Julia-Weihnachten Band 24
lernte. Sie wollte ein Kind, das voll und ganz zu ihr gehörte.
Und zu Tom. Mit einem schmerzhaften Stich wurde ihr bewusst, dass sie ihn tief in ihrem Innern wohl noch immer als ihren Mann betrachtete. Sie wollte ein Kind mit ihm. Ob er auch je eins von ihr haben wollte?
Doch das laute Stimmengewirr in der Küche machte das Grübeln unmöglich.
Nachdem sich alle zum Essen um den Tisch versammelt hatten, sprach Norbert das Tischgebet, und danach begann ein lebhaftes Gespräch. Nur Mike beteiligte sich nicht daran. Er sah so mitleiderregend aus, dass Marnie sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen konnte.
Als sie sich ein Brötchen mit Butter bestrich, warf sie einen verstohlenen Blick zu Tom. Er trug einen hellblauen Pullover, der seine Augen leuchten ließ, und wirkte total gelassen und entspannt. Dabei war er vor seinem Verschwinden vorhin doch noch total aufgewühlt gewesen, da war sie sich ganz sicher.
Wo er wohl hingefahren war? Und ob er bereits eine Entscheidung getroffen hatte?
Die positive Reaktion der anderen auf ihn hatte ihm ganz schön zu denken gegeben, vor allem die Lukes und Robbys. Tom erkannte die beiden bestimmt nicht wieder.
Hoffentlich hatte er eingesehen, dass die Stadt ihn dringend brauchte.
Oder verlangte sie da vielleicht zu viel von ihm? War es sehr selbstsüchtig von ihr zu erwarten, dass er ihretwegen seinen Beruf aufgab?
Kurz entschlossen nahm sie sich vor, ihn später am Abend in seinem Schlafzimmer aufzusuchen, um in Ruhe mit ihm über alles zu reden. Sobald die anderen im Bett waren.
Denn wer weiß, vielleicht war ihm ja heute endlich bewusst geworden, dass er hierher gehörte, zu ihr.
Hauptsache, er brach ihr nicht wieder das Herz.
Nachdem sie auf ihr Zimmer gegangen war, zwang sie sich, dort zu warten, bis Norbert und Linda höchstwahrscheinlich eingeschlafen waren. In der Zwischenzeit versuchte sie, sich auf einen Krimi zu konzentrieren, aber die Worte ergaben einfach keinen Sinn, sodass sie es irgendwann aufgab.
Verdammt, diese Heimlichtuerei war doch total albern! Sie war eine geschiedene Frau in den Dreißigern, und wenn sie nachts ihren Exmann besuchen wollte, war das allein ihre Angelegenheit!
Als Marnie aufstand, stellte zu ihrer Überraschung fest, dass die Knie unter ihr nachgaben. Warum um alles in der Welt war sie nur so nervös?
Weil diese Nacht entscheidend ist.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und Marnies Herz machte einen Satz. „Ja?“, fragte sie nervös.
Die Klinke bewegte sich, und Tom spähte ins Zimmer. „Darf ich reinkommen?“, fragte er.
„Natürlich.“ Rasch winkte sie ihn rein und schloss die Tür hinter ihm. „Ich wollte mich gerade zu dir schleichen.“
Er grinste. „Kommst du dir auch wieder vor wie mit sechzehn? Obwohl wir so etwas in diesem Alter nie gewagt hätten.“
„Da hast du recht.“ Als Teenager hatte Marnie sich zwar jede Nacht im Bett vorgestellt, wie Tom sie in die Arme nahm und küsste, aber ihre Fantasien waren nie darüber hinausgegangen. Tom und sie hatten genau gewusst, dass ihre Beziehung platonisch bleiben musste, solange sie im selben Haus wohnten.
Doch das hatte sich inzwischen geändert. Als Marnie hörte, wie Toms Atem sich bei ihrem Anblick beschleunigte, wurde ihr schlagartig heiß.
Allerdings war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Sex. Hastig setzte sie sich an den Frisiertisch. „Wo bist du eigentlich heute hingefahren?“, fragte sie.
Tom ließ sich auf die Bettkante sinken. „Zu Dads Haus oder vielmehr dem, was davon noch übrig ist.“
„Ist es dir sehr schwergefallen?“
„Ja.“
Marnie wartete einen Moment darauf, dass er weitersprach, doch als nichts kam, beschloss sie, nicht weiter in ihn zu dringen. „Hast du noch mal über den Job bei der Handelskammer nachgedacht?“
Sein Gesichtsausdruck war undurchdringlich. „Ja, habe ich“, antwortete er.
„Nicht dass ich dich drängen will.“ Unsinn, warum sagte sie nicht einfach die Wahrheit? „Quatsch, natürlich will ich das! Nimm ihn an!“
Tom lachte. „Dein Enthusiasmus ist wirklich schmeichelhaft.“
Marnie war erleichtert, dass er so entspannt reagierte, wusste jedoch, dass seine Stimmung jederzeit kippen konnte. „Lass dich doch nur dieses eine Mal von der Meinung anderer Leute beeinflussen. Man respektiert dich hier wirklich sehr. Man bewundert dich. Und man will dich.“
„Sprichst du nur von den anderen, oder auch von dir?“, neckte er sie.
Die paar Schritte Abstand zwischen ihnen kamen Marnie
Weitere Kostenlose Bücher