Julia Sommerliebe Band 22
während er in die Limousine einstieg. „Sie behandeln mich wie einen Prominenten. Fast hätte ich Lust, hierzubleiben und das ein bisschen auszunutzen.“
„Wenn du Pech hast, überlegen sie es sich womöglich anders und werfen dich wieder ins Gefängnis.“
Lachend tätschelte Paul seiner Schwester die Hand. „Du machst dir immer solche Sorgen.“
Am Flughafen ging die bevorzugte Behandlung weiter. In einer Privatlounge wurden ihnen Erfrischungen gereicht.
Als der Flug aufgerufen wurde und Paul nirgendwo zu finden war, geriet Gabby in Panik, doch kurz bevor sie einen Nervenzusammenbruch erlitt, tauchte er zufrieden lächelnd wieder auf. „Wo warst du? Dein Flug ist schon aufgerufen worden!“
„Ich fliege first class“, sagte er, als sie ihn aus der Lounge schob. „Glaubst du mir jetzt?“
Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Du bist unverbesserlich. Bitte, versprich mir eines: Sprich nicht mit irgendwelchen sonderbaren Frauen.“
„Den Frauen habe ich abgeschworen.“
„Das höre ich nicht zum ersten Mal“, murmelte Gabby und beobachtete, wie Paul durch die Sicherheitskontrolle ging.
Als sie sah, wie sein Flieger abhob, fühlte sie sich ungeheuer erleichtert. Ihr Bruder war in Sicherheit. Sie hatte erreicht, weswegen sie hergekommen war. Allerdings würde sie einen hohen Preis dafür bezahlen müssen.
Außerhalb des klimatisierten Flughafengebäudes schlug Gabby glühende Hitze entgegen. Weil der Wagen, der sie hergebracht hatte, nirgendwo zu sehen war, fragte sie sich, was sie tun sollte, doch dann näherte sich ihr eine lange, schwarze Limousine mit getönten Scheiben.
Eine der hinteren Türen öffnete sich.
„Steigen Sie ein“, hörte sie eine gebieterische Stimme sagen.
Gabby kniff die Lippen zusammen. Zu gern hätte sie sich der Aufforderung widersetzt, aber sie hatte keine Wahl. „Ist das eine Einladung oder ein Befehl?“
„Ganz gleich, Hauptsache, Sie steigen ein!“
Schnaubend nahm Gabby auf dem Rücksitz Platz. Sie strich sich den Rock zurecht und schlug die Beine übereinander, doch sie wusste, dass sie das Unabwendbare nicht ewig hinauszögern konnte. Irgendwann würde sie Rafik ansehen müssen.
„Wie war das Treffen mit Ihrem Bruder? Geht es ihm gut?“
Als ob ihn das ernsthaft interessieren würde! Wütend drehte Gabby sich um und vergaß auf der Stelle, was sie hatte erwidern wollen.
Heute trug Rafik zu dem traditionellen weißen Gewand ein weißes Kopftuch, welches mit einem goldenen gewebten Band umwunden war. Bis auf die schon verheilende Wunde an seiner Stirn war sein Gesicht makellos.
Die traditionelle Kopfbedeckung betonte seine hohen Wangenknochen und sein ebenmäßiges Gesicht. Vor allem die Sinnlichkeit seines Mundes, von dem Gabby die Augen nicht abwenden konnte. Ein Mann mit solchen Lippen musste sehr gut küssen können – und so war es ja auch gewesen.
Kurz darauf traf ihr versonnen umherirrender Blick auf seinen.
Rafik hob fragend eine Augenbraue, und sie errötete beschämt.
Sie kniff den Mund zusammen und antwortete kühl: „In Anbetracht dessen, was er durchzustehen hatte, geht es ihm erstaunlich gut.“
„Haben Sie ihm die Situation erklärt?“
„Meinen Sie den Umstand, dass ich ihm die Freiheit erkauft habe, indem ich meine aufgegeben habe? Nein, so seltsam das klingt, ich habe es ihm nicht gesagt. Das Ganze mag Ihnen wie ein geschäftliches Abkommen erscheinen, aber für die meisten anderen Menschen sieht es wohl eher nach Erpressung aus. Und so fühlt es sich übrigens auch an.“
Warum erzählst du ihm das? Er interessiert sich nicht im Geringsten dafür, wie es dir geht.
Anstatt ihren Wortschwall zu unterbrechen oder mit einer Ermahnung darauf zu antworten, sagte Rafik kein Wort. Aber sie konnte seinen Blick spüren, obwohl sie sich weggedreht hatte und aus dem Fenster sah. Schließlich hielt sie es nicht länger aus und wandte sich ihm wieder zu.
Rafik sah sie finster an.
Sie hob die Hände wie jemand, der seine Unschuld beteuerte. „Was? So ist es doch! Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie mich nicht erpresst haben?“
„Was haben Sie mit sich gemacht?“
Die offenbar vollkommen zusammenhanglose Anschuldigung verwirrte sie. „Wovon sprechen Sie? Ich habe gar nichts gemacht!“
Er hob eine Hand und machte eine Bewegung über seinem Kopf. „Ihr Haar … Ihr Gesicht …“
„Das war nicht ich, das war Ihr Killerkommando! Gefällt es Ihnen nicht?“
„Nein, es gefällt mir absolut nicht.“
„Wie unhöflich von Ihnen,
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