Julia Sommerliebe Band 23
„Versuch, wieder einzuschlafen, cara. Ich bin an durchwachte Nächte gewöhnt. Das bringt mein Beruf eben nun einmal mit sich.“
Nach einer Weile hörte er, wie ihr Atem tief und gleichmäßig wurde, doch er hielt Claire in den Armen. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust, sein linker Arm wurde allmählich taub unter dem Druck ihres Körpers. Aber er rührte sich nicht. Er blieb einfach liegen, starrte an die Decke, spielte mit ihren Haaren und fühlte sich, als ob ein schweres Gewicht auf seinem Herzen lastete.
Bestimmt würde es nicht lange dauern, bis sie merkte, dass er nie ernsthaft beabsichtigt hatte, Anzeige gegen Isaac zu erstatten. Sobald ihr klar wurde, dass es keinen zwingenden Grund mehr für sie gab, als Ehefrau an seiner Seite zu bleiben, musste er sich etwas anderes einfallen lassen, um sie an sich zu fesseln. Nicht wegen des Testaments seines Vaters. Nicht einmal wegen des Geldes, das sie von seiner Mutter angenommen hatte. Sondern weil er jeden Morgen so wie jetzt aufwachen wollte: ihren weichen warmen Körper in den Armen haltend.
Enttäuschung stieg in Claire auf, als sie aufwachte und allein in Antonios Bett lag. Dabei wusste sie selbst nicht, was sie eigentlich erwartet hatte. Frühstück im Bett mit Liebesschwüren und roten Rosen? So etwas passiert nur in einer Traumwelt, nicht in Wirklichkeit.
Sie warf die Decke zurück, sprang auf und verzog das Gesicht, weil ihre Muskeln gegen die spontane Bewegung protestierten. Doch es war auch ein erhebendes Gefühl, daran erinnert zu werden, wie leidenschaftlich sie und Antonio sich geliebt hatten.
Wir haben uns nicht geliebt, sondern wir hatten Sex miteinander, korrigierte sie sich. Mit Liebe hatte das nichts zu tun – zumindest nicht für Antonio. Es handelte sich nur um körperliche Anziehung, die ganz spontan wieder aufgeflackert war.
Claire ging ins Badezimmer, drehte die Dusche auf und wartete auf warmes Wasser. Währenddessen fragte sie sich, warum er sich plötzlich wieder zu ihr hingezogen fühlte. Er hatte sich nicht bei ihr gemeldet, bis ihm die Scheidungspapiere präsentiert worden waren. Und indem sie zu ihm zurückgekehrt war, hatte sie die Chance auf eine rasche reibungslose Auflösung ihrer Ehe vertan.
Diese Versöhnung drehte sich nicht um eine Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern handelte von einem sehr reichen Mann, der fürchtete, sein Erbe mit ihr teilen zu müssen. Er konnte Claire unendlich lange hinhalten.
Wie leicht er sie für sich gewinnen konnte, hatte sie ihm bereits gezeigt. Sie schauderte bei dem Gedanken, wie ungehemmt sie in der letzten Nacht auf ihn reagiert hatte. Nicht einmal vierundzwanzig Stunden in seiner Gesellschaft hatte sie überstehen, ohne ihrem Verlangen nach ihm nachgeben zu müssen. Welche Genugtuung musste ihm ihre rasche Kapitulation bereiten! Womöglich war sie bereits schwanger und musste die Qualen noch einmal durchstehen – durch ein Kind an ihn gebunden, ohne zu wissen, ob er sie um ihretwegen oder nur um eines Erben willen begehrte.
Nachdem sie sich geduscht und angezogen hatte, entdeckte sie eine Nachricht von ihm neben dem Teekessel. Darin teilte er ihr mit, dass er wichtige Termine in einer Universitätsklinik wahrnehmen musste und sich mit ihr zu einem späten Dinner gegen acht oder halb neun treffen wollte. Die Notiz enthielt kein einziges Wort der Zuneigung, keine Liebeserklärung oder sehnsüchtige Gedanken, einfach nichts, an das sie ihre Hoffnung hätte hängen können. Sie zerknüllte den Zettel, warf ihn in den Mülleimer und ärgerte sich – über sich selbst, weil sie sich etwas wünschte und erhoffte, was sie nicht haben konnte.
Einige Minuten später in der Tiefgarage hängte Claire sich die Handtasche über eine Schulter und starrte den Parkwächter verwirrt an. „Was soll das heißen, dass es mein Auto ist?“
Lächelnd reichte er ihr einen silbernen Schlüsselbund. „So ist es, Mrs Marcolini. Ihr Mann hat den Wagen gestern Abend liefern lassen. Wenn Sie möchten, dass ich die technischen Details mit Ihnen durchgehe, erkläre ich Ihnen sehr gern …“
Sie nahm ihm die Schlüssel aus der Hand. „Das wird nicht nötig sein. Ein Auto ist ein Auto. Ich bin überzeugt, dass ich selbst herausfinden kann, wo sich Gas und Bremse befinden.“
„Ja, aber …“
Sie warf dem jungen Mann einen bezwingenden Blick zu und setzte sich hinter das Lenkrad. Dann nahm sie sich einen Moment Zeit, um sich zu orientieren. Der Neuwagengeruch wirkte ein wenig einschüchternd, ganz zu
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