JULIA VALENTINSBAND Band 21
von Kaffee. Und Sandwiches. Berge von Sandwiches. Glücklicherweise hatte der Koch der Casteels einen Laib knusprigen spanischen Brotes in der Speisekammer hinterlegt und den Kühlschrank mit einer ausreichenden Auswahl von Wurst und Käse gefüllt.
Um drei Uhr morgens kannte Caroline jeden Winkel und jede Ecke in der Cateel’schen Küche. Um vier spürte sie die Folgen des langen Tages und der vergangenen zwei – inzwischen waren es drei – anstrengenden Nächte. Mit hängenden Schultern saß sie auf einem der Stühle am Küchentresen und nippte an einer Tasse Espresso.
„Du siehst geschafft aus.“
Rorys Bemerkung ließ sie auf dem Stuhl herumfahren. Er hatte bereits vor Stunden seinen Sportmantel abgelegt und die Ärmel des einmal frisch gewaschenen und gebügelten Hemdes hochgerollt. Die Knitterfalten in dem blassblauen Baumwollstoff bildeten das Pendant zu seinem müden Gesicht.
„Du siehst auch nicht besser aus“, stellte Caroline fest.
„Ja, ich weiß. Elena hat uns angeboten, eins der Gästezimmer zu benutzen. Warum gehst du nicht hoch und ruhst dich ein bisschen aus?“
„Gehst du auch nach oben?“
„Später vielleicht.“
„Was ist mit Elena?“
„Sie meint, sie könnte sowieso nicht schlafen, und will es gar nicht erst versuchen.“ Er deutete mit dem Kopf auf Caros Kaffeetasse. „Gibt es davon noch was?“
„Ja, gibt es. Setz dich einen Moment, dann koch ich dir schnell neuen. Willst du ihn mit oder ohne Milch?“
„Ohne.“
Nachdem die Espressomaschine einen Strom von dunkler, dampfender Flüssigkeit ausgespuckt hatte, schob Caro ihm die Tasse über den Tresen zu. Rory griff dankbar danach und umschloss die Tasse mit beiden Händen.
Unwillkürlich wurde ihr Blick von dem feinen Netzwerk von Narben angezogen. Sie verstand jetzt, warum er mit der bloßen Hand eine Autofensterscheibe einschlug. Die Casteels waren noch nicht einmal seine Kunden, trotzdem hatte er nicht gezögert, sofort auf Elenas verzweifelten Hilferuf zu reagieren.
Er hatte sich ihr gegenüber so wunderbar verhalten. So ruhig und sicher und tröstlich. Wie Sondra Jennings schon gesagt hatte, war er ein Mann, dem jede Frau gern ihr Leben anvertrauen würde.
Ein Mann, der, hätte er vor all diesen Jahren von dem Kind gewusst, ihr sofort hilfreich zur Seite gestanden hätte, als sie es ihren Eltern hatte gestehen müssen. Ihrem Pastor gegenübertreten musste. Ihrem Schuldirektor. Ihren lästernden Schulkameraden.
Und hier, in der spärlich erleuchteten Küche der Casteels, wo Rory ihr jetzt auf einem Stuhl zusammengesunken gegenübersaß, spürte Caroline, wie langsam der immer noch unterschwellig vorhanden gewesene Schmerz wegen des Vergangenen von ihr wich.
Um zehn Uhr morgens fuhren Elena, Rory und einer vom K&R-Teams zur Bank. Der Bankdirektor war bereits von Lloyd’s of London vorbereitet worden Er hatte die gewünschten Eurogeldscheine fertig und bereits zusammengepackt.
Um drei Uhr nachmittags bereitete sich Rory darauf vor, das Lösegeld zu überbringen.
Caroline hatte erwartet, dass die Verhandlungen viel länger dauern würden. Doch in den vergangenen dreißig Stunden hatte sie erfahren, dass ihre aus Hollywoodfilmen gespeiste Vorstellung darüber, wie solche Dinge ablaufen, wenig mit der Realität zu tun hatten. Das einzige erstrebte Ziel der Einsatzteams für Entführungen mit Lösegeldforderung war, ihre Kunden so schnell wie möglich lebend zurückzuholen.
Aus diesem Grund hatten sich Interpol und Polizei zurückgehalten, die Verhandlungen hatten sich nicht unnötig in die Länge gezogen, und niemand, zuallerletzt das K&R-Team, beabsichtigte, die Kidnapper zu überwältigen, um die Geisel zu befreien.
Sie würden natürlich nicht einfach nur das Bargeld abliefern. Rorys Kontaktmann bei Interpol hatte veranlasst, dass die Banknoten mit einer Chemikalie beschichtet wurden, die für das bloße Auge unsichtbare, aber unauslöschliche Fingerabdrücke aufnahm. Außerdem hatte das K&R-Team in der Umhängetasche, mit der das Lösegeld transportiert wurde, mikroskopisch kleine Sender angebracht.
Desgleichen hatten sie eine Minikamera am Gestell von Rorys Fliegersonnenbrille installiert. Das Gerät übertrug verblüffend klare Aufnahmen über Satellit. So klar, dass Caroline ihr Gesicht auf einem der drei separaten Computerbildschirme sah, als Rory sie beiseitenahm und ihr versicherte, dass sie sich nicht zu sorgen brauchte.
„Aber natürlich, ich bin ganz beruhigt! Ich verstehe immer noch nicht,
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