JULIA VALENTINSBAND Band 19
Schultern gestrafft, kehrte ihr den Rücken zu und bewegte sich mit zügigen Schritten auf das Parkett zu. Das schlichte schwarze Polohemd hing lose über der ausgeblichenen schwarzen Jeans. Die Hose war wie für ihn gemacht, sie schmiegte sich perfekt an seinen unglaublich attraktiven Körper.
Und Chloe konnte mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Körper unbekleidet genauso scharf aussah … damals jedenfalls, dieses eine Mal …
Die wahre Liebe wird in Ihr Leben treten.
Ihr versagten beinahe die Knie, so präzise hatte Madame Karma die Sache getroffen. Das heißt, wenn Ihre Prophezeiung die Vergangenheit einbezogen hätte.
Ian McCall war damals die Liebe ihres Lebens gewesen. Damals, in den schönen vergangenen Zeiten, als Chloe noch jung und albern und sehr, sehr naiv gewesen war. Ian McCall mit seinen verträumten grünen Augen und dem verschmitzten Lächeln.
Aber Ian McCall gehörte der Vergangenheit an.
Schon seit mehr als zehn Jahren. In der Gegenwart war Chloe weder jung noch albern und ganz bestimmt nicht mehr sehr, sehr naiv.
Warum also war ihr bei seinem bloßen Anblick die Kehle wieder wie zugeschnürt? Warum spürte sie sämtliche erogenen Zonen ihres Körpers auf eine solche Weise? Und … warum pochte ihr Herz plötzlich doppelt so schnell?
Zur Stärkung brauchte Chloe dringend eine weitere Dosis Zucker, stopfte sich einen Keks in den Mund und bahnte sich den Weg zu Ian. Ein paar Frauen mit prall gefüllten Einkaufstüten in beiden Händen versperrten ihr lachend und schwatzend den Weg.
„Verdammt“, fluchte sie unhörbar und stieß die Gruppe beiseite. „Bitte entschuldigen Sie. Entschuldigung.“ Sie hatte Mühe, ihre Ungeduld zu zügeln, reckte den Hals, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren … und, oh nein.
Sie hatte ihn wieder verloren.
Was hatte er hier überhaupt zu suchen? Sie besuchten früher in der Nähe von Burbank Hills gemeinsam die Highschool. Sie waren sehr enge Freunde gewesen, und daraus hatte sich mehr entwickelt. Ian, der seine Gedanken immer woanders zu haben schien, war der sexy Star der Basketball-Mannschaft. Sie half ihm bei den Englisch-Hausaufgaben, und dafür brachte er ihr den richtigen Sprung beim Korbleger bei. Und sie ihm dafür Shakespeare. Von ihm lernte sie, wie man auch bei größeren Problemen locker blieb. Und er lernte durch sie, nicht gleich beim kleinsten Problem die Flinte ins Korn zu werfen. Sie hatten sich blendend verstanden, ganz egal, ob es sich um einen Englisch-Aufsatz handelte oder darum, Chloe mit einem plötzlichen Kuss zu verwirren.
Aber dann hatte sich Ian entschieden, an der Universität in New York Kunstgeschichte zu studieren. Chloe studierte Betriebswirtschaft an der Northridge-Universität in Los Angeles, und sie hatten sich aus den Augen verloren.
Bis er ein Jahr später in den Ferien seine Eltern besuchte und sie ihm auf einer Silvesterparty ihrer Mutter direkt in die Arme lief…
Es war eine Nacht gewesen, die sie niemals vergessen würde. Sechs Monate lang waren sie damals zusammen gewesen. Aber es hatte sich angefühlt wie sechs wundervolle Jahre. Schon auf den ersten Blick hatte es geknistert …
Du lieber Himmel, stöhnte sie innerlich, als er wiederauftauchte. Er befand sich immer noch neben der Tanzfläche. An jenem Silvesterabend, als sie ihn nach der Trennung zum ersten Mal wiedergesehen hatte, als es in diesem einen Moment gefunkt hatte, hatte er neben dem provisorischen Tanzparkett im Haus ihrer Mutter gestanden …
Genau wie jetzt.
Schicksal?
Oder nur ein verrückter Zufall?
Plötzlich erschien das Bild von Madame Karma vor ihrem inneren Auge. Madame Karma, die vorwurfsvoll mit dem knochigen Zeigefinger drohte und „Sie wollten ja nicht auf mich hören!“ sagen wollte.
Nein. Nein, am Schicksal konnte es nicht liegen. Es war eine Zufallsbegegnung, vollkommen verrückt …
Da. Er war immer noch da. Chloe erhaschte einen flüchtigen Anblick seines Kopfes, der die meisten anderen überragte. Die Sonnenbrille hatte er jetzt auf die Stirn geschoben, und nun drehte er sich ganz langsam zu ihr um. So langsam, als würde er spüren, dass sie ihn erschrocken anstarrte.
Und ihre Blicke begegneten sich inmitten des großen begrünten Innenhofes, wo eine Band spielte, wo viele Menschen sich amüsierten und lachten, wo der dunkle Nachthimmel aufzog und hell glitzernde Lichter das Gelände beleuchteten. Wenn es nicht nur eine dumme Redensart wäre, hätte Chloe ihren letzten Dollar darauf verwettet, dass die Zeit
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