Julia Sommerliebe 0020
Ihnen.“ Sanft drückte er ihre Hand.
„Ed wird eine Pressekonferenz in der Lobby abhalten, und du kannst durch den Hintereingang verschwinden“, bekräftigte Anne, die sich bislang im Hintergrund gehalten hatte. „Hier, setz diese dunkle Perücke und die Sonnenbrille auf. Das müsste gehen. Und zieh dich gar nicht erst um. Du siehst so viel jünger aus, niemand wird dich erkennen. Außerdem rechnet niemand damit, dich zusammen mit dem Prinzen zu sehen.“
Victoria holte tief Luft und schaute ratlos von einem zum anderen. Es schien ein guter Plan zu sein, und ihr blieb kaum etwas anderes übrig. Der Gedanke, den Paparazzi zu entkommen, kam ihr außerdem himmlisch vor. Schließlich nickte sie. „Danke“, flüsterte sie und schenkte Rodolfo ein zaghaftes Lächeln.
„Keine Ursache.“ Er winkte ab. „Lassen Sie Ihr Gepäck hier. Anne kann es nachschicken lassen. Nehmen Sie nur Ihre Handtasche und Ihren Pass mit.“
Wortlos stand Victoria auf und tat, was er sagte. Plötzlich wünschte sie sich einen unbeobachteten Moment, um ihre Tabletten einzustecken. Doch dann verwarf sie den Gedanken. Nein, sie musste aufhören, und zwar sofort. Es würde schwer werden, aber sie durfte das Vertrauen des Prinzen nicht missbrauchen.
Wenige Minuten später führte Rodolfo sie zum Fahrstuhl. Sie fuhren hinunter, eilten über Flure und Gänge und gelangten schließlich in die Großküche des Hotels. Vor dem Boteneingang wartete bereits ein Bentley mit laufendem Motor. Hastig stiegen sie in den Wagen, und der Fahrer gab Gas, kaum dass sich die Türen geschlossen hatten.
„Danke“, seufzte Victoria erleichtert. Erschöpft lehnte sie sich in den weichen Ledersitzen zurück.
Zum ersten Mal seit Monaten fühlte sie sich sicher.
Zweieinhalb Stunden später blickte Victoria fasziniert aus dem Fenster des Privatjets. Sie flogen über das Mittelmeer. Unter ihnen konnte man bereits Malvarina erkennen – üppige Vegetation umgeben von Felsen, weißen Sandstränden und türkisblauem Wasser. In den Hügeln und an der Küste waren weitläufige Grundstücke auszumachen. Dann zeichnete sich ein kleiner Ort ab und links, hoch über dem Meer, erhob sich eine mittelalterliche Festung.
„Das ist unser Familiensitz, das Castello Constanza“, erklärte Rodolfo nicht ohne Stolz. „Im zehnten Jahrhundert haben meine Vorfahren die Insel erobert. Seitdem war sie immer in unserem Besitz. Auch die Festung, die im Laufe der Zeit viele Kriege durchmachen musste. Die Sarazenen und die Osmanen haben wir bekämpft. Aber am Ende sind wir stets als Sieger hervorgegangen. Und heute möchte ich, dass Malvarina sich der Welt als ein moderner, gut geführter und finanziell unabhängiger Staat präsentiert.“
Victoria betrachtete den Prinzen überrascht von der Seite. Leidenschaft und echtes Herzblut schienen in seinen Worten zu liegen. Sie hatte ihn für einen mondänen Playboy gehalten, der sich das Leben so angenehm wie möglich machte. Konnte es sein, dass es Rodolfo in Wahrheit um weit aus mehr ging als nur um Geld und Luxus?
Sie lächelte. Es war bestimmt eine gute Entscheidung gewesen, Cannes zu verlassen und mit ihm auf diese Insel zu fliegen.
Auf der Landebahn des kleinen Flughafens stand schon ein Rolls Royce bereit, der sich wenig später durch das verträumte Städtchen Malvaritza schlängelte. Auf dem Weg hinauf zum Castello begegneten sie ab und zu Spaziergängern und sogar einigen Bauern, die ihre schwer bepackten Esel die Straße entlang trieben. Victoria fiel auf, dass Rodolfo stets lächelte und grüßend winkte, so als begegne er guten Freunden. Und sie hatte das Gefühl, dass er das immer machte, egal, wer bei ihm war und ihn dabei beobachtete.
Als sie die alte Schlossbrücke erreichten, drosselte der Fahrer das Tempo. Beim Anblick der hohen Mauern kamen Victoria mit einem Mal Zweifel. Worauf hatte sie sich eingelassen? Schließlich hatte sie keine Ahnung, wie dieser Mann wirklich war. Und innerhalb der dicken Gemäuer war sie ihm quasi ausgeliefert.
Als würde er ihr Unbehagen spüren, beugte sich Rodolfo zu ihr herüber und lächelte. „Ein bisschen einschüchternd, nicht wahr? Aber keine Angst, die Wohnräume sind ziemlich modern ausgestattet. Mein Großvater war zwar in vielerlei Hinsicht altmodisch, aber die Instandhaltung des Castellos war ihm immer wichtig. Dafür bin ich heute noch dankbar. Es wäre eine Heidenarbeit gewesen, dieses riesige Anwesen auf Vordermann zu bringen.“
Die Limousine fuhr auf dem gepflasterten
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