JULIA SOMMERLIEBE Band 21
heiraten sollst, die die gleiche Nationalität hat? Du hast die Entscheidung getroffen, mein Herr und Gebieter!“
Mit dieser letzten Spitze ging Linda zurück ins Schlafzimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Innerlich kochte sie vor Schmerz und Wut, während sie vor Kälte zitterte, als würde sie sich nie wieder erwärmen. Erschöpft sank sie auf den Stuhl vor der Frisierkommode und betrachtete ihr blasses, gequältes Gesicht im Spiegel.
Wie lange trug ein Erwachsener an seinen Qualen? Als sie zehn Jahre alt gewesen war, hatte es lange gedauert, und es war kein Abend vergangen, an dem sie sich nicht in den Schlaf geweint hätte. Auch jetzt wurde sie von dem entsetzlichen Gefühl erfasst, im Stich gelassen worden zu sein, und sie stützte verzweifelt den Kopf in die Hände.
Wie sollte sie die Zeit, die vor ihr lag, überstehen, wenn sie doch wusste, das Karim nur nach einem Anzeichen Ausschau hielt, das ihm verriet, ob sie schwanger war oder nicht? Wie sollte sie die Nächte überstehen, nachdem sie erlebt hatte, wie wunderschön es war, das Bett mit Karim zu teilen?
Seufzend erhob sie sich und ging ins Bad, das an ihre Suite grenzte. Sie drehte die Dusche auf und stellte sich unter das prasselnde Wasser, um jeden seiner Küsse und jede Liebkosung abzuwaschen.
Mit zusammengebissenen Zähnen seifte sie sich überall mit der nach Sandelholz duftenden Seife ein. Dann rieb sie mit dem Luffaschwamm ihre Haut ab, bis sie rot war und prickelte. Und trotz allem blieb die Erinnerung, dass sie ganz und gar sein gewesen war.
Sie fuhr mit der Hand über ihren nassen Bauch und sah sich in der verspiegelten Wand an. Die Erinnerung an die Stunden in seinen Armen ließ sie erschauern … sie war im Paradies gewesen und nun in die Hölle hinabgestürzt. Sie hatte es vom ersten Augenblick an gewusst, dass so etwas geschehen könnte, als sie in seine dunklen Augen gesehen hatte.
Was war die Losung der Araber? Auge um Auge, Zahn um Zahn. Linda sah in ihre Augen und wusste, was zwischen ihr und Karim passierte. Er hatte jemanden gefunden, den er für das bestrafen konnte, was seinen Eltern angetan worden war.
Während sie sich in ein Handtuch einwickelte, betete sie darum, dass ihr Körper sie nicht verraten und sie mit Karims Kind schwanger sein würde.
Falls sie doch sein Kind trug, würde er sie in seinem Haus festhalten, aber sie wollte nicht in seinem Hass gefangen sein.
Zurück im Schlafzimmer blieb sie unschlüssig stehen. Was sollte sie jetzt tun? Ob es die Etikette in diesem Haushalt zuließ, dass sie in ihr eigenes Schlafzimmer zurückkehrte? Vermutlich schon, weil der Hausherr sich ja bereits seiner ehelichen Rechte erfreut hatte. Schnell zog sie ihr Kleid an, legte den Schleier und die Tunika zusammen und schlüpfte aus dem Zimmer.
In den tiefen Schatten des Säulengangs entdeckte sie einen der weiß gekleideten Wachen. Aber der Mann hatte ihr den Rücken zugewandt, während Zigarettenrauch über seine Schulter stieg. Wie ein Schatten huschte Linda an ihm vorbei. Dankbar atmete sie auf, als sie ihr Schlafzimmer leer fand.
Sie zog das goldene Kleid aus und zog ein Nachthemd an. Dann schlüpfte sie in ihr kaltes Bett.
„Lieber Gott“, betete sie, „lass nicht zu, dass ich ein Kind bekomme.“
7. KAPITEL
Linda erwachte aus einem unruhigen Schlaf mit verwirrenden Träumen. Doch als Perveneh mit dem Frühstückstablett das Zimmer betrat, versuchte Linda, sich heiter zu geben.
Das junge Mädchen trat mit dem Tablett ans Bett. Ein forschender Ausdruck lag in seinen braunen Augen. Es schien verwirrt, dass Lady Linda sich nach ihrer Hochzeitsnacht wieder in ihrem eigenen Zimmer befand, statt an der Seite des Scheichs.
„Kaffee, lellah ?“ Das Mädchen hielt die silberne Kanne hoch.
„Bitte.“ Linda rückte die Kissen zurecht und lehnte sich dagegen. Die warme Morgensonne warf ihre Strahlen auf ihr zerzaustes Haar. Sie wusste, dass sie äußerlich noch genauso aussah wie zuvor, doch innerlich hatte sie sich verändert. Die unterschiedlichsten Gefühle jagten wirr durch ihren Kopf und ihren Körper. Sie war jetzt die Frau des Scheichs, die zu berühren er sich nun für immer verbat.
Während Linda ihren Kaffee trank, hob Perveneh das zerknitterte Kleid auf, in dem die lellah mit seiner Emi nenz verheiratet worden war. Der Schleier lag, zusammen mit der Tunika, in einem achtlos hingeworfenen Bündel da. Nur die blauen babouches hatte Linda sorgfältig auf den Stuhl vor der Frisierkommode abgestellt. Das
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