Julia-Weihnachten Band 24
zu sehen, schien mehr Früchte zu tragen als sämtliche Argumente ihrerseits.
Vielleicht war Tom ja doch irgendwann so weit, endlich die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sesshaft zu werden. Oder zumindest mehr, als ihm bewusst war.
Als sie aus dem Supermarkt traten, war das Schneetreiben bereits ziemlich dicht, und die Autos strömten in Massen auf den Parkplatz.
„Wahnsinn“, sagte Tom. „Wo kommen die nur alle her?“
„Glaubst du mir jetzt endlich, dass die Stadt sich verändert hat?“, fragte Marnie scherzhaft.
Tom nahm ihre beiden Einkaufstüten aus dem Einkaufswagen. „Ich habe dir auch so geglaubt. Aber es mit eigenen Augen zu sehen, ist natürlich etwas anderes.“
„Okay, wenn das so ist, würde ich gern etwas mit dir besprechen.“ Marnie holte tief Luft. „Es geht um die Handelskammer.“
Doch Tom hörte gar nicht mehr zu. Er hatte den Blick starr auf eine Familie gerichtet, die gerade aus einem Kleinbus stieg.
Marnie erkannte den untersetzten Vater sofort und erschrak. Es handelte sich nämlich um Luke Skerritt, den Präsidenten der Handelskammer und Teilhaber der größten Baufirma der Stadt.
Ausgerechnet jetzt, wo Tom endlich etwas versöhnlicher gestimmt war, musste er seinem Erzfeind aus der Highschool begegnen!
10. KAPITEL
Das ist ja total albern, sagte Tom sich. Er hatte schon Außenministern die Hand geschüttelt und war mit US-Botschaftern einen trinken gegangen. Und jetzt stand er angespannt vor einem Supermarkt, nur weil ihm gleich irgendein Kerl entgegentreten würde, den er noch von der Highschool kannte.
Okay, Luke Skerritt war nicht irgendeiner, sondern der ehemalige Kapitän des Football-Teams und außerdem der Sohn des früheren Bürgermeisters. Seine Familie gehörte zu der Sorte Menschen, die Toms Vater noch nicht mal ihren Keller hätten reparieren lassen, weil sie ihm nicht über den Weg trauten.
Tom konnte ihnen keinen Vorwurf daraus machen. Sein Vater war bekannt dafür gewesen, öfter mal etwas mitgehen zu lassen, wenn er gerade Alkohol brauchte.
Trotzdem war das keine Entschuldigung für die herablassende und feindselige Art, mit der Luke ihn damals behandelt hatte, ganz zu schweigen von seiner unfairen Unterstellung auf der Abschlussfeier. Tom konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Luke die Unverfrorenheit besitzen würde, ihn hier in aller Öffentlichkeit anzugreifen, aber man konnte ja nie wissen.
Das Schlimmste war jedoch, wie wenig kalt ihn die Begegnung mit Luke Skerritt ließ. Es war furchtbar, sich einem kleingeistigen Snob wie ihm so ausgeliefert zu fühlen, aber irgendwie war Tom machtlos dagegen.
Bei näherem Hinsehen wirkte Luke jedoch viel weniger einschüchternd als damals auf der Highschool. Waren seine Schultern früher nicht irgendwie breiter gewesen, oder hatte das nur an den Schulterpolstern seiner Schuluniform gelegen?
Luke half gerade einer schwangeren blonden Frau aus seinem Auto. Zwei Jungs im Alter von etwa fünf und acht waren bereits ausgestiegen und warteten geduldig auf ihre Eltern.
Typisch Luke, sogar an einem Feiertag im Supermarkt einen Anzug zu tragen! Er hatte schon immer alle anderen ausstechen wollen.
Als die Skerritts den Bordstein betraten, fing Luke Toms Blick auf. In den Augen des Mannes flackerte etwas auf. Offensichtlich erkannte er Tom wieder.
„Spring ihm bitte nicht an die Gurgel“, flüsterte Marnie Tom zu.
„Sehe ich denn so aus?“
„Allerdings. Als würdest du ihn gleich in Grund und Boden stampfen wollen.“
„Echt?“, fragte Tom überrascht. „Dabei bin doch nicht ich der Fünfhundertpfund-Gorilla hier.“
„Das glaubst du!“
Je näher der einstige Football-Star kam, desto veränderter sah er aus. Sein Gesicht war voller geworden und sein Haar vorzeitig ergraut. Außerdem schien er mit Übergewicht zu kämpfen.
Doch am bemerkenswertesten war sein veränderter Gesichtsausdruck. Keine Spur von Geringschätzung mehr. Im Gegenteil, er wirkte fast ein bisschen eingeschüchtert.
„Ich weiß nicht, ob du dich noch an mich erinnerst“, sprach Luke ihn an. „Ich bin Luke Skerritt, und das ist meine Frau Sue Anne.“
Verwirrt schüttelte Tom ihnen die Hände. „Schön, Sie kennenzulernen, Sue Anne.“ Hatte Luke einen Scherz gemacht, als er ihm unterstellte, ihn vergessen zu haben? Nach einem neutralen Gesprächsthema suchend, sagte er: „Wann kommt das Baby zur Welt?“
„In zwei Monaten.“ Mrs Skerritt lächelte ihrem Mann zu. „Und es ist auf jeden Fall unser letztes. Es wird
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