JULIA VALENTINSBAND Band 21
warum ausgerechnet du das Geld überbringen musst“, murrte sie mit einem Blick zu den anderen. „Das gehört doch zum Beruf dieser Leute.“
Sie wusste, auch ohne dass Rory ihr diesen trockenen Blick zuwarf, wie dumm das klang. Diese Dinge gehörten natürlich auch zu seinem Geschäft, er war genauso Profiwie die anderen. Er hatte sich vom ersten Augenblick an mit dem Fall beschäftigt und, ohne dass man es hätte besprechen müssen, die Führung über die ganze Aktion übernommen.
„Glaubst du … glaubst du wirklich, sie werden Juan und seinen Fahrer freilassen?“
„Es ist ein Geschäft, Caroline. Diese Mistkerle machen das professionell. Sie wissen, dass die Versicherungsgesellschaften nicht mehr zahlen, wenn sie die Geiseln nicht wie versprochen ausliefern. Deshalb enden lediglich zwei Prozent der Entführungsfälle, bei denen die K&R-Einheiten tätig werden, mit dem Tod der Geisel.“
„Das hast du bereits gesagt.“
Tatsächlich sogar mehrere Male. Irgendwie überzeugte diese achtundneunzigprozentige Erfolgsrate Caroline diesmal aber nicht so wie ein paar Tage zuvor, als Rory davon gesprochen hatte. Vor allem, während sie ihn beobachtete, wie er sich an Schulter und Knöchel ein Holster befestigte.
Sie sah zu Elena hinüber, die mit einem leichenblassen Gesicht und vollkommen benommen in der anderen Ecke des Zimmers saß. Caro war klar, dass ihre Ängste und Befürchtungen bei Weitem nicht an das herankamen, was diese verzweifelte Frau durchmachte. Trotzdem war sie so besorgt, dass sie Rorys Gesicht mit beiden Händen umfasste.
Die Bartstoppeln kitzelten an ihren Handflächen. Der Smaragdring, den er ihr auf den Finger geschoben hatte, glitzerte im Abendlicht. Doch Caroline registrierte nichts von alldem, als sie ihn flehend ansah.
„Bitte versprich mir, dass du vorsichtig bist.“
„Das ist doch selbstverständlich.“
„Und wenn du mit den Kidnappern fertig bist, reden wir über unsere eigenen Geschäfte.“
Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht und zauberte kleine Lachfältchen in seine Augenwinkel. Wolfsaugen, dachte sie, und ihr wurde die Kehle eng. Bereit, die Beute auszukundschaften und zu verfolgen.
„Genau. Wir müssen immer noch die Details unserer Fernbeziehung besprechen.“
„Vielleicht nicht ganz so fern“, sagte sie leise und stellte sich auf die Zehenspitzen.
„Wieso?“
„Darüber reden wir, wenn das hier vorbei ist.“
Caroline küsste ihn heftig und leidenschaftlich.
„Komm zurück, Rory. Diesmal musst du zurückkommen.“
10. KAPITEL
Die nächsten drei Stunden konnte Caroline nicht richtig durchatmen. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu, während sie die verblüffend klaren Aufnahmen verfolgte, die von der auf Rorys Sonnenbrille installierten Kamera gesendet wurden.
Auf Anweisung der Entführer fuhr er kreuz und quer durch Barcelona. Sie gaben ihm nur wenige Minuten Zeit, um ein Taxi zu winken, mit dem er durch die Gegend raste, und nur Sekunden, um in eine U-Bahn zu springen, die gerade zur Stoßzeit gerammelt voll mit Pendlern war. Zwei aus dem K&R-Team hatten ihn noch bis zur Metro verfolgen können. Sie verloren ihn, als er sich in den Strom der mehr als neunzigtausend fanatischen Fußballfans auf dem Weg ins Camp-Nou-Stadion von Barcelona mischte.
Als er die Abgabe endlich hinter sich hatte und sich auf den Rückweg machte, hätte Caroline am liebsten vor Erleichterung geheult oder vor Freude gejuchzt. Der Anblick von Elenas leichenblassem Gesicht hinderte sie jedoch daran, eins von beidem zu tun. Aber sie konnte sich nicht bremsen und musste Rory stürmisch umarmen, als er ins Haus der Casteels zurückkehrte.
Danach konnten sie nichts anderes tun, als vor dem Computer auszuharren, während die K&R-Leute den Transport des Lösegelds durch Nordspanien verfolgten. Nachdem eine nervenzerreißende Stunde der nächsten folgte, erfasste die gesamte Mannschaft ein angespanntes Schweigen. Caroline kochte eine Kanne Kaffee nach der anderen. Elena verlor nun endgültig die Nerven, doch sie weigerte sich, Beruhigungsmittel zu nehmen oder sich hinzulegen.
Dann, kurz vor Mitternacht, klingelte das Telefon, und der von allen erwartete Anruf kam. Ein Lkw-Fahrer hatte Juan Casteel und seinen Chauffeur, die auf einer einsamen Landstraße herumstolperten, aufgegriffen. Ihre Augen, Mund und Hände waren mit Klebeband verbunden, sie wiesen einige schwere Blutergüsse auf, waren aber ansonsten unverletzt.
Rory und drei Mitglieder des Teams stürzten aus dem Haus,
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