Julia Sommerliebe Band 24
„Schon eine Woche würde reichen.“
„Leider geht das nicht, Eure Hoheit. Ihr wisst doch, die Umstände erlauben uns keine Flexibilität.“
Er wusste es tatsächlich, schließlich lebte er seit einem Jahrzehnt mit diesen ‚sogenannten‘ Umständen. Er wusste auch, wie Avery reagieren würde, wenn sie von dem Termin und seinen Folgen erfuhr.
Plötzlich wurde die Tür zum Ratssaal aufgestoßen. Avery stand mit blitzenden Augen auf der Schwelle. Malik spürte den stummen Vorwurf, der von ihr ausging.
Jemand hat es ihr erzählt, dachte er und stand auf. Das war es dann wohl. Vielleicht, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten … Wenn ihr Vertrauen in mich gefestigt gewesen wäre … „Lasst uns allein“, sagte er.
Die Ratsmitglieder erhoben sich und verließen den Saal. Malik erkannte, dass die Männer ungehalten waren. Für sie kam die Pflichterfüllung stets an erster Stelle. Doch das kümmerte Malik nicht. Das Einzige, was jetzt für ihn zählte, war seine Verlobte.
Averys Absätze klickten auf dem Marmorboden, als sie auf Malik zusteuerte. Sie verlässt mich. Ein kleiner Teil von mir hat es die ganze Zeit befürchtet. Sie will weder meine Geliebte noch meine Prinzessin sein. Das nennt man wohl Ironie des Schicksals, denn diese Frau, die mein Leben vom ersten Tag an auf den Kopf gestellt hat, bewegt sich mit der Selbstsicherheit einer Königin.
Sobald sich die Tür hinter dem letzten Ratsmitglied geschlossen hatte, ergriff Avery das Wort: „Ich war gerade dabei, das Kinderfest zu planen. Da hatte ich ein sehr aufschlussreiches Gespräch mit jemandem vom Palastpersonal. Wolltest du es mir eigentlich sagen?“
Er vergeudete keine Zeit damit, den Ahnungslosen zu spielen. „Ich habe befürchtet, dass du die Fakten falsch interpretierst.“
„Das ist keine Antwort. Hattest du vor, es mir zu sagen?“
„Ich hoffte, es würde nicht nötig sein.“
„Aha. Dann wäre es für dich also in Ordnung gewesen, wenn ich es nicht herausgefunden hätte?“
„Ja, denn es hat nichts mit meinen Gefühlen für dich zu tun, Avery.“
„Aber so ziemlich alles mit unserer Hochzeit, oder?“, stieß sie mit gepresster Stimme hervor. „Du wolltest, dass ich dir vertraue. Das habe ich auch getan, zum ersten Mal in meinem Leben.“
„Hör mir bitte …“
„So viel hast du mir über dich erzählt“, unterbrach sie ihn. „Nur nicht das Wichtigste. Dass du nämlich heiraten musst , und zwar bis zum Monatsende. Außer mir scheint es jeder hier zu wissen.“ Sie lachte bitter. „Wenn meine Zweifel hochgekommen sind, habe ich mir gesagt: Er liebt dich. So sehr, dass er die Hochzeit kaum abwarten kann.“
„Das stimmt ja auch. Ich liebe dich, und deshalb will ich dich so schnell wie möglich heiraten.“
„Aber der Grund, warum du es nicht erwarten kannst, hat nichts mit deinen Gefühlen für mich zu tun. Es geht um das Testament deines verstorbenen Onkels.“
„Ich habe dir nicht verheimlicht, dass ich heiraten muss“, stellte Malik klar.
„Nein, allerdings bist du nicht ins Detail gegangen. Das Testament oder die Tatsache, dass du an einem bestimmten Datum eine Ehefrau vorweisen musst, hast du nie erwähnt. Wer die Braut ist, spielt keine Rolle, richtig?“
„Richtig. Trotzdem hat es nichts mit dir und mir zu tun, versteh das doch bitte.“
Avery stemmte kampfeslustig die Hände in die Seiten. „Dann verschieb die Hochzeit doch einfach.“
Malik erwähnte nicht, dass er eben noch genau das probiert hatte. „Du verstehst nicht.“
„Ich verstehe sogar sehr gut! Ich war bloß ein Spielball, genau wie Kalila.“
„Durch die Verlobung mit ihr wollte der Rat die Vorgaben im Testament meines Onkels erfüllen, das stimmt. Ich habe Kalila gleich zu Beginn darüber aufgeklärt.“
„Also hast du ihr reinen Wein eingeschenkt. Mir nicht.“
„Die Umstände waren andere. Ich habe Kalila ausschließlich wegen des Testaments um ihre Hand gebeten.“
„Kein Wunder, dass sie durchgebrannt ist.“ Avery reckte das Kinn vor. „Warum hast du es ihr gesagt und mir nicht?“
„Ich war ihr gegenüber ehrlich, und dir gegenüber war ich es auch.“
„Das ist nicht wahr.“
„Doch.“ Malik sah ihr an, dass sein scharfer Ton sie überraschte. Jetzt ist ohnehin alles egal, dachte er. Es macht keinen Sinn, noch irgendetwas zu verbergen. „Ich will dich heiraten, weil ich dich liebe. Leider hast du nie an diese Liebe geglaubt – oder an uns . Darum habe ich nicht gewagt, dir von dem Testament zu erzählen. Ich
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