Julia Weihnachtsband Band 26
Schlittenglöckchen an seinem Halsband klingelten fröhlich.
Harry grinste. „Schon gut. Jetzt ist alles in Ordnung.“ Er drehte sich zu Cullen um. „Hey, Cullen!“
„Hey, Harry!“ Er lächelte Wendy an. „Wendy.“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Er war hier! Hatte sie vielleicht missverstanden, was am Nachmittag zwischen ihnen vorgefallen war?
Sie rief sich zur Ordnung. Sie wollte nicht „so ein“ Mädchen sein. Ein Mädchen, das sich wegen eines Mannes blamierte, der es gar nicht wollte. Am Nachmittag hatte er kaum mit ihr gesprochen. Sie hatte die Distanz zwischen sich und ihm gespürt. Da stimmte etwas nicht. Sie konnte nicht davon ausgehen, dass er gekommen war, um sie zu sehen. Wahrscheinlich war es Zufall, dass sie sich zur selben Zeit im Einkaufszentrum aufhielten.
„Hallo, Cullen.“
„Ich hoffe, es stört dich nicht, dass Harry mich eingeladen hat.“
Sie sah den Jungen an. „Das hast du getan?“
Er nickte. „Er muss doch auch wissen, was ich mir zu Weihnachten wünsche.“
Es freute sie, dass Cullen sich so für Harry einsetzte, doch dadurch wurde seine Zurückweisung ihrer Person umso deutlicher. Warum hatte er am Freitag mit ihr geflirtet, wenn er sie nicht wollte? Nein. Das war die falsche Frage. Die richtige Frage lautete: Warum hatte sie alles geglaubt, was er am Freitag gesagt hatte? Er war ein Playboy. Das wusste sie. Sie hätte sich wappnen sollen. Doch das hatte sie nicht getan, und jetzt schmerzte ihr Herz.
An diesem Abend ging es jedoch nicht um sie. Sie hatte einen Sohn, und an diesem Abend wollte er den Weihnachtsmann sehen. Morgen konnte sie nachdenken, sich schelten, Trübsal blasen.
„Gehen wir.“ Sie deutete auf die kurze Schlange vor dem Thron des Weihnachtsmanns. „Es war wohl eine gute Idee, an einem Werktag herzukommen. Heute müssen wir nicht Schlange stehen.“
Harry sah Cullen an. „Hier kannst du nichts hören. Du musst mitkommen.“
„Klar. Geh du voraus.“
Gefolgt von Wendy und Cullen hüpfte Harry zu der Bude hinter den grünen Samtseilen. Das Rentier an der Kasse nannte Wendy den Preis für das Foto, und sie zückte ihr Portemonnaie. Doch bevor sie es öffnen konnte, reichte Cullen dem Mann genug Geld für zwei Fotos.
Als der Mann Cullen das Wechselgeld herausgab, musste er sich vorbeugen, und die Glöckchen an seinem Halsband klingelten munter. Harry drückte Wendys Hand.
Sie lachte. „Glocken findest du gut, wie?“
Er nickte ernst. „Ich liebe Glocken.“
Als sie vor dem Thron des Weihnachtsmanns standen, rief der alte Mann: „Komm her, mein Kleiner. Frenchie möchte dich fotografieren.“
Harry stieg die Stufen zum Thron hinauf. Frenchie, in einem knappen roten Kostüm, stolzierte zu der Kamera auf einem Stativ in etwa zwei Meter Entfernung.
Aus den Lautsprechern ertönte das Weihnachtslied von den Silberglocken.
Harry strahlte. Wendy reckte beide Daumen hoch.
„Wofür war das denn?“
„Er mag Glocken.“
Cullen lachte. „Ja, das ist mir auch schon aufgefallen.“
Ihre Blicke begegneten sich und hielten einander fest. Erinnerungen an die Weihnachtsfeier gingen Wendy durch den Kopf. Besonders an den Gutenachtkuss. Sie spürte seine Wärme bis in die Zehen. Rief sich jede köstliche Empfindung ins Gedächtnis, erinnerte sich, wie sie sich weich an seinen kraftvollen Körper geschmiegt hatte. Und sein Augenausdruck verriet ihr, dass er sich ebenfalls erinnerte. Das Flackern in seinem Blick sprach von seinem inneren Kampf. Er mochte Wendy, wollte sie vielleicht sogar lieben, doch etwas hinderte ihn daran.
Verzweiflung überkam sie. Sie liebte ihn. Sie liebte alles an ihm. Und er wollte sie lieben, doch irgendetwas hielt ihn zurück. Aber bei jeder persönlichen Unterhaltung mit Wendy bröckelte seine Entschlossenheit. Wenn ihnen genügend Zeit bliebe, würde er irgendwann dem Drang nicht mehr widerstehen können. Er würde sich auch verlieben. Ihnen blieb jedoch keine Zeit. In ein, zwei Tagen reiste er ab.
Sie hielt seinen Blick fest, atmete leise ein und tat etwas, was sie seit einem Jahrzehnt nicht mehr getan hatte. Sie wünschte sich etwas. Nicht dass er sie liebte, sondern dass er blieb. Nicht für immer, aber lange genug, damit sie ihren Gefühlen eine Chance geben konnten. Wendy wollte sich nicht ihr Leben lang fragen, ob sie ihre Chance auf die wahre Liebe verpasst hatte, weil Cullen nicht genug Zeit hatte, um zu begreifen, dass er sie liebte. Sie wollte wissen, ob er der Richtige war … oder nicht.
Und wenn er
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