JULIA SOMMERLIEBE Band 21
Marisa ihrer Wut Luft. „Wir wissen es zu schätzen? Ich würde am liebsten meine Fäuste hineinschlagen. Gott, wie konntest du so etwas sagen? Wie konntest du nur so lügen?“
„Ich finde, es ist tatsächlich eine sehr gelungene Arbeit“, gab er ungerührt zurück. „Oder hätte ich ihm die hässliche Wahrheit sagen sollen?“
Marisa funkelte ihn an.
„Also, wie es dein Wunsch war, hast du nun die Hälfte einer Galerie in London“, sagte er.
„Und du hast mich.“
„Ist das so?“ Er blickte sie an. „Das wäre wohl noch zu beweisen. – Und jetzt solltest du deine Sachen packen, damit wir die Wohnung räumen können. Der Makler hat bereits Interessenten.“
„Oh.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich dachte, wir könnten das Apartment behalten. Als Zweitwohnsitz, wenn wir nach London kommen. Das … könnte doch ganz nützlich sein, oder?“
„Ich bin mir sicher, dass du in Zukunft etwas weniger beengte Wohnungen bevorzugen wirst.“
Das war’s dann also, dachte sie und spürte, wie sich Kälte in ihr ausbreitete. Er brach alle Brücken hinter ihr ab.
Schweigend fuhren sie zum Flughafen.
Erst am Schalter wandte Lorenzo sich ihr wieder zu. „Unser Flug ist bis Pisa gebucht. Aber wenn du magst, können wir einen Abstecher nach Rom machen und dort ein paar Tage in meinem Apartment verbringen“, schlug er vor.
Und ein paar Nächte, dachte Marisa bitter. Dort würde es wahrscheinlich keine getrennten Schlafzimmer geben und sie wäre ihm ausgeliefert.
Ungewollt durchzuckte sie die Erinnerung an den Kuss an diesem Morgen, von dem sie sich gewünscht hatte, er würde niemals enden. Ihr ganzer Körper hatte sich plötzlich nach Lorenzos Berührung gesehnt.
Unsinn. Ich war einfach übermüdet und hatte das Be dürfnis, mich anzulehnen.
Sie räusperte sich. „Dein Vater erwartet uns in der Toskana. Er wäre enttäuscht, wenn wir später kämen.“
„Du irrst dich, mia bella. Er hätte vollstes Verständnis dafür.“
Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen. „Ich mache mir aber Sorgen um ihn“, versetzte sie. „Schließlich war er sehr krank. Lass uns direkt zu ihm fahren.“
„Wie du willst“, erwiderte er tonlos.
Was will ich tatsächlich? Sie war verwirrt, verzweifelt. Ich weiß es nicht mehr. Noch nie war ich so unsicher.
Seit dem flüchtigen Kuss hatte er nicht ein Mal versucht, sie zu berühren – doch das würde sich heute Nacht ändern. Und mit einem Mal war ihre Kehle wie zugeschnürt.
Am Flughafen waren sie dann von Guillermos Chauffeur abgeholt worden, der Lorenzo einige Unterlagen überreicht hatte.
„Entschuldige, mia cara “, hatte Lorenzo gesagt, als hät ten sie den Flug nicht in endlosem Schweigen, sondern in freundlicher Konversation verbracht. „Das sind wichtige Briefe, die ich sofort durchsehen muss.“
Vielleicht ist etwas Wichtiges dabei und er muss schnell zu einer Geschäftsreise aufbrechen, hatte Marisa überlegt. Doch irgendwie hatte sie gewusst, dass diese Hoffnung unerfüllt bleiben würde.
Kurz darauf waren sie in der Villa Proserpina angekommen …
Und nun saß Marisa nervös in einem der gemütlichen Sessel im Wohnzimmer der Villa und hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
Wir hätten jetzt woanders sein können. Lorenzo hat es mir angeboten. Rom wäre die bessere Alternative gewe sen – egal, was ich gedacht habe. Aber nun ist es zu spät. Alles ist zu spät.
In diesem Moment wurde sie von Lorenzo aus ihren finsteren Grübeleien gerissen. Er nahm ihr die Kaffeetasse aus der Hand. „Willst du dich nicht einen Moment hinlegen, Marisa? Der Tag war anstrengend“, sagte er leise.
Sie nickte erleichtert und entschuldigte sich bei Guillermo und Signora Alesconi.
Wenig später streckte sie sich in dem riesigen Himmelbett in ihrem Schlafzimmer aus, dessen leichte, helle Vorhänge sich sanft im Wind bewegten.
Noch während sie dachte, viel zu aufgeregt zu sein, um sich entspannen zu können, glitt sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Nie zuvor war ich so nervös, schoss es Lorenzo durch den Kopf.
Er trocknete sein Gesicht ab, überprüfte, ob er gründlich genug rasiert war und nahm etwas Aftershave. Überrascht bemerkte er, dass seine Hände zitterten.
Wie ein Schuljunge vor dem ersten Rendezvous, dachte er. Aber schließlich war dieser Abend wichtig für ihn. Heute Nacht würde er Marisa endlich wirklich zu seiner Frau machen, und er wünschte sich so sehr, dass er die Leidenschaft
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