Julia-Weihnachten Band 24
und einem Mann, der sie schon bei ihrer ersten Begegnung in sein Bett zerren wollte –, war sicherlich keine kluge Entscheidung gewesen. Sie hätte stärker sein und ihm widerstehen müssen.
Denn sie wusste nur zu gut, dass sie auf keinen Fall während ihres restlichen Aufenthalts in Glendovia die heimliche Geliebte von Prinz Nicolas spielen würde.
Mit diesem festen Entschluss ging sie durch den langen Korridor auf die geschwungene weiße Marmortreppe zu. Es war niemand zu sehen, nicht einmal einer der Dienstboten. Das verstärkte nur noch ihr schlechtes Gewissen, weil sie so lange geschlafen hatte.
Als sie den Speisesaal betrat, in dem sie bisher die meiste Zeit mit den übrigen Mitgliedern der königlichen Familie außer Nicolas verbracht hatte, war auch dort niemand. Das Frühstücksgeschirr war längst abgeräumt worden.
Sie ging zurück durch die Halle hinüber in den Trakt, wo sich Nicolas’ Büro befand. Obwohl sie nicht besonders erpicht darauf war, ihm im Moment zu begegnen, war er schließlich doch ihr Auftraggeber, und sie hatte ihren Arbeitstag bereits spät begonnen.
Die Tür war geschlossen, daher klopfte Alandra leise an und hoffte halb, dass Nicolas nicht da wäre. Aber gleich nach dem ersten Klopfen hörte sie seine Stimme, als er sie hereinbat.
Sie atmete tief durch und trat ein. Dann schloss sie die schwere Tür hinter sich und blickte Nicolas an, der hinter seinem Schreibtisch saß. Er hatte einen Stapel Papiere vor sich und war offenbar in die Arbeit vertieft.
Als er zu ihr aufsah, durchfuhr sein Blick sie wie ein Blitz. Sofort war die Erinnerung an die vergangene Nacht wieder da. Hitze stieg ihr in die Wangen.
„Guten Morgen“, sagte Nicolas, legte den Stift zur Seite und stand auf. „Ich hoffe, du hast gut geschlafen.“
Sein Tonfall war förmlich, sehr viel förmlicher, als sie es von einem Mann erwarten würde, mit dem sie noch vor wenigen Stunden das Bett geteilt hatte. Aber auch wenn seine Worte keine Intimität oder gar Zweideutigkeit verrieten, glitt sein Blick mit einer Intensität über ihren Körper, die sie erschauern ließ. Es war beinahe wie eine Liebkosung, und nur allzu gern hätte sie sich ihm erneut hingegeben. So viel zu ihren Beschlüssen.
„Sehr gut, danke“, brachte sie schließlich hervor. Wenn er so tun wollte, als sei nichts geschehen, würde sie das Spiel mitspielen. „Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe. Auch wenn der gestrige Abend im Waisenhaus ein Erfolg war, ist das doch kein Grund, meine sonstigen Aufgaben zu vernachlässigen. Du hast mich schließlich noch für weitere Projekte engagiert.“
Sie bemühte sich, mit keinem Wort auf die Stunden nach der Veranstaltung im Waisenhaus einzugehen. Dieses Mal würde sie professionell bleiben. So war es besser für alle Beteiligten.
Nicolas hob spöttisch einen Mundwinkel, als wüsste er ganz genau, was ihr gerade durch den Kopf ging. „Ich finde nicht, dass du gleich deine Arbeit vernachlässigst, nur weil du mal ein paar Stunden länger schläfst. Aber wenn du Ideen für weitere Aktivitäten hast, dann höre ich sie mir gern an.“
Er wies auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch und bat Alandra, Platz zu nehmen. Nachdem sie sich gesetzt hatte, ging er ebenfalls zu seinem Stuhl.
„Tatsächlich habe ich da noch eine Idee“, sagte sie und stellte erleichtert fest, dass sie sich langsam entspannte. Über die Arbeit zu sprechen, war auf jeden Fall einfacher, als über die Ereignisse der vergangenen Nacht zu reden. „Nicht unbedingt für eine weitere Fundraising-Veranstaltung, sondern eher für die Gründung einer neuen Organisation.“
„Wirklich?“ Er hob erwartungsvoll eine Augenbraue und legte die Fingerspitzen aneinander, während er ihr gespannt zuhörte.
„Ja. Bei uns in den Staaten gibt es eine landesweite Initiative, die unheilbar kranken Kindern ihre Wünsche erfüllt. Ich denke, das wäre ein wunderbares Projekt, das die königliche Familie hier in Glendovia initiieren könnte. Es würde euch eine sehr positive Presse bringen und zudem ist es auch eine wirklich schöne Möglichkeit, todkranken Kindern, für die es keine Hilfe mehr gibt, eine kleine Freude zu bereiten. Ich dachte, wir könnten das Projekt vielleicht ‚Kinderträume‘ nennen.“
Nicolas dachte einige Zeit schweigend über ihre Worte nach. Dann fragte er: „Und welche Art von Wünschen würden wir den Kindern erfüllen?“
„Was immer sie wollen und was auch durchführbar ist. Bei uns organisiert das
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