Julia-Weihnachten Band 24
Liebe als Allheilmittel, doch Tom wusste es besser. Schließlich hatte seine Mutter seinen Vater ebenfalls mal geliebt, aber nichts hatte sich dadurch geändert.
Das hieß natürlich nicht, dass Marnie und er nicht trotzdem wieder zusammen sein konnten. Wenn sie ihn doch nur so akzeptieren würde, wie er war, und mit ihm nach Italien gehen würde!
Tom spürte, wie seine innere Anspannung bei dem Gedanken an sie und an ihr freches Lächeln nach und nach von ihm abfiel. Wozu in der Vergangenheit herumwühlen, wenn er mit der Frau, die er liebte, Weihnachten feiern konnte?
Plötzlich konnte er es kaum noch erwarten, nach Hause zurückzukehren.
Bei seiner Ankunft auf der Farm erblickte er eine seltsame Szene: Marnie, ihr Onkel und ihre Tante standen wie angewurzelt da und starrten eine Menschengruppe an, die vor einem heruntergekommenen Minibus stand.
Dabei handelte es sich um ein Baby, dessen dunkelhaarige Mutter und einen jungen Mann, der dringend einen Haarschnitt brauchte. Erst auf den zweiten Blick erkannte Tom, dass es sich dabei um Marnies Cousin Mike handelte.
Die Einzigen, die nicht reglos dastanden, waren Jolene, die dem Baby die Wange streichelte, und Cody, der aufgeregt an Marnie auf und ab hüpfte.
Tom erfasste die Situation auf den ersten Blick: Offensichtlich hatte Mike seine Eltern mit einer neuen Frau und einem Kind überrascht.
Das Haus würde jetzt voll sein, und das ausgerechnet in dem Augenblick, in dem Tom am liebsten mit Marnie allein gewesen wäre. Er hatte sich auf der Rückfahrt nämlich fest vorgenommen, sie mit allen Mitteln davon zu überzeugen, mit ihm zu kommen.
Mission gescheitert. Seufzend stieg Tom aus dem Auto und ging auf die anderen zu, um sie zu begrüßen.
Außer Cody beachtete ihn jedoch niemand, denn die anderen hatten sich inzwischen von ihrem Schock erholt und sprachen plötzlich alle gleichzeitig.
„Wer ist denn das?“, fragte Norbert Mike.
„Du hast ein Baby?“, warf Linda fassungslos ein.
„Ich dachte, Granny hat euch schon davon erzählt“, antwortete Mike verlegen.
„Was? Deine Eltern wissen überhaupt noch nichts von uns?“, fragte ihn die dunkelhaarige Frau empört.
Mike wurde rot. „Ich dachte, sie würden es noch früh genug herausfinden.“
„Aber du hattest es mir doch fest versprochen!“ Wütend schleuderte die Frau ihre dunklen Zöpfe über die Schultern und ging auf Linda zu. „Hallo, ich bin Bonita. Mike und ich haben vor vier Monaten geheiratet, einen Monat vor Josefinas Geburt. Er hat mir gesagt, dass er Sie zur Hochzeit eingeladen hat, aber offensichtlich war das eine Lüge.“
Typisch Mike. Er hatte bestimmt Angst vor der Reaktion seiner Eltern auf eine im achten Monat schwangere Braut gehabt, aber er war schon immer ein Feigling gewesen, wenn es darum ging, Verantwortung zu übernehmen.
Gott sei Dank reagierte Linda sehr souverän auf die peinliche Situation. „Willkommen in unserer Familie“, sagte sie freundlich und streckte die Arme nach dem Baby aus. Bonita überreichte es ihr nach kurzem Zögern. „Was für ein süßes Ding!“, rief Linda. „Mein erstes Enkelkind!“
Norbert schüttelte seiner Schwiegertochter die Hand. „Schön, Sie kennenzulernen, Bonita. Woher kommen Sie?“
„Aus Santa Fe. Meine Familie ist dort seit drei Generationen ansässig.“
Tom begrüßte das neue Familienmitglied voller Bewunderung. Offensichtlich hatte sie erheblich mehr Rückgrat als ihr Mann.
Mike ließ zerknirscht den Kopf sinken. Wahrscheinlich würde er sich nachher noch allerhand von seiner Frau anhören müssen, aber Toms Meinung nach hatte er es auch nicht besser verdient.
Schließlich gingen alle ins Haus. Tom nahm sich vor, einen günstigen Zeitpunkt abzuwarten, um mit Marnie zu reden. Auf keinen Fall wollte er ohne ihr Versprechen, ihm nach Rom zu folgen, abreisen.
In der Küche vibrierte die Luft vor lauter Aktivität. Marnie frittierte das Huhn, während Linda Brötchen buk und Jolene am Küchentisch den Salat vorbereitete.
Kurz darauf gesellte sich auch Bonita zu ihnen und scheuchte die Männer hinaus, damit sie ungestört stillen konnte. Die kleine Josie mit ihrem dunklen Haarschopf war so süß, dass Marnie kaum den Blick von ihr losreißen konnte.
Ihr Wunsch nach einem eigenen Baby war plötzlich wieder unerträglich stark. Offensichtlich hatte der Kontakt zu Cody nichts daran geändert.
Sie wollte endlich selbst Mutter sein, ein eigenes Baby aufwachsen sehen und das Wunder erleben, wie es laufen und sprechen
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