Julia-Weihnachten Band 23
reckte sie sich und küsste Gideon auf die Wange. „Wo in aller Welt hast du den gefunden?“
„In einem winzigen Antiquitätengeschäft in London. Ich habe ihn schon vor einer ganzen Weile gekauft. Er ist aus dem frühen 19. Jahrhundert, aber leider nicht ganz perfekt.“
„Doch, er ist perfekt“, sagte Felicia heftig. „Tausend Dank, Gideon. Ich werde ihn in meinem Schlafzimmer aufhängen.“
„Ich freue mich, dass dir der Teller gefällt. Da ist noch ein Geschenk“, fügte er hinzu.
„Das ist für dich.“ Felicia reichte ihm das Päckchen. „Ich dachte, es würde dir gefallen, nachdem du jetzt zeitweise in Chastlecombe leben wirst.“
Gideon wickelte das große Buch aus und betrachtete die hübschen Aquarelle so lange schweigend, dass Felicia schon fürchtete, sie könnte einen gewaltigen Fehler begangen haben.
„Die sind einfach wunderbar“, sagte er endlich und räusperte sich verlegen. Er betrachtete jedes Bild und legte das Buch anschließend behutsam auf den Tisch. „Ganz vielen Dank, Felicia. Ich werde es an einen bevorzugten Platz stellen, damit alle es bewundern können.“ Er sah sie von der Seite an. „Was hast du deinem Anwalt geschenkt?“
„Eine Kiste Wein, den er besonders liebt. Und er hat mir ein Parfüm geschenkt, das ich nicht leiden kann“, fügte sie ungerührt hinzu.
„Dann haben wir beide es also entschieden besser getroffen“, sagte Gideon leise, beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Wange.
So flüchtig der Kuss war, er glich einem Streichholz, das man mit schneller Handbewegung anreißt. Beinahe gleichzeitig spürten sie die Flamme lodern. Gideon riss Felicia in seine Arme, küsste sie auf den Mund, und sie küsste ihn mit einer Inbrunst zurück, die sie nicht unterdrücken konnte. Viel zu schnell hob Gideon den Kopf und ließ sie los.
„Ich gehe kurz mit den Hunden hinaus“, erklärte er mit unsicherer Stimme.
„In Ordnung.“ Sie wich seinem Blick aus. „Und ich mache uns inzwischen Kaffee. Es sei denn, du möchtest schnell nach Hause.“
Mit einem vernichtenden Ausdruck in den Augen sah er sie an. „Welchen Grund sollte ich haben, in ein leeres Haus zurückzukehren, anstatt bei dir zu bleiben? Ich gehe, wenn du mir sagst, dass ich gehen soll – vorher nicht.“
„Weshalb hast du es dann so eilig, die Hunde hinauszulassen?“, fragte sie. „Bran und Jet melden sich selber, wenn sie nach draußen möchten.“
„Weil du heute noch unwiderstehlicher bist als mit sechzehn“, erklärte er barsch. „Ich brauche einige Minuten in der kalten Nachtluft, um einen klaren Kopf zu bekommen, den ich gerade fast wieder verloren hätte.“
Gideon Ford wird sich doch weiterentwickelt haben von dem außergewöhnlichen Tugendbold, der er als junger Mann gewesen ist?, überlegte Felicia verärgert. Es war demütigend, einen Mann zu begehren, der sich besser im Griff hatte als man selbst.
Vor einigen Stunden hatte er ihr auch ohne Worte zu verstehen gegeben, dass er sie wollte. Offensichtlich hatte er nicht die Absicht, entsprechend zu handeln. Dabei hätte sie sich im Moment gern mit ein oder zwei weiteren Küssen begnügt. Ein kleines romantisches Zwischenspiel wäre sehr nett gewesen, und sei es nur um der alten Zeiten willen.
„Soll ich sie anleinen?“, fragte Gideon, während die Tiere übermütig um ihn herumtobten.
„Nein, das ist nicht nötig. Sie haben noch nichts Richtiges zum Abendessen bekommen und werden nicht lange fortbleiben oder gar weglaufen“, versicherte sie ihm.
Während Gideon draußen war, füllte Felicia die Näpfe der Hunde und stellte die Kaffeemaschine an. Was sollten sie nach der kleinen peinlichen Episode eben als nächstes tun? Ursprünglich hatte sie vorgehabt, dass sie jetzt fernsehen sollten – einen sentimentalen Weihnachtsfilm oder einen unvermeidlichen James Bond. Ob ihrem Gast so etwas gefiel? Dass sie als Teenager einige wenige Wochen so etwas wie eine Beziehung gehabt hatten, lieferte ihr nicht den geringsten Hinweis auf Gideons Geschmack als Erwachsener.
Er fröstelte, als er zurückkehrte. „Es sieht nach Neuschnee aus“, verkündete er, während die Hunde sich an ihm vorbei drängten und zu ihren Näpfen eilten.
„Der Kaffee ist gleich fertig. Möchtest du einen Kognak dazu?“
„Nein, danke. Nur deinen fabelhaften Kaffee.“
„In Ordnung. Ich bringe ihn gleich ins Wohnzimmer. Geh schon hinein, und kümmere dich um das Feuer. Bitte“, fügte sie lächelnd hinzu.
„Zu Befehl, Madam.“ Gideon
Weitere Kostenlose Bücher