Julia Sommerliebe Band 24
bestand aus zwei Sprechzimmern, einem Patientenzimmer mit vier Betten und je einem Sterilisations- und Lagerraum. Die Computer wirkten modern, und an den Wänden hingen großformatige Plakate mit den klinischen Leitlinien.
„Mit wie vielen Sanitätern ist die Rettungswache besetzt?“
Steve und Vicki tauschten ein verlegenes Lächeln. „Mit gar keinem. Wir müssen den Rettungswagen selbst fahren.“
Auch das noch. Vor ihrem inneren Auge sah sich Bonnie mit Blaulicht und Sirenen zu einem Auffahrunfall mitten in der Wüste rasen. Das konnte ja heiter werden.
„Keine Bange, vielleicht bekommen wir doch noch einen Arzt zur Verstärkung. Obwohl wir die für gewöhnlich aus den Nachtdiensten heraushalten. Es ist schwer genug, überhaupt jemanden zu bekommen, sodass wir uns bemühen, ihnen das Leben möglichst angenehm zu machen.“
Natürlich. Ärzte brauchten ihren Schönheitsschlaf. Ganz im Gegensatz zum übrigen Personal.
„Und wer behandelt all die Patienten im Wartezimmer?“
„Das machen wir“, antwortete Vicki. „Die meisten sind Heparinpatienten oder Diabetiker, die zur Routinekontrolle kommen. Wir nehmen ihnen Blut ab und können selbst die gängigen Schnelltests durchführen. Alles andere schicken wir mit dem Flugzeug ins Labor. Die Flying Doctors schauen sich die Ergebnisse an und ändern gegebenenfalls die Medikation.“
Das klang immerhin effizient. Dann kamen die beiden wahrscheinlich für den Rest des Tages allein zurecht, und Bonnie konnte in Ruhe ihre Unterkunft beziehen. „Wo ist denn mein Zimmer?“
„Es gibt eine Personalunterkunft, in der auch die Angestellten der Hotels und Reiseveranstalter untergebracht sind. Fahren Sie einfach die Hauptstraße ein Stück zurück und biegen Sie bei der dritten Straße links ab, dann sehen Sie es schon. Sie wohnen in einem Gebäude namens Desert Pea Villas , Zimmer Nummer zwei. Cleo, die andere Krankenschwester, wohnt ein Stockwerk höher und Steve und ich ein Stück den Flur runter in Nummer fünf.“
Das klang einfach. Und nach eingeschränkter Privatsphäre. Aber auch das würde sie überleben.
Am nächsten Morgen erwachte Bonnie noch vor Sonnenaufgang. Das Erste, was sie sah, war ein Gecko, der direkt über ihrem Kopf an der Zimmerdecke klebte. Fantastisch. Ein weiteres Detail, das sie an Bali erinnerte.
Seufzend schlug sie die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Der eiskalte Steinboden holte sie aus ihren Gedanken an Strandrestaurants und Reisfelder zurück in die Realität.
Gestern Abend hatte sie lange wach gelegen und sich vorgenommen, noch vor Sonnenaufgang einen kleinen Spaziergang am Fuß des Ayers Rock zu unternehmen. Auf diese Weise würde sie hoffentlich den Kopf freibekommen und frische Energie für ihren ersten Arbeitstag tanken können. Schnell zog sie sich an.
Als sie auf dem Parkplatz ankam, dämmerte es bereits. Es versprach ein großartiger Sonnenaufgang zu werden, aber deswegen war Bonnie nicht hier. Sie wollte mit ihren eigenen Händen das uralte Gestein berühren, um vielleicht etwas von der Ruhe in sich aufzunehmen, die der massive Fels ausstrahlte.
Ehrfürchtig betrachtete sie den steilen Pfad, der zum Gipfel des Berges führte, gesichert durch Stahlverstrebungen und Ketten. An einigen Stellen schien der Weg fast senkrecht in die Höhe hinaufzuführen. Kein Wunder, dass schon einige professionelle Kletterer an diesem Aufstieg gescheitert waren.
So früh am Morgen waren kaum Touristen unterwegs. Bonnie fühlte sich unendlich klein vor der monumentalen Kulisse. Die Aussicht war einfach grandios. Sie überquerte den Parkplatz und folgte einem kleinen Trampelpfad, der sie dicht an den Fels heranführte. Ehrfürchtig legte sie ihre Hand auf die kühle Gesteinsoberfläche, und es war ihr, als würde sie in diesem Moment selbst Teil seiner unvorstellbar langen Geschichte. Sie fragte sich, ob Harry schon einmal hier gewesen war. Es wäre schön, diese Erfahrung mit ihm teilen zu können …
Bonnie schloss die Augen und beschwor sein Gesicht herauf. Sie stellte sich vor, dass die uralte heilsame Kraft des Berges durch ihre Finger und ihren Blutkreislauf direkt in ihr Herz strömte, ihre innere Mauer in tausend Stücke zerbrach und sie fortschwemmte, zusammen mit ihren Erinnerungen an Harry. Es war ein zutiefst befreiendes Gefühl. Langsam öffnete sie die Augen wieder und schlenderte noch eine Weile den Pfad entlang, ehe sie sich auf den Rückweg zum Parkplatz machte.
Auf dem Weg entdeckte sie mehrere kleine
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