Julia Winterträume Band 8 (German Edition)
änderte sich alles. Du warst siebzehn, warst mit den falschen Leuten zusammen. Rutschtest immer tiefer in Schwierigkeiten, kamst auf die schiefe Bahn.“ Ihre Stimme nahm einen ärgerlichen Klang an. „Ich habe getan, was ich tun musste, um dich vor dem Gefängnis zu bewahren.“
Jake betrachtete seine Mutter. In den letzten Minuten schien sie um Jahre gealtert.
„Ich tat, was ich für das Beste hielt.“
In seinem Herzen wusste er, dass sie recht hatte. Richtig oder falsch, sie hatte es für ihn getan. Mit siebzehn hatte er sich keinen Deut um etwas geschert. Er hasste die Schule, hasste die Slums, in denen sie lebten, hasste die trostlose Zukunft, die allen bevorstand, die er kannte.
Er hatte sich einen Cadillac „ausgeliehen“, war in der Gegend herumgefahren. Um seine Freunde zu beeindrucken? Um sich selbst zu beeindrucken? Bis heute kannte er die Antwort nicht. Er wusste nur, dass seine Mutter Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte nach dem Tag, an dem man ihn gefasst hatte.
Erst hatte sie einen Richter mit strenger Miene davon abgebracht, Jake in die Jugendstrafanstalt zu schicken, mit einer Geschichte, die Steine erweicht hätte – von einem jungen Paar, einander in inniger Liebe zugetan, und von einem Soldaten, kaum mehr als ein Junge, der auf fremdem Boden sein Leben geopfert und deshalb seinen Sohn nie gesehen habe.
Dann hatte sie Jake bearbeitet, seine Intelligenz einzusetzen, um Universitätsstipendien zu ergattern, anstatt Pläne auszuknobeln, die ihn immer tiefer in Schwierigkeiten brachten.
„Wenn du es nicht für dich selbst tun willst, dann tue es, um das Andenken deines Vaters zu ehren“, hatte sie zu ihm gesagt.
Jetzt musterte Jake seine Mutter, sah sie, wie sie damals gewesen sein musste. Jung, unschuldig, hingerissen von dem gut aussehenden Brasilianer mit viel Geld und nur wenig Moral, falls der Rest des Briefes ebenfalls die Wahrheit beschrieb.
Der Rest des Briefs.
„Jake?“
Er drückte ihre Hand. Im Moment konnte er sich zu mehr nicht durchringen.
„Ich habe heute Morgen gebacken.“ Ein vorsichtiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Den Apfelkuchen, den du so gerne magst. Es sei denn, du hast heute Abend noch etwas vor …“
In einer halben Stunde sollte er bei Samantha sein, aber sie, die pulsierende Stadt, das Leben, das er sich geschaffen hatte, schienen jetzt Lichtjahre entfernt.
„Nein“, sagte er, „ich habe nichts vor.“ Er räusperte sich. „Für deinen Apfelkuchen habe ich immer Zeit, Mama.“
Er lächelte, bis Sarah aus dem Zimmer gegangen war. Dann nahm er den Brief auf und setzte sich damit aufs Sofa.
Der zweite Absatz war fast so schockierend wie der erste.
Angeblich war Enrique Ramirez’ Flirt mit Sarah Reece nicht die einzige Affäre, die nicht ohne Folgen geblieben war. Ramirez hatte zwei weitere uneheliche Söhne gezeugt. Noch zwei Bankerte, dachte Jake kalt. Und jetzt sollte das Ramirez-Vermögen unter den dreien aufgeteilt werden.
„Als ob ich von diesem Dreckskerl auch nur einen Penny annehmen würde“, stieß Jake zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Sollten Sie die anderen beiden Männer kennenlernen wollen, so hieß es weiter in dem Brief, hat Senhor Ramirez eine Bedingung in seinem Testament festgehalten, die vorab zu erfüllen ist.
Eine Bedingung? Jake sprang auf. Wenn dieser Ramirez noch lebte, würde Jake jetzt nach Rio fliegen und ihm zeigen, was er mit seiner Bedingung machen konnte!
Jake las weiter. Ramirez musste wohl Vormund für ein brasilianisches Kind gewesen sein. Wollte Jake die Identität der anderen beiden Erben erfahren, so musste er an Ramirez’ statt diese Vormundschaft weiterführen. Details würden ihm schriftlich mitgeteilt werden, falls er Interesse bekundete.
„Interesse?“ Jake schnaufte verächtlich. Klar. Das war genau das, was er brauchte – Aufpasser spielen für irgend so ein Gör am anderen Ende der Welt!
Jake warf das Schreiben achtlos beiseite. Zur Hölle mit dem Schuft, der ihn gezeugt hatte. Zur Hölle mit Konditionen von einem Kerl, der schon unter der Erde lag und der sich jemals weder um ihn noch um seine Mutter gekümmert hatte.
Und zur Hölle damit, dass er nie die Namen seiner Halbbrüder erfahren würde. Denn das waren sie – seine Halbbrüder. Die einzigen anderen Menschen auf der Welt außer seiner Mutter, die durch Blutsbande mit ihm verbunden waren.
Jake starrte auf den Brief. Dann fluchte er, hob ihn auf, faltete ihn zusammen und steckte ihn
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