Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
zurück.“ Wieso rechtfertigte sie sich eigentlich? Sie schuldete Gabriel keine Erklärung. Dennoch musste sie sich in Acht nehmen. Er verachtete sie. Und er war gefährlich. Das war er schon damals gewesen, und jetzt erst recht. Inzwischen hatte sie die beiden besten Gründe der Welt, sich nicht auf die Vergangenheit einzulassen, sich nicht erneut wie eine Motte von der Flamme anlocken zu lassen, an der sie verbrennen würde.
„So lange nun auch wieder nicht. Erst vor zehn Jahren habe ich dich von der Straße aufgelesen, wo dein voriger Liebhaber dich stehen gelassen hatte. Erinnerst du dich noch? Da hast du mir gesagt, man habe dir eine Hauptrolle im neuesten Film eines Pornomoguls angeboten, aber für mich würdest du stattdessen eine Privatvorstellung geben. Das waren deine Worte, nicht meine!“ Gabriel ließ sie stehen und ging zielstrebig auf ihre Söhne zu. „Die Katze lässt das Mausen nicht.“
„Wohin willst du?“, fragte Sasha angstvoll, obwohl sie die Antwort kannte.
Er drehte sich zu ihr um, und sein Lächeln ließ sie erschaudern. „Ich gehe mich meinen Mündeln vorstellen“, erwiderte er leise.
Sekundenlang war Sasha versucht, sich weiter mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, die Gabriel heraufbeschworen hatte, dann schüttelte sie seine Vorwürfe einfach ab und rannte ihm nach. „Lass sie in Ruhe!“, rief sie drohend. „Wage es ja nicht, meine Kinder anzurühren!“
Mit den Jahren ist sie noch schöner geworden, musste Gabriel sich widerstrebend eingestehen und verfolgte, wie sie auf ihn zueilte. Ihre Brüste hoben und senkten sich unter dem dünnen Sommerkleid. Es beunruhigte ihn, sie so zu sehen, auf einmal verspürte er wieder das vertraute Verlangen. Erinnerungen drängten sich ihm auf. Ihre Haut schmeckte nach Frau und Sonnenschein und Sex, sie besaß herrliche feste Brüste, die sich wunderbar anfühlten. Wie oft hatten ihre dunkelbraunen Knospen ihn dazu eingeladen, sie zu berühren und zu küssen. Er sah Sasha nackt an Deck seiner Jacht vor sich, den Kopf zurückgelegt, die Meeresbrise zauste ihr Haar, und ihr verführerisches Lächeln verhieß ihm die höchsten Wonnen.
Jetzt stand sie erneut vor ihm, doch diesmal zwischen ihm und ihren Kindern. Die Mutterschaft hatte ihre Brüste voller werden lassen, was sie noch reizvoller machte, ihre Taille war nicht mehr ganz so schmal wie früher, doch ihr Körper, den er einst so gut wie seinen eigenen, vielleicht sogar noch besser gekannt hatte, war einfach dafür geschaffen, Lust zu spenden, und hatte immer noch diese erregende Wirkung auf ihn. Eine unvergleichlich leidenschaftliche, hingabefähige Geliebte war Sasha gewesen. Wenn sie miteinander schliefen, hatte sie sich ihm bedingungslos und mit Leib und Seele geschenkt. Aber natürlich war er nicht der Einzige gewesen, der das ausgekostet hatte. Und ganz gewiss nicht der Erste, der dafür bezahlt hatte, wenn auch nicht direkt mit Geld, aber mit dem Lebensstil, den die Geliebte eines reichen Mannes genoss. Das hatte sie auch mehr oder weniger an dem Abend zugegeben, an dem er sie aus der Gosse oder zumindest auf dem Weg dorthin aufgelesen hatte.
Grimmig runzelte Gabriel die Stirn. Es ärgerte ihn, dass er sich immer noch so stark mit Sasha beschäftigte. Doch jetzt war er nicht mehr so verrückt nach ihr wie damals, versuchte er sich einzureden. Sie war ihm unter die Haut gegangen, und selbst jetzt, zehn Jahre später, schmerzte die Wunde, die sie hinterlassen hatte, obwohl das Feuer, das ihn verzehrt hatte, inzwischen erloschen war. Oder hatte er selbst es brutal ausgetreten? Egal. Als er mit Sasha ins Bett gegangen war, hatte er von Anfang an gewusst, dass das unbezähmbare Begehren, das ihn zu ihr zog, nicht gut für ihn war. Schon aus Selbstschutz war es klug gewesen, seinen Teil zur Trennung von ihr beizutragen. Was er jetzt empfand, war höchstens der Nachhall eines Gefühls, das längst tot war.
Nicht ganz tot. Die Asche glühte immer noch so stark nach, dass ihn nach Rache dürstete. Schlimm genug, dass Sasha ihn wegen Carlo verlassen hatte. Der Umstand, dass sein Cousin mit ihr zwei Söhne gezeugt hatte und stolz darauf war, hatte bei ihm die alte, sorgfältig verborgene Narbe aus der Kindheit wieder aufgerissen.
Entweder war Carlo sehr dumm gewesen, oder er hatte ihm erstaunliches Vertrauen entgegengebracht, indem er ihm – einem Mann, der weder Liebe noch Mitgefühl, noch Freundlichkeit erfahren hatte – die Verantwortung für seine Zwillinge übertrug. Aber
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