Julia Weihnachtsband Band 26
Klingeln.
„Hey, Cullen!“
„Hey, Kleiner. Was gibt’s? Ist alles in Ordnung bei dir?“
„Ja. Heute Abend besucht Wendy mit mir den Weihnachtsmann.“
Cullen lehnte sich bequem ans Kopfbrett seines Hotelbetts. Er hatte gerade das letzte Vorstellungsgespräch beendet. Nachdem er mit fünfzehn potenziellen Geschäftsführern gesprochen hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass Tom Ross über sämtliche erforderlichen Qualifikationen verfügte. Cullen hatte ihn sogar durch die Fabrik geführt, und Tom hatte den Job angenommen. Er musste noch zwei Wochen Kündigungsfrist einhalten, doch nach dem hektischen Weihnachtsgeschäft hatte Barrington Candies zwei Wochen Betriebsferien. Tom stand also am ersten Arbeitstag danach zur Verfügung.
Nach dem rasanten Verlauf der letzten zwei Tage kamen Cullen ein paar Minuten leichter Unterhaltung mit dem kleinen Jungen gerade recht.
„Prima. Willst du auf seinem Schoß sitzen?“
„Ja. Und dann fotografiert mich jemand.“
„Das macht gewöhnlich ein Kobold.“
Harry lachte. Cullen schmunzelte. Der Kleine war einfach süß.
„Wenn du Lust hast, kannst du ja mitkommen.“
Die Brust wurde ihm eng. Er hätte wer weiß was für etwas mehr Zeit mit Wendy gegeben, für Zeit zu zweit, doch er hatte schon am Nachmittag begonnen, Abstand zu ihr zu gewinnen. Es war nicht ratsam, ihr einen falschen Eindruck zu vermitteln. Er wusste aus erster Hand, was aus einer Ehe wurde, wenn die Liebe starb. Er wollte nicht wie seine Eltern enden. In der erbärmlichen Hülse einer Beziehung, in der mehr gestritten als geredet wurde.
Es war besser, den Kontakt zu Wendy abzubrechen, bevor er sich in sie verliebte, falsche Entscheidungen traf und ihr, Harry und sich selbst wehtat.
„Lieber nicht …“
„Ach?“ Harrys Stimme klang unvermittelt traurig. „Du solltest den Weihnachtsmann aber auch besuchen.“
„Er bringt mir schon seit Jahren keine Geschenke mehr.“
„Aber wenn du da bist, wenn ich mit ihm spreche, dann hörst du, was ich mir wünsche.“
Cullen verkniff sich ein Lachen. Der kleine Schlingel wollte sichergehen, dass ihm zu Weihnachten alle Wünsche erfüllt wurden. „Und wenn ich dich nun mit meinem Geschenk überraschen will?“
„Und wenn du viel zu alt bist, um zu wissen, was ich haben möchte?“
Cullen lachte. Der Kleine hatte nicht ganz unrecht. Außerdem konnte er die Gelegenheit nutzen, um Wendy die Veränderung in ihrer Beziehung unmissverständlich klarzumachen, einen sauberen Schlussstrich zu ziehen.
Vielleicht konnte er sie auch über den neuen Geschäftsführer informieren. Sie sollte schließlich nicht am Montag nach dem Weihnachtsurlaub ins Büro kommen und einen neuen Chef vorfinden – einen Chef, den Cullen eingestellt hatte.
„Na gut. Und wann?“
„Wir fahren los, wenn ich ein frisches Hemd angezogen habe.“
„Dann zieh jetzt ein frisches Hemd an.“
Cullen ging zum Schrank, um seine Jacke zu holen. Plötzlich war er unsicher. In Wendys Nähe wurde er immer weich. Sie brachte ihn zum Lachen. Sie machte ihn glücklich.
Er schloss die Augen. Irgendwann einmal hatte seine Mutter auch seinen Vater glücklich gemacht. Hatte ihn zum Lachen gebracht. Und sein Vater hatte die falschen Entscheidungen getroffen, in erster Linie, um sein einziges Kind nicht zu verlieren.
Und Cullen hatte nicht nur das Elend seines Vaters, sondern auch das seiner Mutter hautnah miterlebt. Also, nein. Er würde bestimmt nicht die gleichen Fehler wie sein Vater machen.
Das festlich geschmückte Einkaufszentrum war voller fröhlicher Menschen. Weihnachtslieder erklangen aus den Lautsprechern. Wendy führte Harry zu dem mit Seilen abgesperrten Bereich, in dem der Weihnachtsmann Hof hielt. Zwei Kobolde hüteten den Zugang. Ein rundlicher Mann in rotem Weihnachtsmannkostüm und mit künstlichem weißen Haar und Bart saß auf einem goldenen Thron.
Wendy rechnete damit, dass Harry sofort zu ihm stürmen würde, doch er zögerte.
„Was ist los?“
Er blinzelte zu ihr auf und rückte seine Brille zurecht. „Hier sind keine Glocken.“
Sie lachte. Manchmal kam er auf die seltsamsten Ideen. „Glocken?“
„Du weißt schon. Silberne Glöckchen, wie in dem Lied.“
„Ach so. Na ja, silberne Glöckchen sind nur ein kleiner Teil von Weihnachten und nicht obligatorisch.“
Noch während sie sprach, sah sie Cullen auf sich zukommen. Gleichzeitig stieg ein als Rentier verkleideter Mann über die grünsamtenen Seile in den abgesperrten Bereich. Die
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