Julia
nach allen Seiten den Weg absperrte.
»Seid gegrüßt, Fremde!«, bellte ihr Anführer, ein zahnloser, schmutziger Mann, der dennoch prächtige Kleidung trug -zweifellos stammte sie von früheren Opfern. »Wer wagt sich da auf Salimbeni-Gebiet?«
Bruder Lorenzo riss an den Leinen seines Karrens, um die Pferde zum Stehen zu bringen, während seine Reisegefährten Stellung zwischen dem Wagen und den Schurken bezogen.
»Wie ihr sehen könnt«, antwortete der älteste der Mönche und zog seine schäbige Kapuze als Beweis nach vorne, »sind wir nur bescheidene Brüder aus Florenz, edler Freund.«
»Hah.« Der Banditenführer betrachtete die angeblichen Mönche mit zusammengekniffenen Augen. Schließlich blieb sein Blick an Bruder Lorenzos verängstigtem Gesicht hängen. »Welchen Schatz führt ihr auf dem Karren dort mit euch?«
»Nichts, was für euch von Wert wäre«, entgegnete der älteste Mönch und ließ sein Pferd einen Schritt zurücktreten, um dem Schurken den Zugang zum Karren zu versperren. »Bitte gewährt uns freie Durchfahrt. Wir sind heilige Männer und stellen für euch und eure edlen Verwandten keine Bedrohung dar.«
»Dies ist eine Salimbeni-Straße«, erklärte der Banditenführer und unterstrich seine Worte mit seiner Klinge - ein Zeichen für seine Kameraden, näher zu kommen. »Wenn ihr sie benützen wollte, müsst ihr Wegzoll zahlen. Zu eurer eigenen Sicherheit.«
»Wir haben bereits fünf Salimbeni-Zölle bezahlt.«
Der Schurke zuckte mit den Achseln. »Schutz ist teuer.«
»Aber wer«, argumentierte der andere mit ruhiger Hartnäckigkeit, »sollte eine Gruppe von heiligen Männern angreifen, die auf dem Weg nach Rom ist?«
»Wer? Die wertlosen Hunde der Tolomei ! « Der Bandit spuckte zur Bekräftigung zweimal auf den Boden, und seine Männer beeilten sich, es ihm nachzutun. »Diese diebischen, mordenden, verräterischen Bastarde!«
»Aus diesem Grund«, bemerkte der Mönch, »würden wir die Stadt Siena gerne vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
»Sie ist nicht mehr weit entfernt«, nickte der Schurke, »doch ihre Pforten schließen heutzutage früh. Schuld sind die schlimmen Störungen durch die tollwütigen Hunde der Tolomei, welche ganz allgemein darauf abzielen, den Frieden der braven und fleißigen Leute von Siena zu stören, und insbesondere, so möchte ich hinzufügen, des vornehmen und wohltätigen Hauses der Salimbeni, in welchem mein edler Herr residiert.«
Die Mitglieder seiner Horde reagierten auf seine Rede mit bestätigendem Grunzen.
»Wie ihr sicher verstehen könnt«, fuhr der Schurke fort, »herrschen wir, natürlich in aller Bescheidenheit, über diese Straße und die meisten anderen Straßen rund um diese stolze Republik - genannt Siena -, und daher gebe ich euch den freundschaftlichen Rat, euch nun zu sputen und den Zoll zu berappen, damit ihr euch wieder auf den Weg machen und in die Stadt schlüpfen könnt, ehe sie ihre Pforten schließt. Denn danach laufen unschuldige Reisende wie ihr Gefahr, den schurkenhaften Horden der Tolomei zum Opfer zu fallen, welche nach Einbruch der Dunkelheit aus ihren Löchern kriechen, um zu plündern und andere schlimme Verbrechen zu begehen - die ich im Angesicht von heiligen Männern nicht näher beschreiben möchte.«
Nachdem der Schurke geendet hatte, herrschte tiefe Stille. Bruder Lorenzo, der hinter seinen Gefährten auf dem Wagen kauerte und locker die Zügel hielt, spürte, wie ihm das Herz in der Brust herumsprang, als suchte es nach einem Versteck. Einen Moment lang hatte er fast das Gefühl, die Besinnung zu verlieren. Hinter ihnen lag einer jener glühend heißen, stickigen Sommertage, welche an die Schrecken der Hölle erinnerten. Dass ihnen bereits vor Stunden das Wasser ausgegangen war, machte es nicht gerade leichter. Wäre Bruder Lorenzo für die Geldtasche verantwortlich gewesen, hätte er den Schurken bereitwillig jede Summe bezahlt, um Weiterreisen zu können.
»Nun gut«, sagte der ältere Mönch, als hätte er Bruder Lorenzos stumme Bitte vernommen, »wie viel fordert ihr denn für euren Schutz?«
»Das kommt darauf an.« Der Schurke grinste. »Was habt ihr dort auf dem Karren, und was ist es euch wert?«
»Es handelt sich um einen Sarg, edler Freund, und darin ruht das Opfer einer schrecklichen Seuche.«
Die meisten der Schurken wichen erschrocken zurück, als sie das hörten, doch ihr Anführer ließ sich nicht so leicht Angst einjagen. »Dann lasst uns doch einen Blick daraufwerfen«, sagte er mit
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