimmer.
Kopfschüttelnd trat Judd aus der Duschkabine.
Was um alles in der Welt war da eben passiert?
Vor wenigen Minuten war er neben der liebenswertesten und zärtlichsten Frau der Welt erwacht. Und im nächsten Moment hatte sie sich kälter als ein arktischer Schneesturm verhalten und war einfach über seine Gefühle hinweggetrampelt.
Wenn sie ihm nur die Möglichkeit gegeben hätte, ihr zu erklären, warum er sich in Sydney niederlassen wollte! Judd hätte ihr seine Gefühle sofort gestanden.
Doch Abby hatte so getan, als wollte sie ihn gar nicht länger in ihrer Nähe haben. Und das schmerzte ihn weit mehr, als er erwartet hatte.
Schon immer hatte er geahnt, dass die Liebe nichts für ihn war. Allerdings war er dumm genug gewesen, sich in Abby zu verlieben.
Das hatte er nun davon.
Letzte Nacht, nachdem ihm klar geworden war, dass er Abby liebte, hatte er sich ihre Zukunft in den schillerndsten Farben ausgemalt.
Abby hätte seine erste richtige Partnerin werden können.
Doch scheinbar war sie daran gar nicht interessiert. Ihr war es nur um eine Affäre gegangen. Genau, wie sie es von Anfang an gesagt hatte. Und er war so naiv gewesen, zu hoffen, dass mehr dahintersteckte. Dass sie tiefere Gefühle für ihn entwickeln würde.
Er warf sich aufs Bett, knüllte ein Kissen vor die Brust und boxte mit beiden Fäusten hinein. Dann stieg ihm Abbys süßer Geruch in die Nase. Kein Wunder, sie hatte die ganze Nacht auf diesem Kissen gelegen. Tief sog Judd den warmen Jasmin- und Frangipani-Duft ein, der ihn die ganze Nacht über umgeben hatte.
Er war schon mit vielen Frauen zusammen gewesen. Doch ausgerechnet bei Abby hatte er
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