Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
ein entwöhnter Süchtiger vor, dem man unerwartet seine gefährlichste Lieblingsdroge anbietet und der feststellen muss, dass sie noch stärker ist, als er in Erinnerung hatte?
Nur ein einziges Mal. Ein letztes Mal. Diesmal würde er es sein, der Sasha verließ und sie leiden ließ. Jedenfalls versuchte er, sich das einzureden. Aber er wusste jetzt schon, dass es dabei nicht bleiben würde. Bereits in diesem Moment dachte er an das nächste Mal … und das Mal danach. Schon sehnte er sich danach, nachts aufzuwachen und die Hand nach Sasha auszustrecken, die neben ihm schlief. Bereits jetzt übermannten ihn Gefühle …
Gefühle? Gefühle besaß er doch gar nicht. Schon gar nicht für Sasha. Da gab es immer noch die unüberwindliche Kluft zwischen dem, was er glauben wollte, und dem, was wirklich mit ihm geschah. Doch langsam und unerbittlich drang ungewollt Selbsterkenntnis durch die Mauern, die er um sich errichtet hatte. Schmerz, den er für sich stets verleugnet hatte, begann ihn zu quälen. Als er im Augenblick des absoluten Friedens am Strand die höchste Erfüllung mit Sasha fand, hatte ein Gedanke so zart wie eine Feder sein Herz berührt und ihm gezeigt, dass hier, mit Sasha, das wahre Glück auf ihn wartete.
Drei Stunden war Sasha notgedrungen mit Gabriel und dem Architekten durch die Villa gelaufen, um den Umbau zu besprechen.
Jetzt standen sie im Freien, während der Architekt ihnen sein Gutachten erläuterte.
„Ehrlich gesagt, sehe ich da keine größeren Probleme“, erklärte er Gabriel begeistert. „Ich muss schon sagen“, setzte er lobend an Sasha gewandt hinzu, „Ihr Architekt hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Es war weise von ihm, beim Umbau der Villa in ein Hotel die grundlegenden Strukturen beizubehalten.“
Es kostete sie Mühe, so zu tun, als würde sie aufmerksam zuhören. Nicht, dass sie kein Interesse an dem Umbau gehabt hätte. Architektur und Inneneinrichtung waren ihre Leidenschaft. Im Moment stand sie jedoch immer noch zu sehr im Bann des sehr viel leidenschaftlicheren morgendlichen Zwischenspiels am Strand. Dennoch führte es zu nichts, sich deswegen mit Selbstvorwürfen zu überhäufen. Sie hatte es getan und musste mit den Folgen leben.
Am liebsten hätte sie Gabriels Vorschlag abgelehnt, ihn und den Architekten auf dem Rundgang durch die Villa zu begleiten, doch das ließ ihr Stolz nicht zu.
Bisher war Sasha meist neben dem Architekten hergelaufen und hatte möglichst viel Abstand zu Gabriel gehalten, und dennoch war sie sich seiner Nähe überstark bewusst.
„Ich möchte auf dem Grundstück auch eine asphaltierte Rennstrecke für die Jungen anlegen“, hörte sie ihn vorschlagen.
„Sie meinen, für die Fahrräder und Skateboards Ihrer Söhne?“, fragte der Architekt. „Eine gute Idee.“
Unwillkürlich atmete Sasha tief durch. Sie machte sich darauf gefasst, dass Gabriel ihn aufklärte, Nico und Sam seien nicht seine Söhne, sondern seine Mündel.
Doch der Mann fuhr bereits bedauernd fort: „Meine eigenen Söhne jammern ständig darüber, dass sie die Fahrzeuge nirgends so richtig benutzen können, weil meine Frau sie im Straßenverkehr für zu gefährlich hält. Offen gestanden beneide ich Sie um die einmalige Lage hier. Sie wohnen nahe genug bei Port Cervo, um die Annehmlichkeiten der Stadt voll genießen zu können, und trotzdem weit genug entfernt, um Ihre Privatsphäre zu wahren. Und dann haben Sie hier natürlich auch noch diesen herrlichen Privatstrand, an dem Sie völlig ungestört sind.“
Sasha wand sich innerlich bei dem Gedanken, auf welch einzigartige Weise sie und Gabriel diese Ungestörtheit am Morgen genutzt hatten.
„Dieses Land befindet sich seit vielen Generationen im Besitz der Familie Calbrini“, klärte Gabriel den Architekten auf.
Der Mann blickte zu seinem Leihwagen und schien aufbrechen zu wollen. Erleichtert atmete Sasha auf und verabschiedete sich hastig. Nur weg von Gabriel, war alles, was sie denken konnte. So entging ihr, dass er ihr seltsam lange nachschaute.
Sie fand die Zwillinge, wie vermutet, auf der Terrasse vor, wo sie mit Professor Fennini aufgeregt ihren bevorstehenden Nachmittagsausflug zu einer geschichtsträchtigen Fundstätte der Insel besprachen. Auch ohne sich umzudrehen, wusste Sasha, dass Gabriel ihr gefolgt war.
Als sie sich aus der Karaffe auf dem Tisch ein Glas Wasser einschenkte, bebten ihre Hände so stark, dass sie etwas verschüttete. Viel zu schnell ging sie an Gabriel vorbei und stolperte. Sie
Weitere Kostenlose Bücher