Julia
genervt beide Arme in die Luft und sagte dann etwas, das ihn dazu brachte, die Kiste, die er gerade abgestellt hatte, wieder hochzunehmen und ganz behutsam an einem anderem Platz abzusetzen. »Ich muss diese Leute im Auge behalten, bei denen ist wirklich Hopfen und Malz verloren! ... Gott steh ihnen bei! Und - oh! Sandro!«
»Pronto!«
»Was machst du denn?« Eva Maria scheuchte ihn ungeduldig zurück nach draußen. »Hol die Taschen! Giulietta braucht doch ihre Sachen!«
»Aber ...« Alessandro widerstrebte es sichtlich, mich mit seiner Patin allein zu lassen. Seine ratlose Miene brachte mich fast zum Lachen.
»Wir können sehr gut auf uns selbst aufpassen!«, fuhr Eva Maria fort. »Wir wollen Frauengespräche führen! Nun mach schon, hol die Taschen!«
Trotz des ganzen Durcheinanders und Eva Marias Tempo entging mir nicht, welche gigantischen Ausmaße die Küche hatte. Noch nie hatte ich so große Töpfe und Pfannen gesehen, und ein offener Kamin mit der Quadratmeterzahl meiner Studentenbude war mir auch noch nicht untergekommen. Es handelte sich um genau die Art rustikale Landküche, von der die meisten Leute angeblich träumen, auch wenn sie in der Praxis bestimmt keinen blassen Schimmer hätten, was sie damit anfangen sollten.
Aus der Küche gelangten wir in eine prächtige Diele, die zweifellos den offiziellen Eingang zum Castello Salimbeni darstellte: einen quadratischen, pompösen Raum, mindestens fünfzehn Meter hoch und im ersten Stock mit einer rundum verlaufenden Loggia ausgestattet, die mich fast ein wenig an die Library of Congress in Washington erinnerte, wohin Tante Rose mal mit mir und Janice einen Ausflug gemacht hatte - damit wir etwas lernten und sie nicht zu kochen brauchte -, während Umberto seinen jährlichen Urlaub genoss.
»Hier werden wir heute Abend unser Fest feiern!«, erklärte Eva Maria und legte dann eine kurze Pause ein, um abzuwarten, ob ihre Worte bei mir genug Eindruck hinterließen.
»Das ist ja ... atemberaubend!« Mehr fiel mir dazu nicht ein. Der Rest meiner Worte hatte sich wohl zur hohen Decke hinauf verflüchtigt.
Die Gästezimmer lagen im ersten Stock und waren über die Loggia zu erreichen. Meine Gastgeberin hatte mich freundlicherweise in einem Raum mit einem Balkon untergebracht, von wo man einen wunderschönen Blick auf einen Swimmingpool, einen Weinberg und, jenseits der Mauer, die den Weinberg begrenzte, das in Gold getauchte Orcia-Tal hatte. Ich kam mir vor wie während der Happy Hour im Paradies.
»Keine Apfelbäume?«, scherzte ich, während ich mich über den Balkon lehnte und den alten Wein bewunderte, der an den Wänden wuchs. »Oder Schlangen?«
»In all meinen Jahren hier«, antwortete Eva Maria, die meine Worte für bare Münze nahm, »habe ich noch keine einzige Schlange gesehen. Und das, obwohl ich jeden Abend durch den Weinberg gehe. Aber wenn ich eine sähe, würde ich sie mit einem Felsbrocken zerschmettern. So.« Sie demonstrierte es mir.
»Da ist jede Schlange platt«, gab ich ihr recht.
»Aber wenn Sie Angst haben, ist Sandro ja gleich nebenan ...« Sie deutete auf die Verandatür neben meiner. »Es stört Sie doch nicht, dass Sie sich diesen Balkon mit ihm teilen müssen?« Verschwörerisch stupste sie mich mit dem Ellbogen an. »Ich habe mir gedacht, ich mache es euch beiden leicht.«
Ziemlich verblüfft folgte ich ihr zurück in mein Zimmer. Es wurde beherrscht von einem riesigen, mit weißem Leinen bezogenen Himmelbett. Als Eva Maria meinen staunenden Blick bemerkte, ließ sie auf genau dieselbe Art, wie Janice es gemacht hätte, die Augenbrauen auf und ab wippen. »Ein schönes Bett, nicht wahr? ... Fast schon homerisch!«
»Hören Sie«, sagte ich, während mir langsam die Schamesröte ins Gesicht stieg, »ich möchte nicht, dass Sie sich falsche Vorstellungen wegen mir und ... Ihres Patensohns machen.«
Der Blick, mit dem sie mich daraufhin bedachte, sah mir doch sehr nach Enttäuschung aus. »Ach?«
»Ich bin nicht diese Sorte Frau«, fuhr ich fort. Als ich merkte, dass meine Sittsamkeit sie nicht beeindruckte, fügte ich hinzu: »Ich kenne ihn doch erst seit gut einer Woche.«
Schlagartig kehrte Eva Marias Lächeln zurück, und sie tätschelte mir die Wange.
»Sie sind ein braves Mädchen. Das gefällt mir. Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Badezimmer ...«
Als sie mich endlich allein ließ - vorher wies sie mich noch darauf hin, dass in meiner Nachttischschublade ein Bikini in meiner Größe und im Schrank ein Kimono für
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