Julia-Weihnachten Band 24
bald ankommen“, antwortete Jolene. „Perfektes Timing, oder?“
„Scheint so“, sagte Norbert kühl, obwohl er sich insgeheim bestimmt genauso auf seinen Sohn freute wie seine Frau.
Als die drei sich das letzte Mal gesehen hatten, waren viele böse Worte gefallen, und seitdem herrschte Funkstille zwischen ihnen. Kein Wunder, dass Norbert und Linda so nervös waren.
Nachdem die beiden ihre Koffer verstaut hatten, wurde es allmählich Zeit, das frittierte Huhn vorzubereiten. Doch als Marnie sich gerade die Schürze umbinden wollte, hörte sie das Geräusch eines alten Motors in der Einfahrt.
Das musste Mike sein.
Als sie den anderen vor die Tür folgte, sah sie einen rostigen Kleinbus vorfahren. Ein Mann mit langem Haar winkte ihnen durch das Fenster zu.
Linda ging ein paar Schritte auf den Wagen zu, blieb jedoch wie angewurzelt stehen, als sie plötzlich eine junge Frau mit brauner Haut und zwei langen schwarzen Zöpfen aussteigen sah.
„Oh je“, murmelte Norbert vor sich hin. „Er hat einen Hippie mitgebracht.“
„Hi alle miteinander!“, rief Mike ihnen zu, während er in zerrissener Jeans und Batikhemd aus dem Auto sprang. Unwillkürlich fragte Marnie sich, ob er sich vielleicht extra so angezogen hatte, um seine Eltern zu ärgern. Man konnte nur hoffen, dass er seine Freundin nicht auch aus dem gleichen Grund ausgesucht hatte.
„Hallo, du Schlingel!“, begrüßte Jolene ihn und drückte ihn an sich. „Und das muss Bonita sein!“
Marnie wurde bewusst, dass es ihrer Großmutter mal wieder erfolgreich gelungen war, dem Rest der Familie wichtige Informationen vorzuenthalten.
„Hast du es ihnen eigentlich schon erzählt?“, fragte Mike Jolene.
„Was erzählt?“, fragte Norbert misstrauisch.
„Nein, ich wollte, dass du ihnen die gute Nachricht selbst mitteilst“, antwortete die alte Dame, ließ Mike jedoch gar nicht erst zu Wort kommen. „Linda, Norbert, ich möchte euch eure neue Schwiegertochter vorstellen“, sagte sie. „Und noch jemanden.“
Was? Ist da etwa noch jemand dabei? fragte Marnie sich wie betäubt. Kurz darauf beobachtete sie, wie Bonita ein Baby vom Rücksitz abschnallte.
11. KAPITEL
Als Tom das Haus verließ, hatte er zunächst keine Ahnung, wo er eigentlich hinwollte. Also setzte er sich einfach ins Auto und fuhr los. Irgendwie musste er erst einmal die vielen neuen Eindrücke des Tages verarbeiten.
Immer wieder spukte ihm das Wort „Bürgermeister“ im Kopf herum, auch wenn die Vorstellung natürlich total verrückt war. Marnie hatte das Amt schließlich nur als Möglichkeit in den Raum gestellt.
Bis zu dem heutigen Tag hätte Tom nicht im Traum mit einer solchen Möglichkeit gerechnet, aber inzwischen hatte er sich mit eigenen Augen davon überzeugen können, dass das Angebot der Handelskammer auf mehr beruhte als nur auf Marnies blindem Vertrauen in seine Fähigkeiten.
Bettys unverhohlene Bewunderung für ihn war der erste Hinweis darauf gewesen, aber sie war ein so positiver Mensch, dass er sie nicht besonders ernst genommen hatte.
Luke Skerritts Verhalten war da schon viel aufschlussreicher gewesen. Sein Respekt vor Tom war nicht gespielt, und er schien sich wirklich darüber gefreut zu haben, dass er sich noch an ihn erinnerte.
Doch die größte Überraschung war Robby Jones’ Kolumne. Auch wenn Robby Tom nicht namentlich erwähnt hatte, waren die anderen beiden Kandidaten – ein Fliegenfischermeister und ein pensionierter Mathematiker – so ungeeignet für das Amt des Handelskammerpräsidenten, dass völlig offensichtlich war, wen er für den Job wollte.
Toms Vorbehalte gegen Ryder’s Crossing waren anscheinend völlig unbegründet. Zumindest brauchte er sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen, dass man Cody hier schlecht behandeln würde.
Und sollte die Stadt so weiterwachsen wie bisher, würde man hier tatsächlich bald einen fähigen Bürgermeister brauchen – allerdings jemanden, der auch bereit war, sein ganzes Leben hier zu verbringen. Und eine solche Zukunft konnte Tom sich beim besten Willen nicht vorstellen.
Sein Leben gefiel ihm so, wie es war, und er mochte das Gefühl, einen Beitrag zum Weltgeschehen zu leisten, ganz egal, wie klein er auch war.
Den Rest seines Lebens an einem einzigen Ort zu verbringen, kam für ihn daher nicht infrage. Dafür reiste er einfach viel zu gern und lernte zu gern neue Kulturen kennen.
Sein Beruf war für ihn quasi wie maßgeschneidert. Es wäre verrückt, ihn aufzugeben.
Tom war so in Gedanken
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