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Julia

Julia

Titel: Julia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Fortier
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Lorenzo.«
    Ihr könnt euch sicher das Entsetzen beider Familien vorstellen, als sie begreifen, dass Mina den Verstand verloren hat. Die Frauen beginnen zur Jungfrau Maria zu beten, und die Männer beschuldigen einander, schlechte Väter und Brüder zu sein, weil sie die arme Mina erst so spät gefunden hatten. Die Einzige, die ruhig bleibt, ist Monna Cecilia. Sie setzt sich neben Mina, streichelt ihr übers Haar und versucht, sie noch einmal zum Sprechen zu bringen.
    Doch Mina wiegt sich nur die ganze Zeit vor und zurück, ohne jemanden anzusehen, bis Monna Cecilia schließlich sagt: »Lorenzo, Lorenzo, mein Lieber, ich bin Monna Cecilia. Ich weiß, was man dir angetan hat!«
    Nun endlich blickt Monna Mina die alte Frau an und beginnt wieder zu weinen. Monna Cecilia nimmt sie in den Arm und lässt sie weinen, bis sie nach mehreren Stunden schließlich gemeinsam auf dem Brautbett einschlafen. Drei Tage lang schläft Monna Mina und wird dabei von Träumen geplagt, schrecklichen Albträumen. Mit ihren Schreien weckt sie immer wieder das ganze Haus, bis die Familien am Ende beschließen, Santa Caterina herbeizurufen.
    Nachdem sie sich die Geschichte angehört hat, begreift Santa Caterina, dass Monna Mina von einem Geist besessen ist. Trotzdem fürchtet sie sich nicht, sondern setzt sich an das Bett der jungen Frau und betet dort die ganze Nacht ohne Unter-lass. Als Monna Mina am Morgen aufwacht, weiß sie wieder, wer sie ist.
    Im Haus herrscht große Freude, und alle preisen Santa Caterina, obwohl diese ihnen dafür Schelte erteilt und erklärt, der Dank gebühre allein Christus. Doch selbst in dieser Stunde großer Freude wirkt Monna Mina immer noch bekümmert, und als man sie fragt, was ihr denn Kummer bereite, eröffnet sie ihnen, sie habe eine Nachricht von Lorenzo und könne erst wieder zur Ruhe kommen, wenn sie diese an sie übermittelt habe.
    Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie entsetzt alle sind, weil sie wieder über diesen Lorenzo spricht, den Geist, von dem sie zuvor besessen war. Trotzdem sagen sie zu ihr: »Nur zu, wir sind bereit, die Nachricht anzuhören.« Monna Mina aber kann sich nicht an die Nachricht erinnern und beginnt wieder zu weinen, so dass erneut alle von Entsetzen erfüllt sind. Vielleicht, so flüstern sie einander mit gedämpfter Stimme zu, wird sie erneut den Verstand verlieren.
    Nun aber reicht die weise Santa Caterina Monna Mina eine in Tinte getauchte Feder und sagt: »Meine Liebe, lasst Lorenzo seine Nachricht mit Eurer Hand niederschreiben.«
    »Aber ich kann doch gar nicht schreiben!«, entgegnet Mina.
    »Nein«, pflichtet ihr Santa Caterina bei, »aber wenn Lorenzo des Schreibens mächtig ist, wird seine Hand die Eure führen.«
    Monna Mina nimmt also die Feder und wartet eine Weile darauf, dass ihre Hand anfängt, sich zu bewegen, während Santa Caterina für sie betet. Schließlich aber steht Monna Mina wortlos auf, geht wie eine Schlafwandlerin zur Treppe hinaus und steigt hinunter, weit hinunter in den Keller, dicht gefolgt von allen anderen. Als sie in den Raum kommt, wo man sie gefunden hat, tritt sie an die Wand und beginnt mit dem Zeigefinger über die Mauer zu streichen, als schriebe sie, und die Männer treten mit Fackeln vor und beobachten, was sie tut. Sie fragen Monna Mina, was sie denn da schreibe, aber sie antwortet nur: »Lest selbst!« Als sie ihr daraufhin sagen, dass nichts von dem, was sie schreibt, zu sehen ist, antwortet sie: »Aber nein, dort steht es doch, könnt Ihr es denn nicht erkennen?«
    Schließlich lässt Santa Caterina einen Jungen Stofffarbe aus der Werkstatt ihres Vaters holen und dann Monna Mina den Zeigefinger in die Farbe tauchen, damit sie nachzeichnen kann, was sie bereits geschrieben hat. Nun füllt Monna Mina, die niemals Lesen oder Schreiben gelernt hat, die ganze Wand mit Worten, welche all den großen Männern einen Angstschauder über den Rücken jagen, denn der Geist von Lorenzo hat Monna Mina folgende Nachricht niederschreiben lassen:
     
    Hol der Henker eure beiden Häuser
    Ihr alle sollt sterben in Feuer und Blut
    Eure Kinder heulen auf ewig unter einem irren Mond
    Bis eure Sünden ihr sühnt und vor der Jungfrau niederkniet
    Und Giulietta erwacht und ihren Romeo wiedersieht.
     
    Als Monna Mina zu Ende geschrieben hatte, stürzte sie sich in die Arme ihres Bräutigams, rief ihn bei seinem Namen und bat ihn, sie aus dem Raum fortzubringen, da sie ihre Aufgabe erfüllt habe. Vor Erleichterung weinend, tat er, wie ihm geheißen, und

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