JULIA VALENTINSBAND Band 19
in diesem Moment stehen blieb.
Aber vielleicht hatte auch nur ihr Herzschlag kurz ausgesetzt … um dann so heftig weiterzupochen, dass sie das Gefühl hatte, der Brustkorb könnte ihr zerspringen.
Es lag allein an ihm. Sie wusste es.
Der Himmel verdunkelte sich, und innerhalb weniger Minuten schien sich die Nacht über die Party zu senken, die Menge hatte ihn ebenso schnell verschluckt, wie er aufgetaucht war.
Verschwunden.
Chloe hatte keine Ahnung, woher er kam und warum er so plötzlich erschienen war. Aber Ian war da. Obwohl es ein schmerzhaftes Opfer war, schmiss sie die Tüte mit dem Gebäck in einen Abfalleimer und schlängelte sich auf dem schnellsten Weg zu der Stelle, an der sie ihn zuletzt erblickt hatte.
Sie eilte über den Rasen und den Bürgersteig und geriet in eine Gruppe tanzender Menschen, die sich halb betrunken an einem Macarena versuchten. Ein paar Sekunden lang war sie gefangen, weil ein ganz besonders eifriger Tänzer sie für eine geschlagene Strophe des Liedes festhielt.
Chloe zwang sich zu einem Lächeln, absolvierte hastig die Tanzbewegungen und dachte, dass sie nicht genügend Alkohol für solche Späße getrunken hatte. Schließlich hatte sie ihr Pensum erfüllt, winkte der Gruppe zum Abschied zu und machte zwei hastige Schritte rückwärts, als sie wieder mit jemandem zusammenstieß.
Jemand mit einem harten und muskulösen Oberkörper. „Entschuldigung“, murmelte sie, drehte sich um, schaute auf und …
Chloe stand der Mund offen. Denn sie war nicht gegen irgendeinen muskulösen Oberkörper gestoßen. „Du liebe Güte“, stieß sie hervor. Obwohl sie gar nicht die Absicht hatte, klang ihre Stimme ziemlich atemlos, weil Ian sie mit den Händen stützte, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.
Seine großen warmen Hände ruhten auf ihr, und er schaute ihr mit einem warmen Blick in die Augen. Es kam ihr vor, als würde sie in die Vergangenheit zurückkatapultiert. Chloe konnte nichts dagegen unternehmen, dass ihre Stimme mehr einem Hauch glich und sie sekundenlang den Anschein erweckte, als habe ihr nur eine starke männliche Schulter zum Glück gefehlt.
Noch nie hatte sie ihre Weiblichkeit als Trumpf ausgespielt. Im Gegenteil. Chloe hatte immer recht knabenhaft gewirkt, und ihre sportliche Figur hatte den Eindruck unterstützt. Erst in den letzten Jahren hatte sie es sich angewöhnt, Kleider zu tragen und Make-up aufzulegen wie andere Frauen auch.
Insgeheim war sie froh darüber, dass sie den weich fließenden Rock mit dem hübschen Blumenmuster trug, der ihre Figur umschmeichelte. Wenn sie nur nicht geklungen hätte, als würde sie sich nach ihm verzehren, damit er ihr bei der nächsten Gelegenheit zum Höhepunkt verhalf … „Du lieber Himmel, Ian. Großartig, dich wiederzusehen. Was machst du hier?“
„Bedaure, aber …“ Er sprach immer noch mit derselben leisen, leicht heiseren Stimme, die sie damals beinahe zur Raserei gebracht hatte. Aber irgendetwas ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Es lag daran, dass er so tat, als hätte er sie noch nie im Leben gesehen.
„Ian, ich bin’s. Chloe. Chloe Cooper.“
„Chloe.“ Ian runzelte die Stirn und setzte eine ernste Miene auf. Er sah immer noch so aus, als sei er völlig ahnungslos, würde aber angestrengt nachdenken. „Ich … Sie müssen mich verwechseln.“
Nein, ausgeschlossen. Aber die Wärme hatte sich restlos aus seinem Blick verflüchtigt, und inzwischen war sie sich selbst nicht mehr ganz sicher … Hatte es in seinen Augen gefunkelt, weil er sie doch auf Anhieb erkannt hatte? Oder hatte sie sich das nur eingebildet? Chloe stockte der Atem, und ihr Selbstbewusstsein, das sowieso nicht besonders ausgeprägt war, näherte sich gefährlich dem Nullpunkt.
Er erkannte sie nicht.
Chloe lachte peinlich berührt. „Highschool. Letzter und vorletzter Jahrgang …“ Ihre Stimme verlor sich, als er den Kopf schüttelte. Du liebe Güte, er konnte sich wirklich nicht an sie erinnern. „Tut mir leid. Ich … bitte entschuldigen Sie.“
Ihr Herz raste so sehr, dass es schmerzte, und sie umrundete ihn mit drei Schritten. Wow. Chloe hatte keine Ahnung, was gerade geschehen war. Aber es war nicht besonders angenehm. Höchste Zeit, sich wieder ins Büro zu flüchten. Wo sonst sollte sie sich diese Begegnung und Madame Karma und den lächerlichen Fluch aus dem Kopf schlagen können?
Verdammt, schimpfte sie unhörbar, während sie sich entfernte, wenn ich doch nur die Tüte mit den Keksen behalten
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