Julia Sommerliebe Band 23
herum. „Sind Sie Leandro Filametti?“
„Ja.“
Er sprach dieses einzige Wort so barsch aus, dass sie das Haus am liebsten direkt wieder verlassen hätte. Stattdessen hob sie stolz den Kopf und streckte ihm die rechte Hand entgegen. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“
Einige Sekunden lang betrachtete Leandro Filametti ihre Hand schweigend, dann schüttelte er sie kurz und mit festem Druck. Sofort wandte er sich wieder ab und ging einen schmalen Flur hinunter.
Offenbar erwartete er, dass Zoe ihm folgte, und das tat sie auch – obwohl ihr seine Art, mit ihr umzugehen, überhaupt nicht gefiel. Kritisch ließ sie den Blick über die Wände und Möbel gleiten, an denen sie vorbeigingen. Überall blätterte die Farbe ab, beinahe jedes Möbelstück hatte Macken und Kratzer. Keine Frage: Hier gab es einiges zu tun. Viel mehr, als sie allein schaffen konnte.
Schließlich führte Leandro sie in eine riesige alte Küche und blieb dort stehen. Schockiert und gleichzeitig fasziniert betrachtete Zoe die rußigen Wände und den zerkratzten Eichentisch. Neben der Spüle hatte jemand Geschirr zum Abtropfen hingestellt: Der einzelne Teller und das Glas wirkten absurd und verloren in einem Raum, in dem man früher offenbar Mahlzeiten für mindestens zwanzig Leute zubereitet hatte.
„Hier können Sie schon mal anfangen“, sagte Leandro Filametti.
„Anfangen …?“ Fassungslos blickte Zoe sich um. Wo denn? Und womit? Es gab hier weder einen Besen noch einen Lappen.
Außerdem hatte sie keine Ahnung, wie sie gegen den ganzen Schmutz ankommen sollte, der sich hier im Laufe der Jahrzehnte angesammelt hatte. Was beseitigte man da wohl zuerst? Die Spinnweben oder den Mäusedreck?
„Genau, anfangen“, wiederholte Leandro ungeduldig. „Ich habe Sie als Haushälterin eingestellt. Und Sie wissen doch, was das bedeutet, oder?“
„Natürlich“, gab Zoe spitz zurück. „Aber mein Koffer steht immer noch unten vor dem Hauseingang. Außerdem bin ich seit gestern Abend unterwegs und hatte noch nicht die Gelegenheit, mir das Gesicht zu waschen oder ein Glas Wasser zu trinken.“ Bloß Orangensaft fügte sie in Gedanken hinzu.
Leandro zeigte sich ungerührt. „Wenn Sie sich kurz frisch machen möchten, bevor Sie die Küche putzen, nur zu“, bemerkte er mit einem Anflug von Ironie.
„Zeigen Sie mir noch mein Zimmer?“
„Suchen Sie sich einfach irgendeins im obersten Stockwerk aus“, sagte er. „Auf diese Weise lernen Sie schon mal das Haus kennen, um das Sie sich ja schließlich kümmern werden.“ Er wandte sich um und ließ Zoe einfach in der Küche stehen. Sie war sprachlos.
Unruhig ging Leandro in seinem Arbeitszimmer auf und ab und fuhr sich durchs Haar. So hatte er sich seine neue Haushälterin wirklich nicht vorgestellt!
Allerdings hätte er nicht sagen können, was er stattdessen erwartet hatte. Bei der Auswahl war es ihm in erster Linie wichtig gewesen, dass sie sich weder in der italienischen High Society auskannte, noch etwas über seine Familie wusste. Kurz: Er hatte sich eine Angestellte gewünscht, der er völlig unbefangen gegenübertreten konnte.
Aber als er Zoe Clark ins Haus gelassen hatte, war er alles andere als unbefangen gewesen, im Gegenteil. Sie erinnerte ihn gefährlich an die vielen anderen Frauen aus seiner Vergangenheit … und der seines Vaters.
Zoe Clark wirkte genauso oberflächlich, flatterhaft und skrupellos.
Wie sie schon da gestanden hatte, mit ihrem engen Top und den viel zu kurzen Shorts, die ihre langen, schlanken, braun gebrannten Beine weitestgehend unbedeckt ließen! Ihr seidiges, stufig geschnittenes dunkles Haar umspielte ihr Gesicht in sanften Wellen, ihre mandelförmigen Augen hatten einen warmen Bernsteinton und waren von langen, dichten Wimpern eingerahmt.
Alles an dieser Frau wirkte so unheimlich erotisch … das wissende, herausfordernde Lächeln … das Funkeln in den Augen … Zoe Clark war sich ihrer Sinnlichkeit durchaus bewusst, das war ihm klar. Er kannte solche Frauen nur zu gut. Sie nutzten ihre weiblichen Reize gnadenlos aus, um ihre Ziele zu erreichen, und immer wieder war sein Vater darauf hereingefallen. Dafür hasste er sie alle miteinander.
Er war zum Glück gegen solche Reize immun, da war er sich sicher.
Und trotzdem … so sehr ihn diese Frau auch abstieß, er fühlte sich gleichzeitig auf eine ganz ursprüngliche Weise zu ihr hingezogen. Sie war eben unheimlich sexy, und er schließlich auch nur ein Mann.
Aber das hieß noch lange nicht, dass
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