Julia Sommerliebe Band 22
für eine Weile auszublenden, was für ein schlimmes Schicksal ihn ereilt hatte, seine Art zu vergessen, was ihn jede Minute verfolgte.
Was auch immer seine Beweggründe waren, Gabby würde ihm so viel Trost spenden, wie sie ihm nur geben konnte.
Schließlich hob Rafik den Kopf, blieb aber dicht bei ihr. So nah, dass sie seinen warmen Atem im Gesicht spürte und die feinen Linien um seine Augen sehen konnte.
Mit halb geschlossenen Augen sah Gabby zu ihm auf. Sie zitterte und spürte, wie fiebrige Schauder seinen schlanken Körper durchliefen.
Als er eine Hand tief in ihr Haar schob und mit einem Finger sanft über ihre Wange strich, überfiel sie eine warme, lähmende Trägheit.
„Ich habe oft daran gedacht“, sagte er.
Gabby war wie betäubt von dem erstaunlichen Geständnis. „Warum hast du dann nichts gemacht?“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Mundwinkel zu küssen.
Rafik antwortete mit einem Seufzer und küsste sie so wild zurück, dass ihr ganz schwindlig wurde. „Du solltest meinen Bruder heiraten“, erinnerte er sie, nachdem er sie lange und intensiv geküsst hatte,
Gabby sah zu ihm auf. Wer hätte gedacht, dass es sich so gut anfühlte, gleichzeitig den eigenen Wünschen und den Bedürfnissen eines anderen Menschen nachzukommen?
„Und jetzt werde ich nicht mehr benötigt?“ Dank Hakim, dachte sie lächelnd.
„Doch, von mir.“
Rafik ignorierte seine innere Stimme, die ihm einredete, dass er einen großen Fehler beging. Jede Faser seines Körpers sagte ihm, dass er das Richtige tat, ja, dass er es tun musste . Er konnte genauso wenig damit aufhören, wie das Atmen einzustellen.
Sein Blick bewirkte, dass sich ihr erhitztes Blut im Zentrum ihrer Lust zu konzentrieren schien. „Also, wenn du mich jetzt benötigst“, sagte sie mit einer Kühnheit, die sie selbst überraschte, „… dann stehe ich zu deiner Verfügung.“
Er runzelte die Stirn. „Bietest du dich jetzt als Trostspenderin für einen todkranken Mann an? Tust du es nur aus Mitleid?“
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und sah ihn grimmig an. In ihren Augen standen Tränen. „Hör auf damit!“, sagte sie leise. „Ich habe nie einen lebendigeren Mann als dich gesehen, und außerdem ist das, was ich gerade tue, alles andere als selbstlos.“
Rafik sah sie prüfend an, und aus dem zufriedenen Ausdruck, der sich auf seinem Gesicht ausbreitete, schloss sie, dass ihm gefiel, was er sah.
Wie durch ein Wunder gelang es ihm, seine Leidenschaft im Zaum zu halten, obwohl die Anstrengung, die es ihn kostete, ihn erbeben ließ wie ein nervöses Rennpferd in den Startlöchern.
„Du weißt, dass ich dir keine Zukunft bieten kann?“ Er weigerte sich, darüber nachzudenken, wie es sonst gewesen wäre. „Das ist …“
„… nur Sex“, beendete Gabby seinen angefangenen Satz. Es war leichter, die Worte selbst auszusprechen, als sie von ihm hören zu müssen.
Trotzdem hatte ihr die sachliche, fast schon klinische Feststellung so sehr die Kehle zugeschnürt, dass sie kaum noch sprechen konnte.
„Glaubst du, eine Frau kann keinen unkomplizierten Sex wollen?“, fragte sie und dachte dabei, dass sie es nicht könnte. Doch das brauchte er nicht zu wissen.
Ihre Äußerung hätte ihn beruhigen müssen, aber er sah trotzdem unzufrieden aus. Ob er ihre Lüge durchschaute?
„Ich hatte ausschließlich Beziehungen mit Frauen, die unkomplizierten Sex wollten.“ Und das war genau das gewesen, was auch er gebraucht hatte. Aber jetzt wollte er mehr, und er hatte kein Recht, es zu fordern. Er hatte keine Zukunft. Wenn Gabby also nur schnellen Sex wollte, so sollte es an ihm nicht liegen – außerdem fehlte ihm die Kraft, ihr zu widerstehen.
Sein Geständnis versetzte ihr einen Stich. Eifersucht stieg in ihr auf. „Dann bin ich wohl nicht anders als die anderen Frauen.“ Nur weniger elegant, weniger hübsch, weniger sexuell erfahren, dachte sie. Die Liste der Eigenschaften, die sie nicht hatte und welche seine Exfreundinnen zweifelsohne besaßen, war entmutigend lang.
Rafik antwortete, ohne darüber nachzudenken. „Du bist anders.“ Und das Gleiche galt für ihn – er war nicht mehr der Mann, der eine pflegeleichte Geliebte wollte, die keine weiteren Ansprüche als unverbindlichen Sex stellte.
„Mir war von Anfang an klar, dass du irgendwann begreifst, dass ich mich nicht zur Königin eigne.“
Er blinzelte verblüfft über ihre Auslegung seiner Äußerung, die eher als Kompliment gemeint war.
„Aber solange
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