JULIA VALENTINSBAND Band 21
legte, an dem sie so hart arbeitete. Aufgrund ihrer Vergangenheit reagierte sie sehr empfindlich auf das Getuschel hinter ihrem Rücken oder auf schräge Blicke. Er würde sich hüten, zuzulassen, dass sie das alles seinetwegen noch einmal durchmachen musste.
„Ich werde bei meinen Leuten für Schadensbegrenzung sorgen. Du brauchst dir keine Gedanken darüber zu machen, wie du ihnen morgen gegenübertreten sollst – oder in den nächsten Tagen.“
Seine entschiedene Versicherung dämpfte Caros aufgewühlte Stimmung ein wenig. Er klang so selbstsicher, so lässig. So als wäre es gar keine große Sache, mit einer klatschnassen Frau eng umschlungen im Mittelmeer herumzustehen.
Was es wahrscheinlich auch nicht war. Für ihn. Sie allerdings spürte immer noch seinen Geschmack auf den Lippen.
Sie trennten sich im Foyer. Caroline drückte auf den Fahrstuhlknopf und bemühte sich, nicht über die Schulter zurückzublicken und Rory auf dem Weg zur Bar zu beobachten. Erst als sie in den sicheren vier Wänden ihres Zimmers angelangt war, erlaubte sie sich, ihrem inneren Aufruhr Luft zu machen.
„So was Dummes, Dummes, Dummes!“
Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen. Hätte auf die Sofakissen eingeschlagen. Geschrien, getreten oder wäre losgelaufen, um jemanden zu verprügeln. Alles nur, um nicht an diese Schmach zu denken, die sie in den vergangenen zehn Minuten durchgemacht hatte.
Ihr blieb nichts weiter, als ins Badezimmer zu marschieren und sich ihre nasse Tunika vom Körper zu reißen. Den Stoffklumpen gegen die Wand zu schleudern, gab ein wenig Genugtuung. Die vollgesogene Baumwolle landete mit einem lauten Klatschen an den Fliesen. Ihre Hosen und Unterwäsche folgten kurz darauf.
Beim Blick auf den durchweichten Haufen zog sich alles in ihr vor Selbstekel zusammen. Alles, bis auf einen winzigen, rebellischen Teil ihres Bewusstseins, der ein Eigenleben zu führen schien. Ein böses kleines Winkelchen, das sich wünschte, jede Sekunde dieses Kusses noch einmal zu erleben, diese aufregende Hitzewallung erneut zu spüren.
Ihre Behauptung Burke gegenüber war keine Lüge gewesen. Es hatte andere Männer gegeben. Zwei, um genau zu sein. Den Ersten hatte sie fast sechs Monate gekannt, bevor sie sich endlich genug hatte öffnen können, um mit ihm ins Bett zu gehen. Unglücklicherweise war der Sex mit ihm das lange Warten nicht wert gewesen.
Ihre Freundin Devon hatte sie mit dem Zweiten bekannt gemacht. Ein Biologe, den Dev bei einer Umweltaktion kennengelernt hatte. Ernie nahm seine Arbeit sehr ernst, aber was ihn besonders liebenswert machte, war seine hoffnungslose Schwäche für alte Dean-Martin-Schallplatten und für jede streunende Katze, die seinen Weg kreuzte.
Caro hatte sich in ihn verlieben wollen. Sie hatte es wirklich versucht. Er war irgendwie so passend für sie gewesen. So sanft und rücksichtsvoll im Bett.
Zu sanft und rücksichtsvoll. Sie konnte nichts dagegen tun: Sosehr sie sich auch bemühte, automatisch musste sie das vorsichtige Verhalten Ernies mit der wilden Leidenschaft vergleichen, die sie damals mit Rory am Fluss erlebt hatte.
Dieselbe aufregende Lust, die sie auch heute Abend wieder verspürt hatte.
Dieses sinnliche Erlebnis fraß sich in diesen verbotenen Winkel ihrer Gedanken. Dieses Begehren war wie ein Fieberwahn, überfiel sie und wischte alles andere beiseite, versuchte, sich in Caros strenger Zurückhaltung Bahn zu brechen und ihr Blut zu erhitzen.
Verärgert stampfte sie mit ihren sandigen und mit Algen verklebten Füßen unter die Dusche und drehte die Wasserhähne voll auf. Sie hob ihr Gesicht dem harten Sprühregen entgegen und stöhnte frustriert auf.
Dass sie zum Teufel noch mal aber auch nie lernte!
Am nächsten Morgen ging sie mit einem kühlen Lächeln und erhobenem Kopf in den Saal, wo das Frühstück für die GSI serviert wurde.
Sie hatte die ganze Nacht Zeit gehabt, um sich auf die wissenden Blicke und das anzügliche Grinsen vorzubereiten, stellte aber schnell fest: Was immer auch Rory zu seinen Leuten gesagt haben mochte, es zeigte Wirkung. Bis auf einen Seitenblick von dem rothaarigen Privatdetektiv und einem eher nachdenklichen von Sondra, waren alle freundlich und höflich. Nach und nach wurde Caroline gelöster.
Kaum dass Rory erschien, war sie von Neuem gespannt wie ein Drahtseil. Sie brauchte nur einen Blick auf ihn zu werfen, als er hereinkam, da spielte ihr Magen schon verrückt. Sie wandte sich schnell um, bevor er sie entdeckte, und
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