Julia Sommerliebe Band 24
Augen nieder. „Das tut mir sehr leid.“ Sie ärgerte sich über ihr vorschnelles Urteil. Schließlich waren nicht zwangsläufig alle Männer auf dieser Welt so charakterschwach und verlogen wie Jeremy, der ihr gemeinsames Bankkonto geleert hatte und mit einer seiner zahlreichen Geliebten auf Nimmerwiedersehen verschwunden war.
Kein Wunder, dass sie so sensibel auf das geringste Anzeichen von Untreue reagierte. Doch es gab keinen Grund, diesem Mann betrügerische Absichten zu unterstellen. Jetzt hätte sie ihm gerne die Hand gereicht, aber sie brachte es nicht über sich, auf ihn zuzugehen. „Es tut mir wirklich leid. Ich muss jetzt los“, murmelte sie stattdessen und wandte sich ab.
Harry war es nicht gewohnt, so schnell eine Abfuhr zu bekommen. Mit ein paar raschen Schritten hatte er sie eingeholt. „Sie haben mir noch nicht einmal Ihren Namen verraten.“
„Nein, habe ich nicht.“ Sie blickte stur geradeaus, ohne anzuhalten.
So fühlte es sich also an, wenn man einen Korb bekam. Unangenehm, aber gleichzeitig machte es die Frau mit den meergrünen Augen umso interessanter. Er spürte, dass sie eine Mauer um ihre Seele errichtet hatte, die mindestens ebenso dick war wie die seine.
So schnell würde er nicht lockerlassen. „Sie sind ziemlich garstig zu mir. Dabei wollte ich Sie bloß fragen, ob Sie Lust auf ein Abendessen in Jimbaran Bay haben. Rein platonisch. Was halten Sie davon?“
Immerhin blieb sie daraufhin stehen und musterte ihn aus ihren großen grünen Augen. Er bemühte sich um einen möglichst normalen und freundlichen Gesichtsausdruck, fast so, als würde er für ein Passfoto posieren.
Anscheinend wusste sie nicht, was sie antworten sollte, und sagte darum gar nichts. Eine Eigenschaft, die sich manche andere Leute zum Vorbild nehmen könnten. Wenigstens hatte sie noch nicht Nein gesagt.
Vielleicht konnte er noch einige Punkte gutmachen. „Mein Name ist wirklich Harry St Clair. Sie können sich das gern an der Rezeption bestätigen lassen. Es ist nur so, dass Sie die Einzige sind, die ich fragen kann.“ Er zuckte mit den Schultern. „Jimbaran Bay ist ziemlich romantisch. Kerzenlicht und Tische am Strand und so weiter. Sie können mich nicht leiden, das merke ich. Darum würde ich mich mit Ihnen dort sicher fühlen.“
Was redete er bloß für einen Unfug? Er war auf dem besten Weg, sie ein für alle Mal in die Flucht zu schlagen. Sie musste ihn für einen völligen Idioten halten.
„An Selbstbewusstsein mangelt es Ihnen jedenfalls nicht.“ Spöttisch blinzelte sie ihn an. Möglicherweise war seine Einladung doch keine so gute Idee gewesen. Harry ahnte, dass diese Frau über Waffen verfügte, die ihm gefährlich werden konnten.
„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, sagte sie. „Für meine Bemerkung über Ihre Frau. Das war sehr unüberlegt von mir.“
Sie blickte an ihm vorbei in das schwache rosarote Licht der Dämmerung. „Lohnt es sich denn, jetzt noch nach Jimbaran zu fahren? Ich dachte, der Sonnenuntergang sei die wahre Attraktion dort.“
„In Jimbaran bekommt man die besten Meeresfrüchte auf der ganzen Insel. Aber ich esse nicht gern alleine. Wie wäre es, wenn ich Sie einlade?“
„Oha, Sie sind aber spendabel. Ich könnte Hummer bestellen.“ Bonnie wurde bewusst, dass das wie eine Zusage klang. Dabei wusste sie überhaupt nichts über diesen Harry St Clair. Immerhin wirkte er nicht wie ein Massenmörder, und man schien ihn im Hotel zu kennen.
Trotzdem schrillten in ihrem Inneren leise die Alarmglocken. Das letzte Mal, als sie sich so spürbar von einem Mann angezogen gefühlt hatte, war sie geradewegs in die Katastrophe geschlittert. Im Moment genoss sie ihr Singledasein und hatte nicht vor, etwas daran zu ändern.
Andererseits – was wäre so schlimm an einem harmlosen Urlaubsflirt? Ihrem lädierten Selbstbewusstsein konnte das nur guttun.
„Mein Angebot steht.“ Er warf einen Blick auf seine recht protzig aussehende Armbanduhr. Bonnie fragte sich, ob sie echt war oder nur eine billige Kopie, wie man sie in Kuta an jeder Straßenecke kaufen konnte. Sie wirkte ziemlich echt, genau wie ihr Besitzer, doch das mochte täuschen.
„Ich bin am Verhungern.“ Abwartend sah er sie an. „Sie sehen toll aus in dem Kleid. Sie müssten sich noch nicht einmal umziehen.“
Eigentlich war er zu aufdringlich für ihren Geschmack, aber Bonnie merkte, dass sie ebenfalls hungrig war. Sie sah an sich herunter. Das dünne Seidenkleid war bequem und passte perfekt zu
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