Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
lernen, sich selbst zu lieben. Das konnte ihm niemand abnehmen, das konnte er sich mit keinem Geld der Welt erkaufen.
„Wohin gehst du?“
Sasha erbleichte und blieb mitten auf der Treppe stehen. Unsicher blickte sie zu Gabriel auf, der über ihr auf dem Treppenabsatz stand. Sie hatte die Tür zu seiner Suite nicht aufgehen gehört und kam sich wie ein Schulmädchen vor, das bei etwas Unerlaubtem ertappt wird.
„Warum willst du das wissen?“, stellte sie die Gegenfrage.
Abschätzend betrachtete Gabriel sie. Sie hatte sich umgezogen, es war nicht zu übersehen, dass sie ausgehen wollte. Unwillkürlich verkrampfte er sich. Aber wieso, zum Teufel, sollte es ihm etwas ausmachen, was sie tat und mit wem? Ihn interessierten nur ihre Söhne.
„Falls du vorhast, die Jungen mitzunehmen …“
„Hab ich nicht.“ Sasha hatte bereits mit Marias Tochter gesprochen, sie würde auf die Zwillinge aufpassen. Isabella hatte selbst zwei Töchter im Alter der Jungen, bei ihr wusste Sasha ihre Söhne in bester Obhut.
„Das dachte ich mir“, bemerkte Gabriel in ironischem Ton. „Ganz die liebende besorgte Mutter.“
Zorn wallte in ihr auf. „Es geht dich zwar nichts an, aber ich habe etwas Geschäftliches in Port Cervo zu erledigen und kann die Jungen nicht mitnehmen.“
„Das würde ich auch nicht zulassen“, erwiderte Gabriel liebenswürdig. „Ich habe für heute Nachmittag einen Universitätsdozenten als möglichen Lehrer für sie herbestellt, und natürlich will er mit ihnen sprechen.“
Sasha wollte aufbegehren, doch dann beherrschte sie sich. „Du kannst mir nicht verbieten, meine Söhne mitzunehmen, wohin ich will“, erklärte sie kühl. „Außerdem brauchen sie keinen Lehrer, weil sie Ferien haben.“
Sie hatte erlebt, was aus Kindern wurde, die von ehrgeizigen Eltern immerzu zum Lernen gezwungen wurden. Natürlich sollten ihre Söhne eine gute Schulbildung erhalten, aber sie wollte auch, dass sie ihre Kindheit frei und unbeschwert genießen konnten.
„Es sind meine Mündel, und selbst du musst einsehen, dass ich mehr über sie wissen muss, wenn ich meine Pflichten als Vormund verantwortungsvoll erfüllen soll.“
„Das könntest du, indem du dich mit ihnen unterhältst und ihnen aufmerksam zuhörst“, hielt Sasha ihm vor. „Es sind Kinder, Gabriel, und keine Immobilien, die du erworben hast. Du kannst sie nicht verstehen lernen, indem du das Gutachten eines Fremden liest. Es geht hier nicht um eine Bilanz! Was willst du tun, wenn in dem Bericht steht, sie seien nicht begabt genug und würden das Geld nicht lohnen, das du in sie investieren willst? Wirst du sie dann bei jemand anderem abladen?“
„Mach dich nicht lächerlich. Du warst schon immer übertrieben emotional.“
Übertrieben emotional? „Du sprichst von meinen Söhnen!“ Empört schüttelte Sasha den Kopf. Es war sinnlos, sich mit Gabriel auseinanderzusetzen. Er konnte sie nicht verstehen, weil er gar nicht fähig war, etwas zu empfinden.
„Ich lasse es nicht zu, Gabriel“, beharrte sie. „Denkst du auch an die Jungen? Wie, glaubst du, werden sie das Ganze aufnehmen?“
„Du tust so, als wollte ich sie foltern lassen. Dabei hast du sie ja auch schon testen lassen.“
„Wie bitte?“
„Im Internat mussten sie doch bestimmt vorher auch eine Aufnahmeprüfung machen.“
Verunsichert schwieg Sasha. Darum waren sie nicht herumgekommen. Und selbstsicher, wie die Zwillinge waren, hatten sie hinterher geprahlt, wie toll sie bei der Prüfung abgeschnitten hatten.
„Professor Fennini ist ein hoch qualifizierter Erzieher mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet.“
Sasha warf Gabriel einen vernichtenden Blick zu. „Du sagtest ‚möglicher Lehrer‘?“
„Falls nötig, wird er die Jungen unterrichten“, erwiderte Gabriel ruhig. „Fürs Erste möchte ich einfach nur, dass er sie beurteilt.“
„Sie sind Kinder, Gabriel! Kinder!“, brauste Sasha auf. „Ich weiß, du selbst hast nie eine richtige Kindheit gehabt …“
„Ebendeshalb will ich sicherstellen, dass meine Erben alles bekommen, was sie fürs spätere Leben brauchen.“
Halt suchend griff Sasha nach dem Geländer. Ihr Herz jagte, und ihr wurde eiskalt. „Deine Erben?“, brachte sie mühsam hervor. „Wie … meinst du das?“
„Das liegt doch auf der Hand. Da Carlos Söhne logischerweise meine Erben sind, möchte ich gewisse Anhaltspunkte gewinnen, ob sie dieser Rolle als Erwachsene gerecht werden können.“
Erleichterung durchflutete Sasha. „Ich
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