JULIA SOMMERLIEBE Band 21
Angriff, der meine Mutter fast um den Verstand gebracht hat. Sag mir, wie ich das rechtfertigen soll!“
Seine Worte waren wie ein Peitschenhieb. Linda spürte, dass alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.
„Oh, Karim.“ Sie rückte ein Stück von ihm ab und beobachtete seine Miene, die so wütend und so stolz wirkte. Sie wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass er einen Grund haben könnte, die Angehörigen ihrer Mutter zu hassen. Obwohl Miriam sie im Stich gelassen hatte, liebte Linda sie immer noch … so wie Karim die Erinnerung an seine Eltern immer noch in Ehren hielt.
„Ist das denn so wichtig?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Niemand weiß doch davon außer uns …“
„Das weiß ich, du kleiner Dummkopf!“ Karim sprang vom Bett auf, mit der ganzen Wut eines Mannes, der sich betrogen fühlte. „Das ist eine ernste Angelegenheit, die wir hätten besprechen sollen. Du hast mich in dem Glauben gelassen, dass deine Mutter dem christlichen Glauben anhängt.“
„Du … du hast nie danach gefragt …“ Tränen brannten in Lindas Augen. „Für dich war es selbstverständlich, dass ich dich heirate. Das weißt du ganz genau.“
„Hätte ich davon gewusst, hätte es nie eine Hochzeit gegeben.“ Er beugte sich vor, hakte einen Finger zwischen das Armband und hob es an, sodass die Verbindungsglieder ihr ins Fleisch schnitten. „Du hättest es mir sagen können, als ich dir erzählte, dass mein Vater getötet wurde.“
„Davon hast du nie gesprochen.“ Sie schüttelte den Kopf, während Tränen über ihre Wangen liefen. „Adoracion hat mir erzählt, wie deine Eltern gestorben sind, aber sie hat nicht erwähnt, wer dafür verantwortlich ist. Wie hätte ich denn wissen sollen …“
Er sah in ihr verzweifeltes Gesicht, dann ließ er das Armband los und drehte ihr den Rücken zu. Sie starrte auf seinen starken, wunderschönen Körper und konnte nicht vergessen, welche Lust sie in seinen Armen erlebt hatte. Doch mit seiner plötzlichen Wut hatte er sie zutiefst verletzt. Und trotzdem zerriss es ihr fast das Herz, weil sie wusste, dass auch er in Erinnerung an seine Eltern litt.
„Verstoß mich nicht“, bat sie. „Ich wollte dir doch nicht wehtun … ich würde lieber sterben, als von dir gehasst zu werden.“
Er schwieg einen endlos langen Augenblick, dann drehte er sich zu ihr um und griff nach seinem zerknitterten Kaftan. Er schlüpfte hinein, ohne sie aus den Augen zu lassen. Mit ihren zerzausten goldblonden Haaren und den tränenverschleierten Augen sah sie sehr jung aus und zutiefst verwirrt.
„Hass ist ein bedeutungsschweres Wort, Linda“, sagte er schließlich. „Hass hat die Angewohnheit, seinen Samen tief in uns zu vergraben.“
„Und … was willst du jetzt machen?“ Sie wischte mit der Hand die Tränen fort, wie ein verlorenes Kind. „Willst du, dass ich gehe …?“
„Sei nicht kindisch.“ Er schob die Hände tief in die Taschen seines Kaftans. „Im Moment bin ich noch zu keiner Entscheidung fähig. Ich muss erst einmal darüber nachdenken.“
Als sie sich aufsetzte, fiel das Laken herunter und enthüllte ihre Brüste. „Ich habe mich dir geschenkt, und jetzt willst du mich wegwerfen.“
Ihre Worte berührten ihn, das erkannte sie an dem bedauernden Zucken, das über seine stolzen Züge glitt. Einen langen Moment sahen sie sich an und teilten Erinnerungen und Gefühle, die nicht so einfach ausgelöscht werden konnten.
„Ich wünschte, ich hätte mir die Gravur in dem Herzen angesehen“, sagte er schließlich, „bevor ich dir die Jungfräulichkeit genommen habe. Jetzt könnte es sein, dass du schwanger bist. Falls du ein Kind erwartest, kann ich dich nicht aus meinem Leben verbannen. So grausam könnte ich nicht zu dir sein.“
„Und was passiert, wenn ich kein Kind erwarte?“ Lindas Herz raste, und sie hatte das Gefühl, ersticken zu müssen.
„Dann ist es aus“, sagte er tonlos.
„Einfach so, Karim?“ Ihre Stimme zitterte genauso wie ihr Körper. „Nachdem du darauf bestanden, ja, mich gezwungen hast, dich zu heiraten?“
„Das Kismet ist uns nicht immer freundlich gesinnt“, erwiderte er mit versteinerter Miene. „Manchmal kann es sehr grausam sein.“
„Du bist derjenige, der grausam ist. Allein du!“ Plötzlich drängte es Linda, ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Ohne auf ihre Blöße zu achten, sprang sie aus dem Bett und schlug ihm in das versteinerte Gesicht, wieder und immer wieder.
Der Klang der Schläge und das
Weitere Kostenlose Bücher