Julia Sommerliebe Band 22
ein und warf ihr dabei einen glühenden Blick zu, der so intensiv war, dass sie sich wehrlos und entblößt fühlte und zu zittern begann.
„Was ich brauche …?“, sagte er und lachte so bitter, dass sich ihr Herz in der Brust zusammenkrampfte.
Wut stieg in ihr auf. Beklommen legte sie sich die Hand auf die Brust, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Was er brauchte, war das Leben, und es wurde ihm verweigert. Bleischwer lastete der Kummer darüber auf ihr. Es gab nichts, was sie hätte sagen können, was nicht abgegriffen und unangemessen geklungen hätte. „Es tut mir leid.“
Rafik sah ihr ins Gesicht, und ein zärtliches Gefühl bewirkte, dass sein Herz sich zusammenzog. Noch nie hatte eine Frau ihn so sehr berührt. „Mir auch. Entschuldigen Sie bitte, dass ich nicht einen Herzschlag lang daran gedacht habe … nicht einen Herzschlag lang …“ Er hielt inne, führte seine Hand, die noch von ihrer gehalten wurde, an seine Brust und presste sie an sein Herz.
Gabby, deren Hand unter seiner gefangen war, spürte die Wärme seines Körpers und das regelmäßige Schlagen seines Herzens.
Oh Gott, ich liebe ihn! Das qualvolle Bekenntnis drang ihr aus tiefster Seele.
„Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Bruder sich derartig ehrlos verhalten würde. Er hat mir übrigens eine Nachricht hinterlassen“, sagte er wütend und hob seine andere Hand, um ihr Gesicht damit zu umfassen.
Ein unbeteiligter Beobachter würde uns für Liebende halten, dachte Gabby, und ein Schauer lief ihr den Rücken herunter.
„Was hat Hakim geschrieben?“ Sollte sie Rafik sagen, warum sein Bruder abgereist war? Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihr Versprechen versehentlich gebrochen hatte.
Doch selbst wenn es ihr Gewissen erleichtert hätte, sich auszusprechen, so würde es Rafik nicht besser gehen, wenn er wusste, warum sein Bruder nach Paris geflogen war.
Jedes Mal, wenn Gabby an den jüngeren Prinzen und sein feiges Verhalten dachte, stieg Wut in ihr auf. Sie war nicht bereit, sein Verhalten zu entschuldigen, zumal es ihr so vorkam, als hätte man schon viel zu lange zu viel Nachsicht mit ihm gehabt.
Gabby war der Ansicht, dass es einige Prüfungen im Leben eines jeden Menschen gab. Dies war Hakims wichtigste Prüfung, und er war durchgefallen.
Wenn er hier gewesen wäre, hätte sie ihm in aller Deutlichkeit gesagt, was sie von ihm hielt. Natürlich tat es höllisch weh zu wissen, dass jemand, den man liebte, schreckliche Qualen litt, vor allem, wenn es keine Möglichkeit gab, ihm zu helfen. Aber das Mindeste, was man in so einem Fall tun konnte, war, die eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen. Später hatte man noch genug Zeit, sich seinem eigenen Schmerz hinzugeben. Viel zu viel Zeit, dachte sie traurig.
In diesem Moment wurde alles außer Rafik unwichtig. Jeder andere Gedanke war wie ausgelöscht. Der frische Duft seiner Haut, seine Kraft und die Wärme, die von seinem schlanken, muskulösen Körper ausging, das war alles, was sie jetzt noch wahrnahm.
„Die Leute reden sich mit der Liebe heraus – als ob die alles rechtfertigen könnte!“
Gabby erschrak. Konnte er etwa Gedanken lesen?
Dann fuhr er mit verbittertem Lächeln fort: „Mein Bruder ist offenbar verliebt.“ Rafik nahm die Hand von ihrer Wange und fügte hinzu: „Dabei kennt er nicht einmal die Bedeutung des Wortes.“
Sein Blick streifte ihr Gesicht, bevor er sich abwandte und schnaubend den Atem ausstieß. „Er schreibt, dass er eine Frau heiratet. Eine geschiedene Frau. Ich habe anscheinend irgendetwas gesagt, was ihn dazu bewogen hat. Er war noch nie in der Lage, selbst Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen.“ Rafik machte eine ablehnende Geste und zuckte dann mit den Schultern. „Sicherlich bekommen sie strohdumme Kinder!“
„Er heiratet?“, rief Gabby. „Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.“ Sie fragte sich, ob es wirklich eine Frau gab oder ob Hakim sie erfunden hatte, um seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
Rafik sah sie mit gesenktem Kopf dasitzen und vermied es, die Gefühle zu deuten, die ihn bei ihrem Anblick überkamen. „Mein Bruder ist ein Dummkopf …“, sagte er, und dachte dabei: Er hätte Gabby haben können. Was ist er bloß für ein Idiot.
„Sie ärgern sich doch nur, weil sich all Ihre schönen Pläne in Rauch aufgelöst haben“, sagte Gabby.
„Glauben Sie ernsthaft, meine Pläne würden mir Kopfzerbrechen machen?“ Er schien ehrlich erstaunt über Gabbys
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