Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
Stunden später blickte Gabriel von seinem Computer auf und schaute aus dem Fenster der Hauptgästesuite, die er vorübergehend als Büro benutzte. Seine Geschäfte forderten ihn, er durfte eigentlich keinen Gedanken an Sasha verschwenden, doch irgendwie drängte sie sich immer wieder in sein Bewusstsein. Obwohl sie sich so zornig und verächtlich gegeben hatte, war ihm nicht entgangen, wie stark sie auf seinen Kuss reagiert hatte.
Ob sie während der Ehe mit Carlo andere Liebhaber gehabt hatte? Bei der Vorstellung übermannte ihn ein seltsames Gefühl … kein Schmerz, eher Zorn, stellvertretend für seinen Cousin. Nachdem Sasha fortgegangen war, hatte er sich verboten, an sie zu denken, sich zu fragen, was sie tat. Doch nachdem er jetzt mit ihr zusammenwohnte, war es ihm unmöglich, sich an seinen Vorsatz zu halten. Ihre Gegenwart erfüllte das ganze Haus, und selbst wenn er Sasha nicht sah, spürte er ihre Nähe fast körperlich.
Er blickte wieder auf den Computer. Neue E-Mails waren eingegangen, darunter eine von seiner persönlichen Assistentin in Florenz. Er hatte sie beauftragt, einen Universitätsdozenten ausfindig zu machen, der die Stärken und Schwächen der Jungen beurteilen sollte. Es war wichtig, rechtzeitig über ihren zukünftigen Lebensweg zu entscheiden. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass Sasha sie wieder ins Internat steckte.
Eine E-Mail stammte von einem Architekten, der das Hotel wieder zu einer Privatvilla umgestalten sollte. Gabriel überflog sie. Überall auf der Welt besaß er Grundstücke, doch weder sie noch die Jacht waren die richtige Umgebung für zwei Neunjährige.
Rasch öffnete und las er die anderen E-Mails, dann wies er seine Assistentin an, schon mal einen der beiden Kandidaten, die sie oben auf die Liste gesetzt hatte, nach Sardinien einfliegen zu lassen, damit er ihn unter die Lupe nehmen konnte.
Natürlich würde Sasha nicht gefallen, was er vorhatte. Sie würde lieber auf seine Kosten in einer Nobelgegend mit Designergeschäften und feinen Restaurants wohnen. Und sie schien zu glauben, das Spiel bereits gewonnen zu haben, weil er ihr gestattete, auf seine Kosten auf Sardinien zu bleiben.
Aber sie würde sich wundern. Er dachte nicht daran, ihren Lebensstil zu finanzieren, auch wenn sie die unkomplizierteste, fantastischste Geliebte war, die er je gehabt hatte. Die allerbeste. Unglaublich war sie gewesen, mit keiner anderen war der Sex auch nur annähernd so überwältigend gewesen wie mit ihr. Dabei hatte er an dem Abend, als er sie aufgelesen hatte, eigentlich gar nicht vorgehabt, mit ihr zu schlafen. Sie hatte ihm einfach zu verstehen gegeben, dass sie dazu bereit war. Ein kritischer Blick auf ihre gebräunten Arme hatte ihm gezeigt, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen, die sich während der Hochsaison an Ferienorten wie Saint-Tropez tummelten, keine verräterischen Einstiche aufwiesen. Und soweit er es beurteilen konnte, war sie auch nicht angetrunken gewesen.
So hatte er sie auf seine Jacht mitgenommen und amüsiert beobachtet, wie Sasha sich ehrfürchtig umsah und staunte: „Sie meinen, die Jacht hier gehört Ihnen?“ Meine Güte, als ob das nicht der Hauptgrund war, warum sie sich ihn ausgesucht hatte!
Normalerweise ließ Gabriel sich mit Mädchen wie ihr gar nicht erst ein. Sie waren hübsch, billig und leicht zu haben – Wegwerfpüppchen, die von den Männern, die dort aufkreuzten, benutzt und abgeschoben wurden. Über so etwas war er erhaben. Die Frauen, mit denen er schlief, waren älter und professioneller und wussten geschickt zu verschleiern, was sie waren.
Sasha jedoch war aus seinem Wagen gesprungen, und ohne es eigentlich vorgehabt zu haben, hatte er sie auf seine Jacht eingeladen. Richtig gestrahlt hatte sie da. Bestimmt hatte sie schon gehört, dass Männer Frauen schätzten, die sich willig oder dankbar zeigten, und sie hatte sich entschieden, gleich beides auszustrahlen.
Wie ein Film lief alles wieder vor ihm ab …
„Und was machen Sie hier in Saint-Tropez?“, fragte Gabriel Sasha, obwohl er es natürlich wusste.
„Ich bin mit Freunden hier“, erwiderte sie.
„Freunde“ bedeutete natürlich Männer, dachte Gabriel, tat ihr jedoch den Gefallen mitzuspielen und erkundigte sich unschuldig: „Werden sie sich nicht wundern, wo Sie sind?“
„Kaum“, erklärte sie prompt. „Es sind keine richtigen Freunde, eher Leute, die ich kenne.“
„Wie der Filmregisseur“, schlug er liebenswürdig vor.
Er sah, dass die
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