Julia-Weihnachten Band 24
bedingungslos lieben würde, wie er es brauchte!
Aber vielleicht würde er nie eine Frau finden, die dazu fähig war. Oder er fand sie und musste dann plötzlich feststellen, dass er ihre Gefühle nicht erwidern konnte, weil er immer noch Marnie liebte.
Doch es hatte keinen Zweck, mit ihr darüber zu reden, solange sie sich in diesem Haus befanden. „Wahrscheinlich hast du recht. Schlechtes Timing meinerseits.“ Seufzend folgte er ihr durch die Eingangsdiele.
Als er am Wohnzimmer vorbeikam, stellte er sich unwillkürlich vor, mit welcher Begeisterung Cody auf den Anblick der vielen Stofftiere reagieren würde. Irgendwie übte das Haus eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Wenn er noch länger blieb, würde er womöglich noch richtig sesshaft werden.
Aber das wäre unter Garantie nur eine Phase. Menschen änderten sich eigentlich nicht.
Auf dem Weg zum Supermarkt machte Marnie sich große Vorwürfe. Was für eine dämliche Idee von ihr, Tom das Haus zu zeigen! Warum hatte sie vorher nicht zumindest die Hochzeitsfotos von der Schlafzimmerwand entfernt oder sich Gedanken darüber gemacht, wie er auf das Kinderzimmer reagieren würde?
Aber das war noch nicht mal das Schlimmste. Was sie am meisten verstörte, war, dass er die Lücke in ihrem Haus so mühelos auszufüllen schien, als gehöre er dorthin. Sie hatte nämlich bewusst Raum für einen Mann gelassen und musste nun erkennen, dass dieser Mann in ihrem Unterbewusstsein immer Tom gewesen war.
Sie konnte sich einfach keinen anderen in ihrem Zuhause vorstellen.
Trotzdem erklärte das nicht die Panik, die sie empfunden hatte, als Tom in ihrem Bett mit ihr schlafen wollte. Wo lag eigentlich ihr Problem? Hatte sie etwa Angst, nie wieder einen anderen Mann mit nach Hause bringen zu können, wenn sie dort erst einmal mit Tom geschlafen hatte? Oder wollte sie einfach nicht allein in einem Haus voller Erinnerungen zurückbleiben?
„Marnie?“, fragte Tom. „Wenn ich gerade zu weit gegangen bin, entschuldige ich mich dafür.“
„Du hast nichts falsch gemacht.“ Bis auf dass ich mich nie in dich hätte verlieben dürfen.
„Weichst du deshalb die ganze Zeit meinem Blick aus?“
„Ich sitze gerade hinterm Steuer!“
„Und wenn du nicht aufpasst, wirst du es noch aus der Verankerung reißen.“
Marnie lockerte ihren Griff, festigte ihn jedoch wieder, als sie auf den Parkplatz des Supermarkts einbog. Sie brauchte ihre ganze Konzentration, um sich den Weg durch die zahlreichen, Einkaufswagen vor sich herschiebenden und mit Tüten bepackten Kunden zu bahnen.
Als sie schließlich den Motor abstellte, war Tom so fasziniert vom Anblick der vielen Menschen, dass er ihr Gespräch Gott sei Dank vergessen zu haben schien.
„Hier ist ja ganz schön was los“, stellte er fest, als er ausstieg. „Ich hatte Ryder’s Crossing immer als Kleinstadt in Erinnerung, aber ich kenne keinen Menschen hier.“
Marnie war es bei ihrer Rückkehr ähnlich ergangen. Die Stadt war so stark gewachsen, dass sie kaum wiederzuerkennen war.
Manchmal vermisste sie das Gefühl, dass hier jeder jeden kannte, aber ihre Buchhandlung profitierte natürlich von der wachsenden Kundschaft. Außerdem konnte man die Zeit sowieso nicht zurückdrehen.
Auf dem Bordstein blieb Tom vor einem Zeitschriftenstand stehen. „Sieht so aus, als habe das Crossroads Journal expandiert“, stellte er fest.
„Ja, es erscheint inzwischen täglich und hat verschiedene Beilagen.“
Tom warf eine Münze in den dafür vorgesehenen Behälter und nahm sich ein Exemplar heraus. „Hat Granny eigentlich ein Abo?“, fragte er.
„Nein, ich lasse mir die Zeitung immer in den Laden liefern und bringe ihr dann die alten Ausgaben mit“, antwortete sie. „Die meisten Informationen bezieht sie ohnehin aus dem Fernsehen.“
Das Angebot im Supermarkt war so groß, dass Marnie einfach nicht widerstehen konnte und wesentlich mehr einkaufte als nur Paniermehl und Frittieröl. „Was meinst du?“, sagte sie zu Tom. „Wollen wir morgen zum Frühstück Blaubeeren oder Äpfel zu den Pfannkuchen essen?“
„Nimm beides. Mal ein Risiko …“, sagte Tom geistesabwesend. Er sah so nachdenklich aus, dass Marnie sich unwillkürlich fragte, was in ihm vorging. Schade, dass sie seine Gedanken nicht lesen konnte.
Ob sie ihm doch von dem Angebot der Handelskammer erzählen sollte? Wer weiß, vielleicht würde er nach ihrem Spontanausflug in die Stadt ja zumindest mal darüber nachdenken. Ryder’s Crossing mit eigenen Augen
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