JULIA VALENTINSBAND Band 19
haben wir alle irgendwo einen Zwilling auf dieser Welt.“
„Ja, sicher.“ Die Musik wurde wieder langsamer, und die Lichter brannten nicht mehr ganz so hell. Die Menschen um sie herum fanden sich zu Paaren zusammen, als die langsamen Tänze begannen.
„Ich sollte …“, meinte er unschlüssig.
„Ja, natürlich. Ich auch.“
Er nickte. „Weil ich noch …“
Sein Date. Richtig.
Und sie sollte im Büro verschwinden.
Jetzt. Auf der Stelle.
Aber weder sie noch er bewegten sich vom Fleck. Chloe wollte nicht. Und ihr gefiel der Gedanke, dass es ihm nicht anders ging.
Aus irgendeinem Grund rückten sie noch näher zueinander. Flüchtig berührte sie ihn mit ihrem Körper, und sie wiegten sich unwillkürlich im Rhythmus der Musik.
„Ich muss jetzt wirklich …“, begann er wieder.
Aber er löste sich nicht, sondern hatte den Blick sekundenlang unverwandt auf sie gerichtet. Wie damals, wenn er mitten in einem Basketballspiel war. Oder wenn er kurz davor gewesen war, sie zu küssen. Chloe konnte ihm nicht widerstehen und schmiegte sich an ihn. Er fühlte sich wundervoll an. Wundervoll und unglaublich vertraut.
Spürte er es auch?
Sie schloss die Augen, weil ihr Körper ihn förmlich in sich aufsaugen wollte, und es kam ihr wirklich so vor, als sei die Zeit stehen geblieben. Alles schien stehen geblieben zu sein, außer der Tatsache, dass sie sich eng an ihn geschmiegt über die Tanzfläche bewegte. Widerwillig öffnete sie die Augen und neigte den Kopf nach hinten, um etwas zu sagen. Irgendetwas.
Aber bevor sie den Mund aufmachen konnte, zuckte ein greller Blitz vom Himmel, und gleich darauf krachte der Donner so fürchterlich, dass sie vor Schreck beinahe aus der Haut gefahren wäre.
Er reagierte, indem er ihr mit den gespreizten Fingern seiner Hand instinktiv über den Rücken strich. Die Geste wirkte unglaublich beschützend. Und tröstend.
Und so erotisch, dass sie am liebsten wie eine Katze zu schnurren angefangen hätte …
Dann brach der Gewittersturm los, der sich die ganze Zeit über schon angekündigt hatte. Die Menschen um sie herum kreischten auf und rannten in dem Moment von der Tanzfläche, als es zu regnen begann.
Chloe wusste nur, dass sie im nächsten Augenblick allein war, während die Menschenmenge um sie herumwirbelte und ihr das kühle Regenwasser auf die erhitzten Wangen tropfte.
Ian war fort.
Sie konnte nur staunen. Wenn die wahre Liebe gerade in ihr Leben getreten war, dann folgte der zweite Teil der Prophezeiung ihr offenbar auf dem Fuße. Das hieß, dass ihr Karma es offenbar vorzog, auf den Bahamas zu überwintern …
3. KAPITEL
Chloe verließ das Parkett, eilte über den Rasen und hatte gerade den betonierten Pfad erreicht, als der Himmel sämtliche Schleusen öffnete. Aber wenn der Himmel über Los Angeles seine Schleusen öffnete, hieß es allerdings nur, dass hier und da ein paar dicke Regentropfen auf den Boden fielen, die noch nicht einmal den Staub aus der Luft waschen konnten.
Trotzdem taten ihr die Tropfen gut. So gut, dass sie es vermied, sich mit den Partygästen unter die Markisen zu drängeln, um sich vor dem Schauer in Sicherheit zu bringen.
Wie an anderen Tagen auch, waren die meisten von ihnen gut gekleidet. Schließlich befanden sie sich in Baxter Hills, einem wohl situierten Vorort von Los Angeles, und das Fairfax-Center genoss einen ausgezeichneten Ruf.
Aber nirgendwo konnte Chloe das Poloshirt und die verwaschene Jeans erblicken, die sich so perfekt an Ians Beine schmiegte.
Aber eins wusste sie ganz genau: Sie hatte nicht geträumt.
Nein. Dazu kannte sie sich viel zu gut. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die sich in ihren Fantasien oder Tagträumen verloren. Er hielt sich irgendwo da draußen auf. Sie hatte ihn mit den Händen berührt, seine Wärme gefühlt, seine Muskeln und Sehnen, und sie hatte seinen Herzschlag gespürt. Sie konnte ihm direkt in die Augen schauen. Ihr Körper erkannte ihn wieder – ganz egal, was er behauptete.
Und sein Körper hatte sie erkannt.
Warum weigerte er sich zuzugeben, dass er Ian war? Sie wusste es beim besten Willen nicht, und sie wehrte sich mit aller Macht dagegen. Nein, sie konnte, wollte und durfte es nicht akzeptieren. Er war es gewesen, in voller Größe, einhundertfünfundachtzig Zentimeter, genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
Chloes Gedächtnis funktionierte ganz ausgezeichnet. Sie erinnerte sich zum Beispiel bestens daran, dass er manchmal seine Brieftasche nicht finden konnte – obwohl er
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