Julia Sommerliebe Band 24
Mischung aus Verzweiflung und Ärger. Warum war dieses Thema bloß so schwierig für sie? Befürchtete sie, dass ihr Vater sie ein zweites Mal ablehnte?
Sie schien drauf und dran zu sein, etwas zu sagen. Doch dann schüttelte sie nur den Kopf und ging zur Tür.
„Hier geht es nicht darum, dass ich dir nichts von dem Ultimatum erzählt habe“, sagte Malik. Er widerstand der Versuchung, Avery zu überholen und ihr den Weg zu versperren. „Es geht um dich . Du suchst schon wieder nach einem Grund, um weglaufen zu können. Du erwartest, dass unsere Liebe zerbricht. So, wie deine Mutter es sicher auch von der Beziehung zu deinem Vater erwartet hat. Willst du tatsächlich wie sie sein und alles zwischen uns vernichten?“ Sag, dass du es nicht willst. Bleib stehen und sag es!
Doch Avery ging weiter. Malik spürte ein Ziehen in seinem Herzen. Er wusste, dass dieser Schmerz nicht vergehen würde. „Ich werde morgen da sein, um dich zu heiraten“, sagte er. „Das ist es, was ich will. Ich glaube an uns, trotz allem. Die Frage ist nur: Glaubst auch du an uns, Habibti?“
Sie hielt inne und holte tief Luft. Dann ging sie weiter und verließ den Saal, ohne sich noch einmal umzudrehen.
9. KAPITEL
In dieser Nacht konnte Avery nicht schlafen. Sie saß mit bloßen Füßen und offenen Haaren im Wassergarten, sah die Sonne untergehen und Stunden später wieder aufgehen.
Niemand würde auf die Idee kommen, sie hier zu suchen – niemand außer Malik, und der tat es nicht. Ich werde morgen da sein, um dich zu heiraten … Wie konnte sie sich darauf einlassen, wenn sie wusste, dass er unbedingt heiraten musste? Jetzt war klar, warum er es mit der Verlobung so eilig hatte, wusste Avery plötzlich. Nicht, weil er sie liebte, sondern wegen des Testaments.
Avery blickte zum Palast hinüber. Drinnen brannte schon Licht. Das Personal traf die letzten Vorbereitungen für die Hochzeit des Kronprinzen mit Miss Avery Scott. Miss Scott, die erzogen wurde im Glauben, dass eine Frau ohne Mann stärker, sicherer und glücklicher ist. Dass die einzigen Versprechen, denen eine Frau glauben darf, jene sind, die sie sich selbst gibt.
Malik war unehrlich, überlegte sie. Andererseits … War ich es nicht auch?
Das Handy piepte. Avery fand eine Nachricht von ihrer Mutter. Eine Textnachricht. Gesprochen hatten sie schon seit Monaten nicht mehr miteinander.
„Gerüchten zufolge willst du heiraten“, las sie. „Mach keine Dummheiten.“
Tränen stiegen ihr in die Augen. Die Botschaft ihrer Mutter kam wie aufs Stichwort. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, warf Avery sich vor. Ich werde diesen Schmerz nicht noch einmal durchmachen.
Lange starrte sie auf die Zeile ihrer Mutter. Dann schlüpfte sie in ihre Schuhe. Mutter hat recht. Es ist wichtig, jetzt keine Dummheiten zu machen.
Malik saß auf dem Balkon, der an sein Schlafzimmer grenzte. Er schien der einzige Mensch im Palast zu sein, der von der allgemeinen Aufregung nicht angesteckt war. Weil er genau wie ich weiß, dass die Hochzeit vielleicht ausfällt, dachte Avery.
Er warf einen Blick auf ihre Jeans und das Freizeithemd. Sein sinnlicher Mund wirkte plötzlich hart. „Du hast dich also entschieden. Danke, dass du es mir nicht erst mitteilst, wenn ich vor ungefähr eintausend Gästen stehe.“
„Ich bin nicht wegen der Hochzeit hier. Auch nicht wegen uns, Malik. Es geht um mich . Ich muss dir etwas sagen.“ Sie registrierte die Schatten unter seinen Augen. „Du hast wohl auch nicht geschlafen?“
„Überrascht dich das?“, fragte er kühl zurück. „Sag einfach, was du zu sagen hast, Avery.“
Er klang wenig einladend, doch sie zwang sich, die Worte auszusprechen: „Ich will dir von meinem Vater erzählen. Das hätte ich schon früher tun sollen, aber ich habe noch nie über ihn geredet.“ Es fühlte sich grässlich an, doch Malik hatte sich schon aufrecht hingesetzt und lauschte aufmerksam. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück.
„Was ist mit deinem Vater?“, wollte er wissen.
Sie hörte das leise Plätschern des Brunnens, der den Mittelpunkt des Innenhofes unter ihnen bildete. „Er ist nicht von zu Hause ausgezogen. Er hat mich auch nicht verlassen. In der Schule habe ich erzählt, dass er ein wichtiger Manager ist, der ständig Geschäftsreisen machen muss. Das stimmte nicht.“
Avery hatte das Gefühl, endlich das Gewirr aus Lügen aufzulösen, bis schließlich die Wahrheit durchschimmerte. „Ich habe nicht deshalb Angst vor dem Heiraten, weil die Ehe meiner
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