JULIA SOMMERLIEBE Band 21
seinem spöttischen Blick begegnete, errötete sie.
„Oh, wir machen Fortschritte, mia bella “, sagte er. „Wir haben nicht nur das Bett geteilt, sondern ich habe dich auch endlich geküsst.“ Damit drehte er sich um und ging hinaus. An der Tür wandte er sich noch einmal um. „Du warst das Warten wert, Maria Lisa“, sagte er leise.
Stumm stand sie da und sah ihm nach.
Sobald Lorenzo gegangen war, schloss Marisa die Tür ab und setzte sich auf den Rand der Badewanne.
Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er die Situation nicht ausnutzen würde. Vielmehr würde er sie zappeln lassen. Und deshalb musste sie ungestört sein und nachdenken.
Schon immer hatte sie geahnt, dass es gefährlich für sie war, ihm zu nahezukommen, und nun hatten sich ihre Befürchtungen bestätigt.
Sie musste sich eingestehen, dass er … unwiderstehlich war.
Natürlich war es albern, sich von einem Kuss aus der Bahn werfen zu lassen, der nur ein paar Sekunden gedauert hatte.
Ihr einziger Trost war, dass sie den Kuss nicht erwidert hatte. Aber Lorenzo war erfahren genug, um zu spüren, wie ihr Körper darauf reagiert hatte.
Entschlossen erhob sie sich, duschte und zog sich an. Ihr Haar strich sie streng zurück und steckte es mit einer silbernen Spange hoch.
Kühle Unnahbarkeit ist meine Antwort, dachte sie – obwohl natürlich vieles davon abhing, wie die Frage gestellt wurde.
Ein Gedanke, der ihr einen seltsamen Schauer durch den Körper jagte.
Sie straffte die Schultern und machte sich bereit, Lorenzo gegenüberzutreten.
Aber als sie aus dem Bad kam, war er verschwunden. Seine Decke und das Kissen lagen ordentlich zusammengefaltet auf dem Sofa, doch von ihm selbst fehlte jede Spur.
Hatte er seine Pläne geändert und war allein nach Italien zurückgekehrt? Die aufkeimende Hoffnung wurde jäh zerstört, als sie seine Reisetasche im Flur entdeckte. Aber vielleicht konnte sie selbst die Gelegenheit nutzen, um schnell ein paar Sachen zusammenzupacken und zu verschwinden, ehe er zurückkam.
In diesem Moment hörte sie den Schlüssel in der Wohnungstür, und Lorenzo trat ein, beladen mit zwei großen Tüten.
„Warst du einkaufen?“
„Allerdings. Ich fand den Inhalt deines Kühlschranks wenig ansprechend.“
„Aber alle Geschäfte sind noch geschlossen“, wandte sie ein.
„Jeder Ladenbesitzer freut sich, wenn er Geld verdienen kann. Das ist hier nicht anders als in Italien. Ich habe in dem kleinen Delikatessengeschäft an der Ecke Licht gesehen und geklopft. Und sie haben mich sehr freundlich bedient.“
Marisa fühlte, wie Wut in ihr aufstieg. „Natürlich. Wer könnte dem großen Lorenzo Santangeli und seinen Kreditkarten widerstehen?“
„Diese Frage“, erwiderte er betont höflich, „kann wohl niemand so gut beantworten wie du, carissima. “Innormalem Tonfall setzte er hinzu: „Lass uns frühstücken.“
Er zauberte duftendes Brot, Schinken, Käse und ein Paket frischen, würzigen Kaffees aus der Tüte, und sie ließen sich an dem kleinen Tisch in der Küche nieder.
Nie zuvor, musste sie widerwillig zugeben, hatte sie eine Mahlzeit mit ihm so genossen wie diese.
Doch Lorenzo mahnte zur Eile. „Es gibt noch einiges zu erledigen, ehe wir abreisen. Du musst deine Sachen packen. Und du musst in der Galerie Bescheid sagen, dass du nicht mehr kommen wirst.“
Marisa schluckte und nahm allen Mut zusammen. „Meine Sachen sind schnell gepackt.“ Den Großteil ihrer Aussteuer und Brautgeschenke hatte sie nach ihrer Rückkehr nach London verschenkt oder gespendet. Sie hatte vergessen wollen – und das hatte bei den Kleidern angefangen. Sie blickte Lorenzo an und straffte die Schultern. „Das Gespräch in der Galerie wird allerdings länger dauern. Es gibt da etwas, das ich gern erst mit dir besprechen möchte.“
„Wegen der Galerie?“
„Ich … ich möchte dich bitten, einen Anteil an der Galerie zu kaufen. Für mich.“
Schweigend musterte er sie. „Denkst du, ich werde deinem Liebhaber noch Geld in den Rachen werfen?“, entgegnete er kühl.
Entsetzt starrte sie ihn an. „Er ist nicht mein Liebhaber! Du solltest es am besten wissen, schließlich hast du mich beschatten lassen.“ Ernst erklärte sie ihm, dass Corins Frau nach der Scheidung mit in der Galerie arbeiten wollte. Sie war sich sicher, dass es Corin das Herz brechen würde, sich Tag für Tag von dieser Frau vorschreiben zu lassen, welche Kunst er ausstellen durfte. Und schließlich gab sie zu, dass die Galerie ihr selbst die
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