Julia Sommerliebe Band 24
meisten Leute im Moment keine Priorität. Selbst Milliardäre sind in diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten vorsichtig, und es könnte Monate dauern, bis ein Käufer ein Angebot macht.“
Panik machte sich in Louise breit. Ihre Mutter hatte keine Monate.
Dimitri betrachtete Louise abschätzend, seine Neugier war geweckt, als alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Sie schützte Selbstbewusstsein vor, aber er spürte ihre Verwundbarkeit, die ihn an die junge Frau erinnerte, die er vor sieben Jahren gekannt hatte.
Sie studierte im ersten Semester an der Uni, hatte gerade ihre ersten Schritte hinaus in die Welt gemacht und sprudelte über vor Enthusiasmus und Lebensfreude. Ihre Leidenschaft, insbesondere für die Kunst, hatte ihn in den Bann gezogen. Obwohl gerade mal in den Zwanzigern, war er bereits übersättigt gewesen von der Menge kultivierter, etablierter Damen, die bereitwillig in sein Bett kamen. Er fand es ermüdend. Doch Loulou, die er in diesem Frühling auf Eirenne angetroffen hatte, war anders gewesen als jede Frau, der er bis dahin begegnet war.
Ihre für ihn unerwartete Reife hatte ihn fasziniert, und sie hatten sich stundenlang unterhalten. Kein zielloser Small Talk, wirklich interessante Gespräche. Wie die Tage so verstrichen waren, hatte er erkannt, dass er ihre Freundschaft und Ehrlichkeit ebenso schätzte, wie ihre Schönheit ihn betörte. Denn diese Schönheit kam von innen.
Er hatte geglaubt, etwas Besonderes gefunden zu haben – jemand Besonderen. Aber das war ein Irrtum gewesen.
Dimitri schüttelte sein leichtes Bedauern ab, als auch er die Tür zu seinen Erinnerungen zuschlug.
„Da steckt doch mehr dahinter. Warum willst du die Insel unter Wert verkaufen?“
Als sie keine Antwort gab, zuckte er mit den Schultern. „Danke für das Angebot, aber ich bin an Eirenne nicht mehr interessiert. Da lauern zu viele Erinnerungen, die ich lieber vergessen möchte.“
Legte er es darauf an, sie zu verletzen? Natürlich könnte er sich auf die Affäre seines Vaters mit ihrer Mutter beziehen. Kostas hatte Dimitris Mutter verlassen, um mit Tina auf Eirenne zu leben. Aber irgendwie wusste sie, dass er über andere, persönlichere Erinnerungen gesprochen hatte – über die wenigen wundervollen Tage, die sie zusammen verbracht hatten, und über diese eine unglaubliche Nacht.
Dimitri warf einen Blick auf seine Uhr. „Deine drei Minuten sind um. Einer meiner Sicherheitsleute wird dich vom Gelände begleiten.“
„Nein … Warte!“ Geschockt von seiner abrupten Verabschiedung stürzte Louise vor und streckte eine Hand aus, wollte ihn daran hindern, nach dem Telefonhörer zu greifen. Dabei berührten ihre Finger seine, der kurze Kontakt war wie ein Elektroschock. Louise keuchte auf und zog eilig ihre Hand zurück.
Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Wenn Dimitri Eirenne nicht kaufen wollte, könnte sie die Insel zu demselben Unterwertpreis auf den Markt bringen, den sie ihm genannt hatte. Aber auch das war keine Garantie für einen schnellen Verkauf, und für Tina wurde die Zeit knapp.
Sie sah noch das ausgezehrte Gesicht ihrer Mutter vor sich, als sie diese das letzte Mal besucht hatte. Der leuchtende Lippenstift, den Tina immer noch jeden Tag mit der Hilfe einer Krankenschwester auftrug, hatte wie ein greller Schlitz auf ihrer grauen Haut gewirkt.
„Ich habe Angst, Loulou“, hatte Tina gewispert, als Louise sie geküsst hatte, an dem Tag, bevor sie nach Griechenland geflogen war.
„Alles wird gut werden – das verspreche ich dir.“
Und dieses Versprechen werde ich halten, schwor sich Louise. Irgendwie musste sie genug Geld aufbringen, damit Tina diese Behandlung in den USA bekommen konnte. Und die beste Chance dafür bestand darin, Dimitri davon zu überzeugen, die Insel zurückzukaufen. Tief in ihrem Herzen glaubte sie, dass sie ohnehin ihm gehörte.
Darum hatte sie ihm Eirenne unter Wert angeboten. Sie fühlte sich zerrissen zwischen dem Wunsch, ihrer Mutter zu helfen, und Dimitri gegenüber fair zu bleiben. Die Summe, die sie ihm genannt hatte, würden Tinas Behandlungskosten in der Spezialklinik in Massachusetts decken, und Tina genug übrig lassen, um nach ihrer Genesung davon zu leben.
Louise musste einfach daran glauben, dass es gut ausgehen würde. Sie weigerte sich, an die Möglichkeit zu denken, dass Tina nicht überleben könnte. Aber Dimitris Erklärung, er sei an der Insel nicht länger interessiert, war ein harter Dämpfer für ihre Hoffnungen.
2. KAPITEL
„Ich habe
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