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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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die Unabhängigkeit. An Halsstarrigkeit übertraf ihn höchstens Jelzin, der in der Auflösung der UdSSR die einzige Möglichkeit sah, den verhassten Gorbatschow zu beerben, wenn auch um den Preis des Zerfalls des Imperiums, das der Kreml bisher regiert hatte.
    Die Lösung des Konflikts kam Ende 1991.
    Am 1. Dezember wurde in der Ukraine ein Referendum abgehalten, bei dem 29 Millionen Bürger, 92,26 Prozent aller Wahlberechtigten, für die Unabhängigkeit stimmten. Am selben Tag wurde Leonid Krawtschuk zum ersten Präsidenten gewählt. Den Verlust der drei baltischen Republiken hätte die Sowjetunion noch verkraften können, den der Ukraine auf keinen Fall. Ende Dezember trafen sich die führenden Repräsentanten Belarusslands, Russlands und der Ukraine im Belowescher Forst und verkündeten dort, nachdem sie den amerikanischen Präsidenten, nicht aber Gorbatschow informiert hatten, das Ende der Geschichte der Sowjetunion. Der machtlose Gorbatschow trat zurück, nachdem er seinen leicht erschütterten Untertanen mitgeteilt hatte, er sei mit alledem nicht einverstanden. Vor den laufenden Kameras aller Fernsehsender wurde die rote Fahne über dem Kreml eingeholt und die russische Trikolore gehisst.
    Julia Timoschenko fand sich in der neuen Situation rasch zurecht.
    Zehn Jahre später sollte sie sagen: »In die Wirtschaft bin ich eher zufällig geraten. Aber dass ich Politikerin werde, war mir von Anfang an vorbestimmt.« Das ist keine Heuchelei. Seit Julia aus der Wirtschaft in die Politik gewechselt ist, glaubt sie das wirklich. Das heißt aber nicht, dass sie immer so dachte. Dem Mädchen aus dem Plattenbau in Breschnews Dnipropetrowsk wäre es im Traum nicht eingefallen, dass es einmal eine Gasprinzessin werden könnte. So gesehen war der Milliardenregen, der später über es niederging, wohl tatsächlich ein »Zufall«. Aber dass es in einer unabhängigen Ukraine eine politische Karriere bevorstand, konnte in der trostlosen Breschnew’schen Stagnationszeit erst recht niemand ahnen.
    Julia Timoschenko liebt prägnante Sätze und kümmert sich wenig darum, ob ihre Aussprüche verschiedener Jahre eine bestimmte Logik ergeben. Als sie die Welt der Wirtschaft verlässt und in die Politik geht, sagt sie: »Zur Politik bin ich gekommen, als diese zu mir kam.« Auch das ist nicht gelogen. Als sie schließlich 2005 aus der Regierung geworfen wird, behauptet sie, sie habe schon das Land regieren wollen, als Breschnew starb. Als ein Journalist nachfragt, ob sie die Sowjetunion gemeint habe, lacht sie nur laut auf.
    Die Wahrheit ist, dass Julia Timoschenko sich jeder Etappe hervorragend anpasste, die sie gemeinsam mit ihrem Land erlebte. Sie besitzt einen fast katzenhaften Überlebensinstinkt. Der historische Umbruch der Neunzigerjahre in der Sowjetunion hat generell gezeigt, dass sich Frauen einer neuen Lage schneller und leichter anzupassen vermögen. Während die Männer auf der Couch lagen, tranken, philosophierten und mit Freunden über ihr hartes Los jammerten, hatten die Frauen schon eine Umschulung hinter sich und eine neue Arbeit gefunden, um die Familie zu erhalten, ohne dabei ihre sonstigen Pflichten wie die Erziehung der Kinder und die Sorge um den leidenden Mann zu vernachlässigen.
    Julia Timoschenko ist allerdings auch hier ein Sonderfall. Sie bringt es nicht nur fertig, sich neuen Realitäten anzupassen, sondern sie setzt sich sofort an die Spitze, weil sie schneller als ihre Konkurrenten erfasst, wohin die Reise geht. In diesem Sinne waren weder die Wirtschaft noch die Politik zufällige Entscheidungen auf ihrem Weg.
    Die Zeit des leicht verdienten Geldes, die mit dem Ende der Perestroika und dem Niedergang der UdSSR zusammenfiel, brachte für Julia Timoschenko ein ganz neues Leben, so überraschend, dass es ihr fast den Atem nahm. Ein Leben fern der Politik. Aber mit Unterstützung der Großen dieser Welt.
    In der Ukraine gab es keine Reformen per Schocktherapie wie in Russland. Es wurde überhaupt keine Therapie angewandt, auch keine schonende. Der Kapitalismus wurde hier von Anfang an mit dem Siegel des Staates eingeführt, gestützt auf die Clans, die Direktoren der sowjetischen Industriegiganten und persönliche Beziehungen. Die größten Vermögen entstanden daher zunächst durch Beziehungen, so wie man Ende der Achtzigerjahre die ersten Videotheken und privaten Kioske eröffnet hatte.
    Das war ein aussichtsloser Weg für das Land und seine Bevölkerung, die noch rascher verarmte als in Russland und bald

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