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Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie

Titel: Julia Timoschenko - die autorisierte Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilia Milstein , Dmitri Popov
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Präsident Kutschma und seinen Ministern mit allen erdenklichen Tricks, den ehemaligen Schwesterrepubliken einigermaßen annehmbare Preise abzuhandeln, aber im Haushalt gähnten trotzdem riesige Löcher. Es fehlte ständig an Geld. In den Jahren 1994/95 erreichten die Schulden der Ukraine beim russischen Monopolisten Gazprom die schwindelerregende Summe von 1,4 Milliarden Dollar.
    Vater von Gazprom war der Minister für Gasindustrie der UdSSR, Viktor Tschernomyrdin. Er spürte früher als andere die Gefahr, die seinem Zweig drohte, und benannte daher sein Ministerium »als Experiment« noch unter Gorbatschow in einen staatlichen Konzern um. Unter Jelzin wurde dieser privatisiert. Als Tschernomyrdin Ministerpräsident Russlands wurde, bestimmte er seinen Stellvertreter aus Sowjetzeiten, Rem Wjachirew, zum Nachfolger. Der führte im Konzern ein selbstherrliches Regime, hörte auf niemanden außer Jelzin, den er im Grunde seiner Seele verachtete, aber trotz allem fürchtete.
    Wjachirew, der bereits mit 31 Jahren zum Direktor einer Erdölraffinerie aufstieg, war das Befehlen gewohnt. Menschen, die ihn näher kennen, beschreiben seine groben Umgangsformen, seine Selbstsicherheit und völlige Missachtung jeglicher Obrigkeit. Im kleinen Kreis redete er oft davon, wie dumm alle Regierungen gewesen seien, die er erlebt habe. Minister ignorierte er. Bei Geschäftsverhandlungen suchte er den Partner mit seiner Bedeutung zu beeindrucken. Der kleine, aufgeblasene Kerl mit den flinken Augen hätte lächerlich wirken können, wenn man nicht bedachte, über welch riesige Mittel er verfügte – wenn man seinen Charakter und die Machtgier übersah, die in allen Fasern seines Herzens steckte.
    Wjachirews Feinde waren die russischen Reformer und die internationalen Finanzinstitute. Die einen wie die anderen forderten, den Gasmarkt zu entmonopolisieren, das heißt, sein Lebenswerk zu zerschlagen. Ministerpräsident Tschernomyrdin half ihm dabei, eine starke Verteidigung aufzubauen. In keiner russischen Aktiengesellschaft gab es so viele Beschlüsse und Bestimmungen, die den Handel mit Aktien einschränkten. Die Majorität der Staatsaktien blieb unter Wjachirews persönlicher Kontrolle.
    Er sah sich selbst als Staatsmann und Patriot. Die Beschäftigten der Gasindustrie waren für ihn die seltenen Arbeitsbienen in einem ansonsten versoffenen und kriminellen Land, die oberste Kaste, die unter seiner Führung schaffte, um die Staatskasse mit frischem Geld zu füllen, die Betriebe des Landes am Laufen zu halten und die Bevölkerung nicht frieren zu lassen. Jeder, der es wagte, gegen die geheiligte Leitung die Hand zu erheben, durch die sein Gas nach Europa floss, war für ihn ein Verbrecher. »Es gibt immer Betrüger«, erklärte er dann, »die für nichts russisches Gas nach Paris oder Nizza pumpen wollen.«
    Im Lande selbst musste er das Gas zu Niedrigpreisen verkaufen. In der GUS spielte er in der Außenpolitik des Kreml mit, erpresste aufmüpfige Satelliten Russlands, hatte aber auch ihnen letzten Endes das Gas für Schleuderpreise zu überlassen. Befriedigung verschafften ihm lediglich die Dollar, die er aus Europa bekam. Daher machte Rem Wjachirew die Wirtschaften europäischer Länder, besonders Deutschlands, Schritt für Schritt von russischem Gas abhängig. Auch das als Teil der staatlichen Strategie. Das demokratische Europa sollte für alle imperialen Ambitionen Russlands zahlen – vom Krieg gegen das freie Wort bis zum Krieg in Tschetschenien.
    Zur Ukraine, über deren Gebiet Gazprom zwei Drittel seines Gases nach Europa transportierte, hatte Wjachirew, gelinde gesagt, ein schwieriges Verhältnis.
    Wie für die meisten Russen war die Unabhängigkeit der Ukraine für ihn historischer Unsinn und ein Ergebnis von Machenschaften der USA.
    Außerdem erinnerte sich Wjachirew gut daran, wie man zu seiner Zeit als stellvertretender Minister die strategische Gasleitung Urengoi–Pomary–Uschgorod–Westeuropa erbaut hatte. Als in Polen der Ausnahmezustand verhängt wurde, verhängte US-Präsident Reagan Sanktionen gegen die UdSSR. Vor allem wurde die Lieferung von Öl- und Gasausrüstungen eingestellt, womit man die Fertigstellung des wichtigsten Bauvorhabens der Sowjetunion verhindern wollte. Die Blockade konnte teilweise durchbrochen werden, als es gelang, mit Westdeutschland im Rahmen des Gas-Röhren-Abkommens die Lieferung von Röhren zu vereinbaren. Die Leitung selbst musste man allerdings aus eigener Kraft legen. Dazu wurden

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